22. Januar 2016
fakultativer Aufsichtsrat
Corporate / M&A

Ein fakultativer Aufsichtsrat in der GmbH – nur noch durch satzungsändernden Beschluss?

Keine Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats aufgrund einer Ermächtigungsklausel laut dem Kammergericht Berlin – dies erfordert eine Satzungsänderung.

Weit verbreitet und ebenso unumstritten ist die Praxis, einen fakultativen Aufsichtsrat durch einen einfachen Gesellschafterbeschluss zu errichten, sofern sich hierzu eine Ermächtigung im Gesellschaftsvertrag findet.

Das Kammergericht Berlin bringt diese Praxis mit seiner Entscheidung vom 23. Juli 2015 (Az. 23 U 18/15) ins Wanken.

Tiefgreifende Änderung der Gesellschaftsverfassung verlangt Satzungsänderung

Das Kammergericht ist der Auffassung, dass die Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrats eine tiefgreifende Änderung der Gesellschaftsverfassung darstellt. Als solche unterliege sie den zwingenden Bestimmungen einer Satzungsänderung nach §§ 53 Abs. 2, 54 Abs. 3 GmbHG, die nicht durch eine satzungsrechtliche Ermächtigungsklausel außer Kraft gesetzt werden könnten.

Zwar seien punktuelle Satzungsdurchbrechungen aufgrund von Ermächtigungsklauseln möglich. Allerdings gelte dies nicht für dauerhafte Änderungen der Gesellschaftsverfassung, wie die der Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrates.

Jede Errichtung eines fakultativen Aufsichtsrates bei einer GmbH – so das Urteil des Kammergerichts Berlin –

  • bedürfe mindestens einer ¾ Mehrheit,
  • müsse notariell beurkundet werden und
  • entfalte erst mit der Eintragung der Satzungsänderung im Handelsregister rechtliche Wirkung.

In der Praxis finden sich oft Ermächtigungsklauseln in Gesellschaftsverträgen. Ein Formulierungsbeispiel wäre:

Die Gesellschafterversammlung kann die Einsetzung eines Aufsichtsrats mit bis zu [3] Aufsichtsratsmitgliedern beschließen.

Solche Klauseln eröffnen den Gesellschaftern schnelle und einfache Reaktionsmöglichkeiten auf inner- und außergesellschaftliche Veränderungen.

Unwirksam errichteter fakultativer Aufsichtsrat kann keine wirksamen Maßnahmen vornehmen

Die Entscheidung des Kammergerichts führt zu einer erheblichen Verunsicherung. Ist der fakultative Aufsichtsrat nicht wirksam errichtet, sind sämtliche von diesem vorgenommenen Maßnahmen unwirksam. Dies ist besonders gravierend in denjenigen Bereichen, in denen der fakultative Aufsichtsrat einer Maßnahme der Geschäftsführung nicht lediglich zustimmen muss, sondern für die Maßnahme selbst zuständig ist. Dies gilt etwa bei Maßnahmen wie der Bestellung und Abberufung von Geschäftsführern oder dem Abschluss und der Beendigung des Anstellungsvertrags der Geschäftsführer.

Im Sinne der Rechtssicherheit, Flexibilität und Praktikabilität ist die Entscheidung nicht zu begrüßen und es ist zu hoffen, dass alsbald durch eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs Klarheit geschaffen wird. Bis dahin allerdings ist es zu empfehlen, dass die Praxis dieses obergerichtliche Urteil berücksichtigt und dessen Vorgaben vorsorglich einhält.

Zu diesem Thema insgesamt: Otto GmbHR 2016, 19 ff.

Übrigens: Ein in der GmbH errichteter fakultativer Aufsichtsrat wird auch als Beirat oder Verwaltungsrat bezeichnet. Die Terminologie ist nicht entscheidend, sondern die zugewiesene Kompetenz zur Überwachung der Geschäftsführung.

Tags: fakultativer Aufsichtsrat Gesellschaftsrecht
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Anna-Maria Cardinale-Koc