Investitionskontrolle und -steuerung: Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen aus der Sicht eines Investors in den Ländern Bosnien & Herzegowina, Slowakei und Slowenien.
Im Zuge der letzten Wochen und Monate haben zahlreiche Länder die Regeln für Auslandsinvestitionen verschärft. Dies gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für Länder in Mittel- und Osteuropa (CEE).
Dieser Blogbeitrag gibt einen Überblick über die wichtigsten Änderungen aus der Perspektive des Investors in den Ländern Bosnien & Herzegowina, Slowakei sowie Slowenien und knüpft an die Übersicht zu Polen, Rumänien, Tschechische Republik und Ungarn sowie Russland an.
Bosnien und Herzegowina
Die Europäische Kommission hat im März 2020 Richtlinien herausgegeben, die die EU-Mitgliedsstaaten dazu auffordern, FDI-Screening-Mechanismen für Auslandsinvestitionen (FDI-Screening) zu installieren oder ihre bestehenden FDI-Screening-Mechanismen voll auszuschöpfen, mit dem Ziel, Unternehmen zu schützen, die in strategisch relevanten oder kritischen Sektoren tätig sind; diese Richtlinien gelten jedoch nicht für Bosnien als Nicht-EU-Staat.
In Bosnien und Herzegowina hat die COVID-19-Pandemie nicht nur das Gesundheitswesen und die kritische Infrastruktur in den Fokus der FDI-Perspektive gerückt, sondern auch Unternehmen in anderen Sektoren geschwächt und sie zu vermeintlich leichten Zielen für Gläubiger und opportunistische Käufer gemacht.
Im Allgemeinen erhebt Bosnien und Herzegowina Statistiken über direkte Auslandsinvestitionen, aber es ist immer noch nicht klar, wie sich die COVID-19-Krise auf aktuelle Investitionstrends auswirkt. Das Land hat mehrere öffentliche Infrastrukturprojekte in Angriff genommen, die als Instrument im Kampf gegen die wirtschaftlichen Folgen einer Pandemie angesehen werden.
Wesentliche Änderungen in der Rechtsprechung bezüglich der Prüfung ausländischer Investitionen und eine damit einhergehende striktere Kontrolle oder Beschränkung von Auslandsinvestitionen zeichnen sich für Bosnien und Herzegowina derzeit noch nicht ab.
Slowakei
In der Slowakei wird eine Kontaktstelle für die Umsetzung der Verordnung (EU) 2019/452 zur Schaffung eines Rahmens für die Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Union eingerichtet, um die Umsetzung dieser Verordnung sicherzustellen. Der Legislativvorschlag zur Einrichtung der slowakischen Kontaktstelle ist in der Phase eines interministeriellen Kommentierungsverfahrens.
Zu Beginn soll die Kontaktstelle keine Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Slowakei durchführen. Die Hauptaufgabe der Kontaktstelle wird darin bestehen, den Mitgliedstaaten und der Europäischen Kommission Informationen zur Verfügung zu stellen, die für die Gewährleistung der Sicherheit und der öffentlichen Ordnung gemäß der Verordnung angefordert werden.
Bei Zweifeln über die Auswirkungen ausländischer Direktinvestitionen in einen anderen Mitgliedstaat auf die Sicherheit und die öffentliche Ordnung in der Slowakei wird die Kontaktstelle ihre Fragen und Anmerkungen zu den Investitionen an den betreffenden Mitgliedstaat richten. Die Kontaktstelle kann von Unternehmern und ausländischen Investoren, die sich an ausländischen Direktinvestitionen in der Slowakei beteiligen, Informationen über die betreffende Investition verlangen.
Die Befugnisse der Kontaktstelle sollen in Zukunft verstärkt werden. Die Kontaktstelle beabsichtigt, einen Mechanismus zur Überprüfung ausländischer Direktinvestitionen in der Slowakei einzuführen.
Slowenien
Niemand scheint zu wissen, warum, aber mit dem dritten, am 29. Mai verabschiedeten, Interventionspaket COVID-19, wurde das FDI-Screening in den slowenischen Rechtsrahmen eingeführt. Einige mögen argumentieren, dass der Schutz nationaler Interessen und kritischer Infrastrukturen eine Maßnahme im Zusammenhang mit COVID-19 ist, das Thema sollte eigentlich ein eigenes Gesetz verdienen, zumal die Idee anscheinend darin bestand, die entsprechende EU-Richtlinie umzusetzen.
Wie bei anderen kürzlich und hastig verabschiedeten Gesetzen gibt es Ungereimtheiten und Fragen – wobei die offenen Fragen einer weiteren Regelung bedürfen oder zumindest zusätzlicher Richtlinien des Ministeriums für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie. Aber es ist bereits jetzt klar, dass die neu eingeführten Regeln die gesamte M&A‑Aktivität in Slowenien bis 2023 stark beeinflussen werden. Die Prüfung meldepflichtiger Transaktionen wird vom Ministerium auf der Grundlage einer Notifizierung durchgeführt, aber nicht alle Transaktionen sind meldepflichtig.
Anmeldepflichtig sind Transaktionen in Slowenien demnach, wenn:
- Der Zweck der Transaktion die Herstellung oder Aufrechterhaltung dauerhafter und direkter Verbindungen zwischen einem ausländischen Investor (wobei der Begriff „ausländisch″ überraschenderweise auch die EWR-Länder einschließt) und einer in der Republik Slowenien ansässigen Wirtschaftseinheit durch den Erwerb einer Beteiligung von mindestens 10 % am Kapital oder an den Stimmrechten ist. Und
- die Investition in einem (oder mehreren) der folgenden Sektoren getätigt wird: Kritische Infrastrukturen, seien sie physisch oder virtuell, einschließlich Infrastrukturen in den Bereichen Energie, Verkehr, Wasser, Gesundheit, Kommunikation, Medien, Datenverarbeitung oder -speicherung, Luft- und Raumfahrt sowie Verteidigungs-, Wahl- oder Finanzinfrastruktur und sensible Einrichtungen sowie Grundstücke und Immobilien, die für die Nutzung dieser Infrastrukturen oder der in der Nähe dieser Infrastrukturen gelegenen Grundstücke und Immobilien von wesentlicher Bedeutung sind; – kritische Technologien und Güter mit doppeltem Verwendungszweck im Sinne von Art. 2 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 428/2009 des Rates, einschließlich künstliche Intelligenz, Robotik, Halbleiter, Cybersicherheit, Luft- und Raumfahrt und Verteidigungstechnologie, Energiespeichertechnologie, Quanten- und Nukleartechnologie, Nano- und Biotechnologie sowie Gesundheits-, Medizin- und Pharmatechnologie; – die Versorgung mit kritischen Ressourcen, darunter Energie oder Rohstoffe, Ernährungssicherheit, medizinische und Schutzausrüstung; – Zugang zu oder Kontrolle über sensible Informationen, einschließlich personenbezogener Daten; die Freiheit und den Pluralismus der Medien; – Projekte oder Programme im Interesse der Europäischen Union, wie in Anhang I der Verordnung 2019/452 / EU definiert.
Verfahren
Wenn beide vorstehenden Bedingungen erfüllt sind, ist ein ausländischer Investor und die Zielgesellschaft verpflichtet, dem Ministerium für wirtschaftliche Entwicklung und Technologie die Transaktion innerhalb von 15 Tagen (je nach Art der Transaktion) zu melden. Anzugeben sind dabei:
- der Umstand des Abschlusses eines Zusammenschlussvertrages (wir gehen davon aus, dass der Verweis auf einen Zusammenschlussvertrag SPAs einschließt, aber dies ist Gegenstand von Diskussionen) oder eines öffentlichen Übernahmeangebots,
- die Gründung einer Kapitalgesellschaft oder
- der Erwerb eines Rechts zur Veräußerung von Immobilien.
Nach der Notifizierung hat das Ministerium zwei Monate Zeit – ohne Fristverlängerungsmöglichkeit – um zu entscheiden, ob die notifizierte FDI genehmigt wird, zusätzlichen Bedingungen unterliegt oder als Verboten bezeichnet wird (d.h. als eine Bedrohung der Sicherheit oder der öffentlichen Ordnung in der Republik Slowenien).
Bei ihrer Überprüfung (in Übereinstimmung mit der entsprechenden EU-Richtlinie) hat das Ministerium zu prüfen:
- ob der ausländische Investor direkt oder indirekt von der Regierung, einschließlich staatlicher Organe oder Streitkräfte, eines Drittlandes kontrolliert wird, auch durch Eigentumsstrukturen oder erhebliche Finanzmittel;
- ob der ausländische Investor bereits an Aktivitäten beteiligt war, die die Sicherheit oder öffentliche Ordnung in einem Mitgliedstaat beeinträchtigen; oder
- ob ein ernsthaftes Risiko besteht, dass der ausländische Investor sich an illegalen oder kriminellen Aktivitäten beteiligt.
Die Nichtanmeldung kann je nach Größe des Unternehmens mit einer Geldstrafe von bis zu EUR 500.000 sanktioniert werden. Eine zusätzliche Geldbuße von bis zu EUR 10.000 kann gegen die verantwortliche(n) Person(en) der jeweiligen juristischen Person verhängt werden.
Kein Stillstand, aber hohe Geldstrafen
Das Notifizierungsverfahren in Slowenien sieht keinen Stillstand vor, so dass Transaktionen im Allgemeinen ihrem (soweit) normalen Verlauf folgen können; jedoch führt das Verfahren an sich zu einer durchaus schwerwiegenden Beeinträchtigung der Rechtssicherheit: Das Ministerium kann die Transaktion verbieten. In einem solchen Fall wird der zugrunde liegende Zusammenschlussvertrag als unwirksam betrachtet. Der anmeldenden Partei steht der Einspruch hiergegen als Rechtsbehelf zur Verfügung. Das jedoch kann dem Umstand nicht abhelfen, dass M&A-Transaktionen in Slowenien durch die neu eingeführten Regelungen für betroffene ausländische Investoren leider nicht attraktiver geworden sind.
Mitwirkende Autoren: Terzić Ana (Bosnien & Herzegowina), Roman Kettner, Natália Jánošková (Slowakei) und Saša Sodja, Dunja Jandl (Slowenien)