14. Januar 2025
Legalisation Apostille grenzüberschreitenderUnternehmenskauf
Corporate / M&A

Legalisation und Apostille bei grenzüberschreitenden Unternehmenskäufen

Bei grenzüberschreitenden Unternehmenskäufen bedarf es häufig der Legalisation oder Apostillierung von Vertretungsnachweisen. Was hat es damit auf sich?

Immer häufiger kommt es vor, dass beim Verkauf mittelständischer Unternehmen Verkäufer*, Käufer oder andere Beteiligte ihren Sitz im Ausland haben. Für die Beurkundung bestimmter gesellschaftsrechtlicher Handlungen durch Bevollmächtigte bedarf die Vollmacht der Form der öffentlichen Beglaubigung, so etwa bei Gründung einer AG (§ 23 Abs. 1 S. 2 AktG) oder GmbH (§ 2 Abs. 2 S. 1 GmbHG) oder bei Anmeldungen zum Handelsregister (§ 12 Abs. 1 S. 3 HGB). 

Die im Ausland mit einem Beglaubigungsvermerk versehenen Vertretungs- und/oder Existenznachweise ausländischer Gesellschaften werden in Deutschland oftmals nur anerkannt, wenn sie, je nach Herkunftsland, apostilliert oder legalisiert werden. Auch für die Vorlage von in Deutschland ausgestellten Urkunden in einem Zweitstaat beispielsweise für die Gründung von ausländischen Tochtergesellschaften deutscher Muttergesellschaften besteht häufig entweder das Erfordernis der Apostillierung oder das der Legalisation von Urkunden. 

Sinn und Zweck: Bestätigung der Echtheit einer öffentlichen Urkunde

Öffentliche Urkunden im deutschen Recht sind gem. § 415 Abs. 1 ZPO solche, die von einer öffentlichen Behörde (wie z.B. Gerichte oder Bundes, – Landes- oder Gemeindebehörden) innerhalb ihrer eigenen Zuständigkeit oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person (z.B. Notare, Urkundsbeamte, Gerichtsvollzieher, Standesbeamte) innerhalb des ihr zugewiesenen Geschäftskreises unter Beachtung der Formvorschriften aufgenommen sind. 

Bei inländischen öffentlichen Urkunden wird deren Echtheit gem. § 437 Abs. 1 ZPO vermutet. Die Vermutung bezieht sich auf die Identität des vorgetragenen Ausstellers mit dem tatsächlichen Aussteller und umfasst das Handeln der Behörde „innerhalb der Grenzen ihrer Amtsbefugnisse“. Diese Vermutung gilt allerdings nicht für ausländische öffentliche Urkunden. Der Zweitstaat, in dem die Urkunde vorlegt werden soll, kennt weder die Behördenstruktur noch die Urkundenformate des Ausstellungsstaates, sodass eine Echtheitsvermutung für die Urkunde nicht möglich ist. Um die Echtheit der Unterschrift und die Berechtigung zur Ausstellung der Urkunde zu überprüfen, wären aufwendige und langwierige Nachforschungen nötig, was den internationalen Urkundenverkehr erschweren würde. Um die Gleichwertigkeit von Urkunden zu gewährleisten, wurden Verfahren entwickelt, um die Echtheit von ausländischen öffentlichen Urkunden zu bestätigen: das Anerkennungsverfahren in der ausführlichen Form der Legalisation und die Apostillierung als vereinfachte Form der Echtheitsbestätigung, die in den Vertragsstaaten des Haager Übereinkommens vom 5. Oktober 1961 zur Befreiung ausländischer öffentlicher Urkunden von der Legalisation (Haager Apostille-Übereinkommen oder HApostilleÜ) gilt. Die Definition von „öffentlicher Urkunde“ als Anwendungsbereich für die Legalisation und Apostille in Art. 1 Abs. 2 HApostilleÜ ist nahezu identisch mit der im deutschen Recht und erfasst ebenfalls z.B. Urkunden eines staatlichen Gerichts, Urkunden der Verwaltungsbehörden oder notarielle Urkunden.

Legalisationsverfahren

Nach Art. 2 S. 2 HApostilleÜ versteht man unter Legalisation die Bestätigung der Echtheit der Urkunde durch die diplomatischen oder konsularischen Vertreter des Staates, in dem die Urkunde verwendet werden soll. Bei der Verwendung ausländischer öffentlicher Urkunden in Deutschland erfolgt die Legalisation durch das Konsulat der Bundesrepublik Deutschland im Errichtungsstaat (13 Abs. 1 KonsG). Wenn umgekehrt eine deutsche Urkunde für den Gebrauch im Ausland legalisiert werden soll, bedarf es vor der Legalisation der Urkunde durch die jeweilige Auslandsvertretung zusätzlich (1) einer Beglaubigung, (2) einer Vorbeglaubigung (auch Zwischen- oder Überbeglaubigung genannt) und in den meisten Fällen noch (3) der Endbeglaubigung der Urkunde, die seit 1. Januar 2023 vom Bundesamt für Auswärtige Angelegenheiten, Referat Apostillen und Forderungsmanagement in Brandenburg, vorgenommen wird und an die von der Landesbehörde erteilte Vorbeglaubigung anknüpft. Vor allem wegen der Vor- und Endbeglaubigungen ist die Legalisation meist zeitaufwändig, kostspielig und mit einigen bürokratischen Hürden verbunden.

Apostille

Bei Vertragsstaaten des Haager Apostille-Übereinkommens tritt anstelle der zeitaufwändigen Legalisation eine vereinfachte Form der Echtheitsbestätigung, die sog. Apostille. Das multilaterale Haager Apostille-Übereinkommen umfasst derzeit 127 Staaten. Seit November 2023 ist das Übereinkommen für die Volksrepublik China und seit 2024 für Kanada und Ruanda in Kraft. Gegen den Beitritt von Ruanda sowie einiger anderer Staaten, wie z.B. Indien, Kosovo oder Tunesien hat Deutschland gem. Art. 12 Abs. 2 HApostilleÜ Einspruch erhoben, so dass das Übereinkommen für Urkunden aus diesen Staaten aus deutscher Sicht nicht gilt und damit auf das umfangreiche Verfahren der Legalisation zurückgegriffen werden muss.

Anders als die Legalisation ist die Apostille ein Echtheitsvermerk, der nicht von der konsularischen Vertretung des Vorlegungsstaates, sondern gem. Art. 3 Abs. 1 HApostilleÜ von der zuständigen Behörde des Errichtungsstaates, also von einer innerstaatlichen Behörde angebracht wird. Hierdurch werden die Echtheitsprüfung wesentlich vereinfacht und der internationale Urkundenverkehr beschleunigt.

Die für die Ausstellung der Apostille zuständigen Behörden werden nach Art. 6 HApostilleÜ von jedem Vertragsstaat bestimmt. Nach Art. 2 Abs. 1 des deutschen Zustimmungsgesetzes vom 21.6.1965 bestimmen die Bundesregierung und die Landesregierungen oder die von diesen ermächtigten obersten Bundes- oder Landesbehörden in ihrem jeweiligen Geschäftsbereich die für die Ausstellung der Apostille zuständigen Behörden. Nach den in den einzelnen Bundesländern ergangenen Rechtsverordnungen sind die Landgerichtspräsidenten für die Bestätigung der in ihrem Bezirk errichteten notariellen Urkunden zuständig. In den ausländischen Staaten sind unterschiedliche Behörden hierfür zuständig.

Die Apostille wird nur für ein bestimmtes Land, also für einen Mitgliedstaat des Haager Apostille-Übereinkommens erteilt. Die Form der Apostille ist in Art. 4 HApostilleÜ festgelegt. Sie wird auf der Urkunde selbst oder auf einem mit ihr verbundenen Blatt angebracht und muss die Überschrift „Apostille (Convention de La Haye du 5 octobre 1961)” in französischer Sprache enthalten. Soll beispielsweise ein Handelsregisterauszug apostilliert werden, so wird dieser zunächst von einem Notar beglaubigt. Dieser leitet dann den beglaubigten Handelsregisterauszug an das zuständige Landgericht weiter, das die Apostille erteilt.

Verglichen mit dem Legalisationsverfahren ist die Erlangung einer Apostille einfacher und nimmt erheblich weniger Zeit in Anspruch. Während bei einem Legalisationsverfahren sowohl die Behörden des Staates, aus dem die Urkunden stammen, als auch die Auslandsvertretung des Bestimmungsstaates involviert sind, wirkt im Falle einer Apostille nur die Behörde des Ursprungsstaates mit – ein Konsulat oder eine Botschaft ist nicht beteiligt. In Deutschland kann eine Apostille, je nach Dokument, oft innerhalb von sieben Arbeitstagen eingeholt werden.

Verordnung (EU) 2016/1191 und CIEC-Übereinkommen

Eine Befreiung von der Pflicht zur Apostillierung von öffentlichen Urkunden innerhalb der EU ist nach Art. 2 Abs. 1 der EU-Verordnung 2016/1191 nur für bestimmte Urkunden vorgesehen, wie z.B. für Geburtsurkunden, Eheurkunden, Namensurkunden, Wohnsitz und Vorstrafenfreiheit. Erfasst sind keine gesellschaftsrechtlichen Dokumente. Auch die Personenstandsurkunden und Ehefähigkeitszeugnisse, die gemäß den Mustern der Übereinkommen der Internationalen Kommission für das Zivil- und Personenstandswesen (CIEC) ausgestellt werden, sind in den anderen Vertragsstaaten von jeglichen Formalitäten und damit auch von der Apostille befreit.

Bilaterale Verträge mit Deutschland

In einigen Fällen wird aufgrund bilateraler Abkommen auf die Vorlage von Echtheitsnachweisen von Urkunden über Vertretungsnachweise oder über die Gründung einer Gesellschaft ganz verzichtet. So sehen beispielsweise das zwischen Deutschland und Frankreich geschlossene Abkommen vom 13. September 1971, das Abkommen zwischen Deutschland und Italien vom 7. Juni 1969 und das deutsch-belgische Abkommen vom 13. Mai 1975 vor, dass öffentliche Urkunden, die in dem einen Vertragsstaat errichtet sind, zum Gebrauch in dem anderen Staat keiner Legalisation, Apostille, Beglaubigung oder ähnlichen Förmlichkeit, d.h., keines Echtheitsnachweises bedürfen. Während aber Deutschland das deutsch-belgische Abkommen als verbindlich ansieht, hält sich Belgien für nicht daran gebunden, da das belgische Ratifikationsverfahren fehlerhaft gewesen sei. Vorsichtshalber sollte daher für die Verwendung deutscher öffentlicher Urkunden in Belgien die Apostille eingeholt werden. Der deutsch-schweizerische Vertrag über die Beglaubigung öffentlicher Urkunden vom 14. Februar 1907 hingegen gilt nicht für notarielle Urkunden, sodass für diese eine Apostille erforderlich ist. Weitere bilaterale Abkommen bestehen mit Dänemark, Griechenland und Österreich.

Digitalisierungsrichtlinie II

Um die Digitalisierung im Gesellschaftsrecht weiter voran zu treiben, hat die EU-Kommission am 31. März 2023 einen weiteren Vorschlag zur Optimierung des Einsatzes digitaler Werkzeuge und Verfahren im EU-Gesellschaftsrecht (COM [2023] 177) präsentiert. Ziel des Richtlinienvorschlags ist u. a. die Beseitigung von Formalitäten, die häufig zum administrativen Hindernis für grenzüberschreitende gesellschaftsrechtliche Vorgänge werden. Ein solches Erschwernis für grenzüberschreitende Verfahren im Binnenmarkt sieht die Kommission in der Verwendung der Apostille. Der Richtlinienvorschlag klingt vielversprechend und wäre im Hinblick auf die Abschaffung des Erfordernisses der Apostille innerhalb der EU ein Meilenstein.

e-Apostille 

Mit der fortschreitenden technischen Entwicklung wurde im Jahre 2006 das sogenannte e-APP Programm von der Haager Konferenz für Internationales Privatrecht und der National Notary Association der Vereinigten Staaten von Amerika auf den Weg gebracht. Im Jahr 2024 sind ca. 40 Staaten (inkl. einiger US-Bundesstaaten) dazu übergegangen, teilweise optional, teilweise ausschließlich, Apostillen in elektronischer Form auszustellen (sog. e-Apostillen). Es fehlt allerdings an einheitlichen und rechtssicheren technischen Vorgaben für die Ausgestaltung einer e-Apostille. Deutschland kennt bisher keine e-Apostille. Auch viele andere Länder sind zurückhaltend. Hier bleibt abzuwarten, wann eine Anpassung des Haager Apostille-Übereinkommens in Form einer Konkretisierung und Vereinheitlichung der Vorgaben für die e-Apostille vorgenommen wird.  

Praxishinweise bei Auslandsgesellschaften als Beteiligte des Unternehmenskaufs

Die Apostille hat sich im internationalen Rechtsverkehr etabliert. Mit Kanada und der Volksrepublik China sind weitere bedeutende Staaten dem Haager Apostille-Übereinkommen beigetreten. Wenn Käufer, Verkäufer oder andere Vertragsparteien Gesellschaften mit Sitz im Ausland sind, ist es ratsam, bereits vor der Beurkundung zu klären, ob und wenn ja, welche Echtheitsnachweise für die Vertretung einer Gesellschaft oder Existenz einer solchen erforderlich sind. Hierfür bedarf es zunächst der Prüfung, ob die Urkunde aufgrund eines bilateralen Abkommens von jeglichen Echtheitsnachweisen befreit ist. Falls dies nicht der Fall ist, genügt eine Apostille, wenn der Errichtungsstaat der Urkunde Vertragsstaat des Haager Apostille-Übereinkommens ist. Sollte dies zu verneinen sein oder Deutschland Einspruch gegen den Beitritt dieses Staates erhoben hat, muss die Urkunde, damit sie in Deutschland anerkannt wird, im Errichtungsstaat legalisiert werden. Da die Registergerichte häufig unterschiedliche Anforderungen an Art und Umfang der einzureichenden ausländischen Urkunden stellen, empfiehlt sich eine vorherige Abstimmung mit dem beurkundenden Notar. Für die Einholung einer Apostille im Ausland sollte ein Zeitraum von mindestens zwei Wochen eingeplant werden, um sicherzustellen, dass die entsprechenden Vollmachten und Vertretungsnachweise im Original rechtzeitig zum Vertragsschluss vorliegen. 

* Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Apostille Corporate / M&A grenzüberschreitender Unternehmenskauf Legalisation