Das KG Berlin hat klargestellt, wann eine Forderung gegen ein verbundenes Unternehmen als darlehensähnlich und damit als nachrangig zu qualifizieren ist.
Nach Ansicht des KG Berlin (Urteil v. 15.07.2016 – 14 U 14/15) könne bereits die fehlende umgehende gerichtliche Durchsetzung der Forderung eines Gesellschafters gegen ein später insolventes Unternehmen als „Stehenlassen″ gewertet werden.
Die Forderung gelte dann als „einem Gesellschafterdarlehen wirtschaftlich entsprechend″ und sei nachrangig. Nachrangige Forderungen werden in der Regel im Insolvenzverfahren gar nicht befriedigt.
Faktischer Verzicht auf Durchsetzung der Forderung
Im vorliegenden Fall hatte das Gericht in zweiter (und letzter) Instanz über die Klage einer Gläubigerin gegen einen Insolvenzverwalter auf Feststellung einer Forderung zur Insolvenztabelle zu entscheiden.
Die Gläubigerin ist im Jahreszeitraum vor Insolvenzantragstellung mit mehr als 10 Prozent an der Schuldnerin beteiligt gewesen. Der Insolvenzverwalter machte geltend, dass es sich um eine nachrangige Forderung handele, da die Gläubigerin die Forderung nicht durchgesetzt und somit „stehengelassen″ habe. Dies entspreche wirtschaftlich einem Gesellschafterdarlehen und führe zur Nachrangigkeit der Forderung.
Das Gericht ist der Argumentation des Beklagten gefolgt. Zwar habe die Klägerin die fälligen offenen Forderungen angemahnt und nach erfolglosen Versuchen der außergerichtlichen Forderungseinziehung die Leistungen an die Schuldnerin eingestellt. Jedoch habe die Klägerin die Forderungen nicht gerichtlich durchzusetzen versucht.
Zugleich sei der Klägerin die finanzielle Notlage der Schuldnerin bekannt gewesen. Sie bot der Schuldnerin im Rahmen der Verhandlungen an, ihr genügend Zeit einzuräumen, um eine Übergangsfinanzierung zu realisieren und die Begleichung der ausstehenden Forderungen zu einem späteren Zeitpunkt zu verhandeln. Darin sah das Gericht einen faktischen Verzicht auf die Durchsetzung der Forderungen (das sog. „Stehenlassen″).
Forderung entspricht wirtschaftlich einer Darlehensgewährung
Hintergrund der Entscheidung ist die gesetzlich angeordnete Nachrangigkeit von Forderungen aus Gesellschafterdarlehen und solchen, die einer Darlehensgewährung wirtschaftlich entsprechen. Letzteres Kriterium wird von der Rechtsprechung weit ausgelegt, um jedwede mögliche Umgehung auszuschließen.
Die weite Auslegung führt dazu, dass auch Forderungen, die nicht als Gesellschafterdarlehen begründet worden sind, leicht umgedeutet werden können, sobald eine finanzierende Funktion erkennbar ist. Jene kann bereits darin liegen, dass fällige Forderungen nicht ernsthaft und umgehend gerichtlich durchgesetzt werden.
Fazit: „lockere Zügel″ beim Forderungseinzug können zum Nachteil gereichen
Das Urteil mahnt zur Vorsicht. Es verdeutlicht, wie schnell eine Forderung aus einer Leistungsbeziehung zu einer darlehensgleichen Forderung umgedeutet werden kann. Hierzu genügte dem Gericht bereits ein minimales Entgegenkommen der Gläubigerin.
Künftig sollte man sich bewusst machen, dass „lockere Zügel″ beim Forderungseinzug gegenüber einem (ehemals) verbundenen Unternehmen in dessen Insolvenz leicht dazu führen können, dass eine Forderung als nachrangig qualifiziert wird und somit in aller Regel nicht einmal Aussichten auf die Auszahlung einer Insolvenzquote bestehen.