Wie melden Gläubiger ihre Forderungen im Insolvenzverfahren richtig an? Kompakte Infos, wichtige Fristen und praktische Tipps rund um die Forderungsanmeldung.
Die Insolvenz eines Schuldners bedeutet für Gläubiger oft Unsicherheit und finanzielle Verluste. Doch durch die richtige Forderungsanmeldung können Gläubiger ihre Rechte wahren und am Insolvenzverfahren teilnehmen.
Warum ist die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren so wichtig?
Wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Schuldners eröffnet wird, geht es vor allem darum, die verbliebenen Vermögenswerte – die sogenannte Insolvenzmasse – zu verwerten und den Erlös gerecht auf die Gläubiger zu verteilen. Nur wer seine Forderung ordnungsgemäß anmeldet, wird in diese Verteilung einbezogen. Ohne Anmeldung droht der vollständige Verlust des Anspruchs. Die Forderungsanmeldung ist somit die Eintrittskarte in das Insolvenzverfahren und sichert die Chance auf eine Rückzahlung, selbst wenn diese in Form einer Quote nur anteilig erfolgt.
Welche Arten von Forderungen können angemeldet werden?
Nicht alle Forderungen werden gleich behandelt. Im Insolvenzverfahren gibt es verschiedene Kategorien:
- Insolvenzforderungen: umfassen alle offenen Ansprüche, die vor Eröffnung des Verfahrens entstanden sind, etwa aus Lieferungen, Leistungen oder Darlehen. Sie sind die häufigsten Forderungen im Verfahren.
- Masseforderungen: entstehen während des Insolvenzverfahrens, z. B. aus der Weiterführung des Betriebs durch den Insolvenzverwalter. Sie werden vorrangig aus der Insolvenzmasse beglichen und müssen nicht angemeldet werden.
- Nachrangige Forderungen: sind per Gesetz oder Vertrag nachrangig (z. B. Zinsen nach Verfahrenseröffnung). Diese dürfen nur dann zur Insolvenztabelle angemeldet werden, wenn das Insolvenzgericht dies ausdrücklich zulässt – ein seltenes Szenario, das nur eintritt, wenn das schuldnerische Vermögen zunächst sämtliche Insolvenz- und Masseforderungen sowie die Verfahrenskosten vollständig abdeckt.
Welche Besonderheiten gelten für gesicherte Forderungen, solche aus unerlaubter Handlung und Zinsen?
Für gesicherte Forderungen und solche aus unerlaubter Handlung bzw. für Zinsen sind folgende Besonderheiten zu beachten:
- Gesicherte Forderungen: Hat der Gläubiger eine Sicherheit für seine Forderung (beispielsweise einen Eigentumsvorbehalt, eine Grundschuld, ein Pfandrecht (auch Vermieterpfandrecht) oder eine Bürgschaft), kann er den Wert dieser Sicherheit nutzen, um seine Forderung teilweise zurückzuerhalten (sog. „abgesonderten Befriedigung“). Falls nach Verwertung der Sicherheit noch ein Restbetrag offenbleibt – also der Wert der Sicherheit nicht ausreicht, um die gesamte Forderung zu decken – wird dieser Restbetrag als „Ausfall“ bezeichnet. Dieser offene Betrag wird dann genauso behandelt wie die Forderungen anderer Gläubiger.
- Unerlaubte Handlungen: Forderungen aus Delikt oder eine Straftat unterliegen nicht der Restschuldbefreiung des Schuldners und können auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens vom Gläubiger weiterverfolgt werden. Solche Ansprüche sind bei der Forderungsanmeldung ausdrücklich zu vermerken.
- Zinsen: Neben der Hauptforderung können auch (Verzugs-)Zinsen angemeldet werden. Dabei ist zu beachten, dass Zinsen als Insolvenzforderung nur bis zum Tag der Insolvenzeröffnung geltend gemacht werden können. Danach auflaufende Zinsen gelten als nachrangige Insolvenzforderungen.
Wann kann ich meine Forderung anmelden?
Eine Forderungsanmeldung ist erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens möglich, nicht jedoch im vorläufigen Verfahren, dem Insolvenzeröffnungsverfahren. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners erlässt das Insolvenzgericht einen Beschluss, der die Gläubiger auffordert, ihre Forderungen bis zu einem bestimmten Termin beim Insolvenzverwalter anzumelden. Ist ein Sachwalter bestellt, so ist die Forderungsanmeldung dort vorzunehmen. Gleichzeitig legt das Gericht den Berichts- und Prüfungstermin fest, in dem die eingereichten Forderungen geprüft und entweder festgestellt oder bestritten werden.
Gläubiger, die dem Insolvenzverwalter aus den Unterlagen des Schuldners bereits bekannt sind, werden von diesem über die Möglichkeit der Forderungsanmeldung informiert.
Bei wem kann ich meine Forderung anmelden?
Eine Forderung kann nur beim Insolvenzverwalter oder in der Eigenverwaltung beim Sachwalter angemeldet werden. Eine Forderungsanmeldung beim Insolvenzgericht ist unzulässig.
Wie melde ich meine Forderung an und welche Fristen muss ich beachten?
Die bereits bekannten Gläubiger erhalten neben dem Beschluss des Insolvenzgerichts auch ein Anmeldeformular sowie ein Merkblatt zur Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren. Die Anmeldung kann mit diesem Formular erfolgen, das unterschrieben an den Insolvenzverwalter geschickt werden muss. Eine Übermittlung per E-Mail genügt dem gesetzlichen Erfordernis nicht. Die Nutzung dieses Formulars ist nicht zwingend erforderlich, aber durchaus hilfreich, um Fehler bei der Anmeldung zu vermeiden.
Forderungen in ausländischer Währung sind in inländische Währung umzurechnen, und zwar nach dem Kurswert zur Zeit der Verfahrenseröffnung.
Die Anmeldung kann auch online über das Gläubigerinformationssystem (GIS) erfolgen. Hierzu muss ein Nutzerkonto angelegen werden; die Anmeldung kann dann über eine PIN erfolgen, die vom Insolvenzverwalter mit der schriftlichen Information über die Verfahrenseröffnung mitgeteilt wurde.
Ist eine Forderungsanmeldung nach Ablauf der Frist möglich?
Gläubiger müssen ihre Forderung bis zum vom Insolvenzgericht festgelegten Termin anmelden. Aber auch nach Ablauf dieser Frist ist eine nachträgliche Anmeldung noch möglich. Allerdings ist diese mit zusätzlichen Gebühren von derzeit EUR 22,00 pro Anmeldung verbunden.
Was passiert im Berichts- und Prüfungstermin?
In der Regel fallen der Berichtstermin und der Prüfungstermin zusammen: Nachdem der Insolvenzverwalter im Berichtstermin den aktuellen Stand des Verfahrens erläutert hat, folgt im anschließenden Prüftermin die Entscheidung, ob die jeweilige Forderung festgestellt oder bestritten wird:
- Forderung festgestellt: Wird die Forderung vom Insolvenzverwalter bzw. Sachwalter anerkannt und weder vom Schuldner oder von anderen Gläubigern bestritten, gilt sie als festgestellt und wird in die Insolvenztabelle aufgenommen. Ab diesem Zeitpunkt nimmt die Forderung am Verfahren teil. Eine gesonderte Mitteilung über die Feststellung erfolgt nicht, jedoch kann ein Auszug aus der Tabelle angefordert werden. Dieser fungiert als vollstreckbarer Titel und hat die gleiche Wirkung wie ein rechtskräftiges Urteil.
- Forderung bestritten: Der Insolvenzverwalter ist verpflichtet, nicht berechtigte oder unzureichend belegte Forderungen zu bestreiten. Auch andere Gläubiger haben ein Interesse daran, unplausible Forderungen zu hinterfragen, da eine niedrigere Gesamthöhe zu einer höheren Insolvenzquote führt und können daher die Forderungen anderer Gläubiger bestreiten. Die Forderungsanmeldungen sind vor dem Berichts- und Prüfungstermin am Insolvenzgericht niedergelegt und können von allen Verfahrensbeteiligten eingesehen werden. Im Falle eines Widerspruchs – sei es durch den Insolvenzverwalter, den Schuldner oder andere Gläubiger – wird die Forderung zunächst nicht festgestellt, sondern „bestritten“. Der Gläubiger erhält eine entsprechende Nachricht und muss die Gründe für das Bestreiten klären.
Jeder Gläubiger kann persönlich am Prüfungstermin teilnehmen oder sich durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen.
Was kann ich tun, wenn die Forderung bestritten wurde?
Wurde die Forderung bestritten, ist eine frühzeitige Klärung mit dem Insolvenzverwalter sinnvoll. Führen diese Gespräche nicht zum Erfolg, bleibt nur die Feststellungsklage, um die Forderung gerichtlich durchzusetzen. Andernfalls bleibt die Forderung bestritten und nimmt nicht am weiteren Verfahren teil. War zur Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits ein Rechtsstreit über die Forderung anhängig, kann dieser nach Eröffnung des Verfahrens wieder aufgenommen werden.
Zuständig für die Klage auf Feststellung des Anspruchs zur Insolvenztabelle ist in der Regel das Amtsgericht, an dem das Insolvenzgericht ansässig ist. Liegt der Streitwert über EUR 5.000,00 ist das Landgericht zuständig, in dessen Bezirk das Amtsgericht/Insolvenzgericht liegt. Der Streitwert – und damit die Höhe der Gerichtsgebühren – richtet sich nach der im Entscheidungszeitpunkt erwarteten Insolvenzquote. Das Gericht hat hierbei eine eigene Einschätzung vorzunehmen. In der Regel orientiert es sich an den Berichten des Insolvenzverwalters und den darin enthaltenen Aussagen.
Da die Insolvenzquote während des Verfahrens schwanken kann, ist das Kostenrisiko einer Feststellungsklage nicht einfach zu berechnen. Bei geringer zu erwartender Quote kann es ratsam sein, von einer Klage abzusehen.
Wie kann ich ein Bestreiten im Vorfeld vermeiden?
Um ein Bestreiten zu vermeiden, sollte die Forderung detailliert und nachvollziehbar dargelegt werden. Zu den dazu notwendigen Unterlagen gehören:
- Die genaue Forderungshöhe und der Forderungsgrund.
- Alle relevanten Belege wie Rechnungen, Verträge oder Lieferscheine.
- Eine detaillierte Aufstellung der Einzelpositionen, insbesondere bei komplexen Forderungen.
- Eine Vollmacht, falls die Anmeldung durch einen Vertreter erfolgt.
Muss ich befürchten, dass der Insolvenzverwalter die eingereichten Unterlagen gegen mich verwendet?
Die Auswahl der beizufügenden Unterlagen erfordert große Sorgfalt. Insbesondere bei Dauerschuldverhältnissen wie Miet- oder Energielieferungsverträgen sollten Gläubiger vorsichtig sein, wenn sie Auszüge aus dem Forderungskonto des Schuldners beigefügt. Sollte daraus hervorgehen, dass der Schuldner über längere Zeit hinweg regelmäßig in Rückstand geraten ist, kann dies unter Umständen eine Grundlage für eine spätere Insolvenzanfechtung darstellen. Im Falle einer erfolgreichen Anfechtung können vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens geleistete Zahlungen des Insolvenzschuldners an den jeweiligen Gläubiger zur Insolvenzmasse zurückgefordert werden. Daher empfiehlt es sich, genau zu prüfen, welche Dokumente eingereicht werden, um die Forderung zu begründen und ob eine Forderungsanmeldung im Einzelfall zweckmäßig ist. Eine allgemeine Pflicht zur Anmeldung einer Forderung besteht für den Gläubiger nicht.
Wie erhalte ich Informationen über das Ergebnis der Forderungsprüfung?
Vom Insolvenzgericht werden nur diejenigen Gläubiger informiert, deren Forderungen ganz oder teilweise bestritten wurden. Diese erhalten von Amts wegen einen Auszug aus der Insolvenztabelle, der das Ergebnis der Prüfung widerspiegelt. Gläubiger, deren Forderungen nicht bestritten wurden, erhalten keine gesonderte Mitteilung des Gerichts.
Informationen bezüglich des Prüfungsergebnisses können Gläubiger auch über das Gläubigerinformationssystem (GIS) erhalten.
Fazit: Forderungsanmeldung mit Weitsicht und Sorgfalt angehen
Die Forderungsanmeldung im Insolvenzverfahren ist ein entscheidender Schritt, um Ihre Ansprüche als Gläubiger zu sichern. Sie bietet die Chance, zumindest einen Teil der offenen Beträge zurückzuerhalten. Doch sie ist nicht ohne Herausforderungen: Die korrekte und fristgerechte Anmeldung, die Auswahl der notwendigen Unterlagen und das Verständnis der Verfahrensabläufe erfordern Aufmerksamkeit und Sorgfalt.
Fehler können nicht nur zum Ausschluss aus dem Verfahren führen, sondern unter Umständen auch Risiken wie eine Insolvenzanfechtung nach sich ziehen. Daher empfiehlt es sich, frühzeitig fachkundige Unterstützung in Betracht zu ziehen – insbesondere bei höheren Forderungen oder komplexen Sachverhalten. Mit einer durchdachten Strategie und präziser Vorbereitung maximieren Sie Ihre Chancen auf eine erfolgreiche Teilnahme am Verfahren und sichern Ihre Rechte bestmöglich.