Die Gesellschafterversammlung ist das Forum für die Austragung von Gesellschafterkonflikten. Wir zeigen auf, wie eine gute Vorbereitung aussehen sollte.
Die Gesellschafterversammlung ist das Organ der Gesellschaft, in dem die Gesellschafter zusammenkommen, um sich auszutauschen und grundlegende Entscheidungen zu treffen. Damit ist die Gesellschafterversammlung der formale Ort, an dem Gesellschafterkonflikte offen ausgetragen werden.
Dass eine Gesellschafterversammlung streitig wird, ist fast immer bereits im Vorfeld absehbar. Entweder stehen konfliktgeladene Themen auf der Tagesordnung oder die Stimmung zwischen den Gesellschaftern ist allgemein so angespannt, dass mit einer Eskalation gerechnet werden muss.
Jeder der Beteiligten kann – und sollte – sich daher auf die Versammlung vorbereiten. Eine gelungene Vorbereitung setzt voraus, dass man sich im Detail nicht nur mit den inhaltlichen Themen der Versammlung auseinandersetzt, sondern auch die formalen Vorgaben kennt und für die denkbaren Szenarien geeignete Reaktionsmöglichkeiten ausgearbeitet hat.
Wirksame Beschlussfassung nur bei Einhaltung der Formalien
Ob streitig oder nicht – die Formalien für die Gesellschafterversammlung müssen beachtet werden. Der Gesellschaftsvertrag oder das Gesetz geben die Form und Frist für die Einberufung vor.
Gerade bei streitigen Versammlungen sollte man nicht darauf vertrauen, dass alle Gesellschafter in der Versammlung anwesend sind und auf die Einhaltung der Formen und Fristen verzichten. Die Einhaltung der Formalien bedarf besonderer Aufmerksamkeit, um weiteren Streit über die Wirksamkeit der in der Versammlung gefassten Beschlüsse zu vermeiden. Mängel der Einladung können zur Nichtigkeit oder Unwirksamkeit (Anfechtbarkeit) der in der Versammlung gefassten Beschlüsse führen.
Einflussnahme auf den Inhalt der streitigen Gesellschafterversammlung
Grundsätzlich wird die Versammlung durch den Geschäftsführer einberufen. Mit der Einladung gibt der Geschäftsführer den Zeitpunkt der Versammlung sowie die Gegenstände der Beschlussfassung vor. Gesellschafter-Geschäftsführer haben so zunächst die Hoheit über den Inhalt der Versammlung und deren Ablauf.
Aber auch alle anderen Gesellschafter können Einfluss nehmen. Bei der GmbH sind z.B. Gesellschafter, deren Geschäftsanteile zusammen mindestens dem zehnten Teil des Stammkapitals entsprechen, berechtigt, die Berufung einer Versammlung oder die Aufnahme weiterer Beschlussgegenstände auf die Tagesordnung zu verlangen.
Auf Grundlage dieser formellen Rechte und Pflichten beginnt oftmals schon im Vorfeld einer Versammlung der Streit darüber, welche Themen in welcher Reihenfolge auf welcher Versammlung behandelt werden. Diese Vorfragen sind nicht nur kleinere Ränkespiele, sondern können das Ergebnis der Beschlussfassung wesentlich beeinflussen. Sind Konflikte bereits so weit eskaliert, dass es um die Frage geht, ob einzelne Gesellschafter aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden sollen, gilt dies in besonderem Maße.
Ist der Beschluss über den Ausschluss erst einmal gefasst, hat der betroffene Gesellschafter kaum noch Chancen, inhaltliche Themen in seinem Sinne von der Gesellschafterversammlung behandeln und beschließen zu lassen. Er muss vielmehr darum kämpfen, überhaupt noch ein Teilnahmerecht bzw. Stimmrecht an den weiteren Versammlungen zu haben.
Der Versammlungsleiter als Herr über den Ablauf der streitigen Versammlung
Hat man es geschafft, die eigenen Punkte auf die Tagesordnung der Gesellschafterversammlung zu bringen, hat das Spiel aber erst begonnen. Im weiteren Verlauf der Versammlung ist derjenige Gesellschafter im Vorteil, der die Versammlung leitet.
Der Vorsitzende der Versammlung hat u.a. die Aufgabe, die Versammlung zu leiten, das Wort zu erteilen, über Reihenfolge und Behandlung von Anträgen zu entscheiden und das zahlenmäßige Abstimmungsergebnis festzustellen. Er kann dadurch den Ablauf der Versammlung maßgeblich beeinflussen.
In der Vorbereitung streitiger Gesellschafterversammlungen sollten sich die Gesellschafter daher auch mit der Frage auseinandersetzen, ob sie Einfluss auf die Wahl des Versammlungsleiters oder die Ausgestaltung seiner Kompetenzen nehmen können. Gesellschaftsverträge lassen hier mitunter einen gewissen Spielraum zu. Auch auf den Fall, dass ein nach dem Gesellschaftsvertrag bestimmter oder von der Versammlung mehrheitlich gewählter Versammlungsleiter seine Kompetenzen missbraucht, sollten die Gesellschafter vorbereitet sein. Sie sollten sich mit der Frage auseinandergesetzt haben, unter welchen Umständen und mit welcher Mehrheit dem Vorsitzenden die Versammlungsleitung in der laufenden Versammlung wieder entzogen werden kann. Ein alternativer Versammlungsleiter muss dann bereitstehen, der sich auf diese Aufgabe auch entsprechend vorbereitet hat.
Die vorausschauende Versammlungsleitung ist effektiv
Der Versammlungsleiter selbst sollte eine Art „Drehbuch“ der Versammlung vorbereiten. Darin sollte er sich sämtliche Formalien notieren, die er prüfen muss, und den Ablauf skizzieren. Es empfiehlt sich für den Versammlungsleiter, bereits im Vorfeld mögliche Szenarien zu durchdenken und sich die jeweils denkbaren Ergebnisse vor Augen zu führen. Erwartet der Versammlungsleiter unter den Teilnehmern „Störenfriede“, kann er sich vorausschauend mit Einwänden und möglichen Angriffen auseinandersetzen und eine Strategie für den Ablauf der Versammlung entwickeln.
Der Versammlungsleiter muss sich über die Beteiligungsverhältnisse im Klaren sein und über die Frage, wer an der Versammlung teilnehmen darf. Treten für einzelne Gesellschafter Vertreter oder Berater auf, muss der Versammlungsleiter prüfen, ob die Vertretungsmacht wirksam erteilt wurde und ob der Gesellschafter zulässiger Weise einen Berater hinzuziehen darf.
Klarheit sollte der Versammlungsleiter auch über die Mehrheitsverhältnisse in der Gesellschafterversammlung haben und sich diese für die verschiedenen denkbaren „Koalitionen“ im Vorfeld notiert haben. Mit entsprechender Vorbereitung bleibt ihm mühsames Errechnen von Prozentzahlen bei streitigen Abstimmungen erspart. Ergänzend sollte sich der Versammlungsleiter bereits im Vorfeld mit der Frage beschäftigt haben, ob einzelne Gesellschafter bei der Abstimmung über einzelne Beschlussgegenstände von einem Stimmverbot betroffen sind (Näheres zum Thema Stimmverbote in einem der nächsten Blogbeiträge dieser Serie). Für diesen Fall verschieben sich die Mehrheitsverhältnisse, was es bei der Feststellung des Abstimmungsergebnisses zu berücksichtigen gilt.
Das Protokoll der streitigen Gesellschafterversammlung
Ob und in welcher Form ein Protokoll der Versammlung geführt werden muss, legt der Gesellschaftsvertrag fest. Selbst wenn ein Protokoll nicht verbindlich vorgeschrieben ist, empfiehlt es sich jedenfalls bei streitigen Versammlungen, ein Protokoll zu führen. Gerade bei hitzigen Versammlungen entlastet es den Versammlungsleiter, wenn er das Protokoll nicht selbst schreiben muss und diese Aufgabe auf einen anderen Teilnehmer übertragen kann.
In der Regel werden sich Versammlungsleiter und Protokollführer vor der Versammlung besprechen und sich über den Ablauf der Versammlung und die Art des Protokolls verständigen. Insbesondere geht es dabei um die Frage, ob nur das jeweilige Beschlussergebnis protokolliert werden soll oder auch die Diskussion im Gesellschafterkreis bis hin zu einzelnen Wortbeiträgen. Jeder Gesellschafter sollte sich ebenfalls im Vorfeld damit beschäftigt haben, ob er bestimmte Dinge ausdrücklich zu Protokoll geben möchte.
Was haben die anderen Gesellschafter vor?
Nicht nur der Versammlungsleiter, auch jeder einzelne Gesellschafter kann sich in gleicher Weise auf die Versammlung vorbereiten. In der streitigen Gesellschafterversammlung selbst wird man kaum Gelegenheit finden, Mehrheitsverhältnisse nachzurechnen. Reagiert ein Gesellschafter beispielsweise nicht sofort auf ein fehlerhaft festgestelltes Abstimmungsergebnis, sind die Möglichkeiten der nachträglichen Korrektur beschränkt. Hier gilt es, vorbereitet zu sein und sofort Widerspruch gegen eine Beschlussfassung zu Protokoll geben zu können.
Jeder Gesellschafter tut gut daran, die einzelnen Tagesordnungspunkte inhaltlich vorzubereiten. Das geht über die bloße Beschäftigung mit dem Thema und die eigene Meinungsbildung hinaus. So erweist es sich als hilfreich, wenn man in der hitzigen Versammlung auf vorformulierte Beschlussanträge zurückgreifen kann, die man ad hoc zu den einzelnen Tagesordnungspunkten stellen kann. Gleichzeitig lohnt es auch, sich in die Situation der „gegnerischen“ Streitpartei zu versetzen. Hat man eine Vorstellung davon, welche Anträge die anderen Gesellschafter stellen werden, kann man besser hierauf reagieren und entsprechende Gegenanträge bereithalten.
Nur mit intensiver Vorbereitung kann jeder Gesellschafter seine Rechte in streitigen Gesellschafterversammlungen wahren und erlebt keine unschönen Überraschungen. Eine gute Vorbereitung hilft außerdem, zielorientiert sachliche Entscheidungen zu treffen. Möglicherweise bestehende persönliche Konflikte gewinnen dann nicht die Oberhand und führen nicht zu einer Blockade der Gesellschaft.
Unsere Beitragsreihe informiert rund um das Thema Gesellschafterstreitigkeiten. Bereits erschienen sind Beiträge zur Entstehung von Gesellschafterkonflikten und die mögliche Steuerung durch Gestaltung der Gesellschafterverträge.