27. September 2017
Transparenzregister börsennotierte Unternehmen
Corporate / M&A

Transparenzregister und börsennotierte Unternehmen

Für Tochtergesellschaften börsennotierter Unternehmen besteht in bestimmten Konstellationen eine Meldepflicht. Wir zeigen auf wann dies relevant ist.

Börsennotierte Unternehmen müssen sich in der Regel keine vertieften Gedanken über das neue Transparenzregister machen. In bestimmten Konstellationen bestehen für die Tochtergesellschaften von börsennotierten Unternehmen jedoch durchaus Meldepflichten.

Gesetzliche Fiktion der erfüllten Meldepflicht für börsennotierte Unternehmen

Gegenüber börsennotierten Unternehmen verwendet das neue Geldwäschegesetz eine bemerkenswerte Regelungstechnik: Einerseits unterliegen börsennotierte Unternehmen mit Sitz in Deutschland der allgemeinen Verpflichtung des § 19 Abs. 1 GwG, Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten an das Transparenzregister mitzuteilen. Gleichzeitig enthält § 20 Abs. 2 S. 2 GwG eine unwiderlegliche gesetzliche Fiktion, nach der diese Mitteilungspflichten bei börsennotierten Gesellschaften immer und ausnahmslos als erfüllt gelten. Dies klingt nicht nur nach einem Schildbürgerstreich, sondern führt insbesondere bei Auslandsberührung zu unbefriedigenden Ergebnissen.

Die gesetzliche Fiktion zugunsten der börsennotierten Unternehmen wurde im Gesetzgebungsverfahren erst im Rahmen der Ausschussberatungen eingefügt, um sicherzustellen, dass keine Mehrbelastung für Gesellschaften eintritt, die ohnehin schon hohen Transparenzanforderungen unterliegen. Der Finanzausschuss stellte in diesem Zusammenhang zutreffend fest, dass börsennotierte Gesellschaften gar nicht vom Anwendungsbereich der Vierten Geldwäscherichtlinie 2015/849 erfasst sind, wenn sie an einem organisierten Markt nach § 2 Abs. 5 des WpHG notiert sind oder dem Gemeinschaftsrecht entsprechenden Transparenzanforderungen im Hinblick auf Stimmrechtsanteile oder gleichwertigen internationalen Standards unterliegen.

Der Regierungsentwurf war also in diesem Punkt deutlich über die Anforderungen der EU-Richtlinie hinausgegangen. Vor diesem Hintergrund wäre es konsequenter gewesen, bei der Umsetzung im deutschen Recht börsennotierte Gesellschaften einschließlich ihrer Konzerngesellschaften insgesamt von (zusätzlichen) Meldepflichten gegenüber dem Transparenzregister auszunehmen. Das ist jedoch nicht erfolgt.

Weitgehend unproblematische Situation für die Inlandsemittenten selbst

Für Inlandsemittenten, die an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG notiert sind, und damit den Vorschriften des WpHG über Stimmrechtsmitteilungen unterliegen, ist dies im Ergebnis unproblematisch. Anders ist dies allerdings, wenn die Beteiligungen über eine ausländische Zwischenholding gehalten werden oder sich die Beteiligungskette zur börsennotierten Mutter aus anderen Gründen nicht aus öffentlichen Registern ergibt (s. dazu unten). Stimmrechtmitteilungen, die diese Emittenten im Unternehmensregister veröffentlicht, werden automatisch in das Transparenzregister eingebunden (§ 22 Abs. 1 Nr. 3 GwG). Weitergehenden Verpflichtungen im Hinblick auf das Transparenzregister unterliegen sie nicht.

Anderes gilt für Unternehmen, die im Freiverkehr – und damit nicht an einem organisierten Markt im Sinne des § 2 Abs. 5 WpHG – notiert sind. Diese Gesellschaften unterliegen den Meldepflichten des GwG unbeschränkt.

Konzerngesellschaften börsennotierter Gesellschaften

Bereits für die Tochtergesellschaften von Inlandsemittenten gilt die gesetzliche Vermutung des § 20 Abs. 2 S. 2 GwG nicht, jedenfalls nicht unmittelbar. Demnach unterliegen diese Gesellschaften den Mitteilungspflichten gegenüber dem Transparenzregister, soweit nicht die allgemeine Meldefiktion greift – sich die Angaben zu den wirtschaftlich Berechtigten also aus Eintragungen und Dokumenten ergeben, die die Anforderungen des GwG erfüllen.

Aus dem Sinn und Zweck der Regelung erscheint es naheliegend, auch Tochtergesellschaften, bei denen die Einbindung in den Konzern der börsennotierten Muttergesellschaft aus den Gesellschafterlisten oder dem Handelsregister ersichtlich ist, in den Genuss der gesetzlichen Fiktion kommen zu lassen. Ergibt sich also bei einer 100 %igen Tochtergesellschaft eines Inlandsemittenten aus öffentlichen Registern die Konzerneinbindung, muss die gesetzliche Fiktion des § 20 Abs. 2 S. 2 GwG auch zugunsten der Tochtergesellschaft greifen. Anderenfalls müsste die Tochtergesellschaft weitergehende Angaben machen, als die Muttergesellschaft selbst.

Doch selbst wenn man dieser Auffassung folgt, sind damit noch nicht alle problematischen Konstellationen gelöst. Zwei Fälle sind besonders praxisrelevant:

  • Die Argumentation greift offenkundig nicht, wenn die deutsche Tochtergesellschaft über eine ausländische Zwischenholding gehalten wird. Da die Anteilskette zu der börsennotierten Gesellschaft in diesen Fällen nicht mehr aus den Informationen in (deutschen) Registern im Sinne des § 22 GwG ersichtlich ist, versagt die Meldefiktionen hier.
  • Gleiches gilt für indirekte deutsche Tochtergesellschaften börsennotierter Gesellschaften, die im Ausland ansässig sind, selbst wenn diese dort gleichwertigen Transparenzanforderungen unterliegen. Wenn die börsennotierte ausländische Muttergesellschaft die Anteile nicht unmittelbar hält – sondern über eine Zwischenholding im Ausland – ist die Zugehörigkeit zur börsennotierten Muttergesellschaft aus Angaben in deutschen Gesellschafterlisten oder Registereintragungen wiederum nicht ersichtlich. Werden die Anteile direkt gehalten, könnte man über eine analoge Anwendung der gesetzlichen Fiktion des § 20 Abs. 2 S. 2 GwG nachdenken; gesichert ist es aber nicht.

Wer ist wirtschaftlich Berechtigter im Sinne des GwG bei Tochtergesellschaften börsennotierter Gesellschaften?

Da man sich in den dargestellten Fällen nicht auf das Privileg des § 20 Abs. 1 S. 2 GwG stützen kann, müssen die betroffenen nachgeordneten Konzerngesellschaften trotz der Börsennotierung der Mutter in die Prüfung einsteigen, wer als wirtschaftlich Berechtigter anzusehen ist und ob Mitteilungen an das Transparenzregister vorzunehmen sind.

In beiden Fallkonstellationen sprechen wir – aus Sicht der meldepflichtigen deutschen Tochtergesellschaft – von der Frage, ob einem wirtschaftlich Berechtigten aufgrund mittelbarer Kontrolle die Beteiligung an der deutschen Tochtergesellschaft von über 25 % zuzurechnen ist. Mit anderen Worten: im deutschen Transparenzregister muss im Hinblick auf die Tochtergesellschaft nur dann ein Aktionär der börsennotierten Gesellschaft als wirtschaftlich Berechtigter gemeldet werden, wenn eine natürliche Person die börsennotierte AG (direkt oder indirekt) kontrolliert und damit auch die deutsche Tochtergesellschaft.

Es kommt also nicht darauf an, ob es bei dem börsennotierten Unternehmen selbst wirtschaftlich Berechtigte gibt (wofür schon eine Beteiligung von mehr als 25 % ausreichen kann), sondern nur ob eine natürliche Person als ultimate beneficial owner die börsennotierte Gesellschaft – und damit indirekt die Beteiligung an der deutschen Tochtergesellschaft – kontrolliert.

Dies ist eine relativ seltene Konstellation. Daher werden im Regelfall die Geschäftsführer der mitteilungspflichtigen deutschen Tochtergesellschaft als fiktive wirtschaftlich Berechtigte anzusehen sein (§ 3 Abs. 2 S. 5 GwG). Wenn die Angaben zu den Geschäftsführern aus dem Handelsregister ersichtlich sind, ist aufgrund der allgemeinen Meldefiktion keine gesonderte Mitteilung an das Transparenzregister erforderlich. Erfreulicherweise hat das Bundesverwaltungsamt diese recht pragmatische und weitreichende Anwendung der Meldefiktion zugunsten von Geschäftsführern als fiktiven wirtschaftlich Berechtigten bestätigt.

Stimmrechtsmeldungen nicht immer aussagekräftig

Dennoch zeigt sich auch hier, dass eine generelle Freistellung von börsennotierten Unternehmen auch im Hinblick auf die diskutierten Fallgruppen besser gewesen wäre. Die Ermittlung eines wirtschaftlich Berechtigten aufgrund der Stimmrechtsmitteilungen ist nämlich nicht immer mit Sicherheit möglich. Da die Zurechnungstatbestände nach dem WpHG nicht mit dem Konzept des § 3 GwG in Einklang stehen, kann aus den Stimmrechtsmitteilungen nicht in allen Fällen zuverlässig geschlossen werden, ob eine natürliche Person Kontrolle im Sinne des GwG ausübt, selbst wenn ihr nach den Regelungen des WpHG mehr als 50 % der Stimmrechte zugerechnet werden.

Stimmrechtsmeldungen nach § 22 Abs. 3 WpHG führen nur gesamthaft auf, welche Stimmrechte dem Meldepflichtigen nach § 22 WpHG insgesamt zugerechnet werden, ohne dass ersichtlich wäre, welche konkreten Zurechnungstatbestände einschlägig sind. Der Katalog der Zurechnungstatbestände des § 22 Abs. 1WpHG führt jedoch Fälle auf, die eine Zurechnung als wirtschaftlich Berechtigter nicht zwingend begründen müssen. Das gilt beispielsweise für die Zurechnung aufgrund von Nießbrauch (§ 22 Abs. 1 Nr. 4WpHG) oder aufgrund eines schuldrechtlichen Erwerbsrecht (§ 22 Abs. 1Nr. 5WpHG).

Vor diesem Hintergrund wäre es vorzugswürdig gewesen, deutsche und ausländische börsennotierte Gesellschaften, die den europäischen Transparenzanforderungen oder vergleichbaren Regelungen unterliegen, gänzlich von Meldepflichten zum Transparenzregister freizustellen. Ein Bedarf für zusätzliche Transparenzanforderungen besteht nicht. Leider hat sich auch der Finanzausschuss nicht zu einer solchen konsequenten Lösung des Problems durchringen können.

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