Welche Herausforderungen & Vorteile bringen W&I Versicherungen bei Unternehmenstransaktionen mit sich? Erfahren Sie hier mehr.
In Unternehmenskaufverträgen finden sich regelmäßig klare Risikozuweisungen: Verkäufer haften üblicherweise nur im Rahmen der ausdrücklich vereinbarten Garantien. Nicht erfasste „Mängel″ des Zielunternehmens bleiben wirtschaftlich beim Käufer hängen.
Haftungshöchstgrenzen legen fest, bis zu welchem Betrag der Verkäufer einstehen muss und Verjährungsfristen für welchen Zeitraum. Für darüber hinaus gehende Beträge oder später geltend gemachte Ansprüche oder Pflichtverletzungen trägt der Käufer das wirtschaftliche Risiko.
W&I Versicherungen zur Absicherung vereinbarter Zusicherungen
Die Risikozuweisung in Unternehmenskaufverträgen ist das Ergebnis oftmals langer Verhandlungen. Es hängt dann an der jeweiligen Verhandlungsposition und dem Verhandlungsgeschick einer jeden Partei, für sie günstige Ergebnisse zu erzielen. Möchte eine Partei die ihr so zugewiesenen Risiken wirtschaftlich dennoch nicht tragen, kann sie sich hiergegen versichern.
Auf dem Versicherungsmarkt finden sich eine Vielzahl von Versicherern, die so genannte „Warranty and Indemnity Versicherungen″ oder kurz „W&I Versicherungen″ anbieten. Versicherer von W&I Versicherungen treten dann ein, wenn die im Unternehmenskaufvertrag, meist in einem Garantiekatalog, vereinbarten Zusicherungen des Verkäufers unrichtig sind. Wie die Ergebnisse der CMS European M&A Study 2017 zeigen, kommen W&I Versicherungen bei M&A-Transaktionen häufig dann zur Anwendung, wenn Private-Equity-Verkäufer beteiligt sind oder wenn der Kaufpreis EUR 100 Mio. übersteigt.
Die Verhandlung von W&I Versicherungen belastet den meist sehr eng getakteten und regelmäßig aufwendigen M&A-Prozess zusätzlich. In den verschiedenen Phasen eines Projekts stellen sich neue Herausforderungen.
Käufer und Verkäufer können sich mit W&I Versicherungen absichern
Für den Verkäufer eines Unternehmens sind W&I Versicherungen vor allem dann interessant, wenn er die Richtigkeit der Garantien nur eingeschränkt beurteilen kann. Dies kann daran liegen, dass es sich bei dem Verkäufer um einen nur kurz investierten Finanzinvestor handelt, beispielsweise einen Private Equity Fond, der nicht in das operative Tagesgeschäft eingebunden ist.
Verkaufen natürliche Personen ihre Unternehmensbeteiligungen, wird der Käufer von den Verkäufern häufig eine finanzielle Absicherung für etwaige Garantieansprüche fordern. Denn aus Käufersicht besteht die Gefahr der fehlenden Liquidität auf Verkäuferseite. Als Sicherheit kann ein Treuhandkonto oder ein Kaufpreiseinbehalt dienen. Um nicht diese Sicherheit bereitstellen zu müssen, kann von den Verkäufern eine W&I Versicherung abgeschlossen werden. Der Käufer kann sich bei Liquiditätsschwierigkeiten des Verkäufers beim Versicherer als solventem Anspruchsgegner schadlos halten.
Hat der Verkäufer dagegen eine starke Verhandlungsposition, wechselt das Absicherungsbedürfnis auf die Käuferseite über. Der Käufer wird sich überlegen müssen, ob er bei niedrigen Haftungshöchstgrenzen und kurzen Verjährungsfristen, die gegen den Verkäufer ausgeschlossenen Ansprüche über eine W&I Versicherung absichert.
In beiderseitigem Interesse liegen W&I Versicherungen dann, wenn hierdurch Transaktionshindernisse beseitigt werden können.
Versicherungsvermittler helfen, die richtige W&I Versicherung zu finden
Nicht nur im Privaten können wir aus einer Vielzahl von Versicherern die passende Versicherung auswählen. Auch der W&I Markt bietet eine große Auswahl an Anbietern. Anders als im Privaten stehen aber keine Vergleichsportale im Internet zur Verfügung, die beim Abgleich der verschiedenen Konditionen helfen und die Auswahl schnell auf eine Short List reduzieren.
Dabei gilt auch bei W&I Versicherern: Die Höhe der Versicherungsprämien, der Haftungsumfang, die Haftungsausschlüsse sowie die Selbstbehalte können sich deutlich voneinander unterscheiden. Auch die Höhe der Entschädigung, die Versicherer für den Aufwand verlangen, der im Zusammenhang mit der Anbahnung der Versicherung angefallen ist, weicht teilweise stark ab. Beim Abgleich der Konditionen hilft regelmäßig aber ein Versicherungsvermittler. Der Versicherungsvermittler holt Angebote ein, stellt diese gegenüber und führt erste Verhandlungen mit den Versicherern.
Damit vergleichbare Angebote eingeholt werden können, sollte vor der ersten Ansprache von Versicherern zumindest die beabsichtigte Deckungssumme, der angestrebte Deckungszeitraum sowie der Selbstbehalt festgelegt werden. Diese Größen sind neben dem Deckungsumfang wohl die wesentlichen Eckpunkte der W&I Versicherung.
Aus rechtlicher Sicht sind Vertraulichkeitsvereinbarungen mit dem Versicherungsmakler und den Versicherern abzuschließen. Erst dann können Informationen über die Transaktion sowie der aktuelle Entwurf des Unternehmenskaufvertrags zur Verfügung gestellt werden. Vor allem der Garantiekatalog ist dabei von besonderem Interesse, geht es bei der W&I Versicherung doch gerade darum, sich wegen Schadensersatzansprüchen aufgrund unrichtiger Garantien abzusichern.
Herausforderungen bei der Anbahnung der Transaktion
Mit W&I Versicherungen kann natürlich erst dann sinnvoll verhandelt werden, wenn wesentliche Teile des Unternehmenskaufvertrags zwischen Verkäufer und Käufer weitestgehend abgestimmt sind. Dazu gehören insbesondere das Haftungskonzept nebst Garantiekatalog.
Die Gespräche mit den Versicherern werden daher regelmäßig in der Endphase der Transaktion stattfinden. Fallen Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags und Vollzug der Transaktion auseinander, kann die Verhandlung mit den Versicherern auch in den Zeitraum zwischen Unterzeichnung und Vollzug fallen.
Gleichwohl sollte möglichst früh entschieden werden, ob eine W&I Versicherung abgeschlossen werden soll. Denn werden die richtigen Weichen schon in der Frühphase der Transaktion gestellt, kann der Prozess später wesentlich beschleunigt werden.
Dies beginnt schon mit der Vertraulichkeitsvereinbarung zwischen Verkäufer und Käufer. Es muss möglich sein, vertrauliche Informationen über die Transaktion an Versicherungsmakler und Versicherer weiterzugeben. Wird dies nicht von Beginn an entsprechend als Ausnahme in der Vertraulichkeitsvereinbarung berücksichtigt, muss dies später in einem Nachtrag klargestellt werden.
Herausforderungen während der Due Diligence Prüfung
Ähnlich wie der Käufer eines Unternehmens, wird auch der W&I Versicherer das Zielunternehmen im Rahmen einer Due Diligence prüfen wollen, um die zu versichernden Risiken besser einschätzen zu können. Hierzu bedient sich der Versicherer regelmäßig der Hilfe von Anwälten.
Die Zeitfenster, die üblicherweise für eine Verkäufer- oder Käufer-Due Diligence in Anspruch genommen werden, stehen für den Versicherer allerdings meist nicht mehr zur Verfügung. Um den Prüfungsprozess möglichst zu beschleunigen, sollte den W&I Versicherungen daher der Due Diligence Report des Versicherten auf einer Non-Reliance-Basis zur Verfügung gestellt werden. Hierbei gilt entgegen der derzeitigen Tendenz bei Unternehmenstransaktionen: Je umfangreicher und ausführlicher der Report ist, desto besser. Durch einen umfangreichen und deskriptiven Report reduziert sich der eigene Prüfungsaufwand und Klärungsbedarf des Versicherers. Schon vor dem Start der Due Diligence sollte sich Käufer oder Verkäufer dieser Anforderung an den Report bewusst sein.
Während der Käufer eines Unternehmens schon aufgrund gesetzlicher Sorgfaltspflichten eine Due Diligence Prüfung durchführen wird, ist eine Due Diligence durch den Verkäufer eher die Ausnahme. Beabsichtigt der Verkäufer aber eine W&I Versicherung abzuschließen, ist er aus vorgenannten Gründen gut beraten, eine Vendor Due Diligence zu veranlassen. Durchgeführt werden sollte eine Vendor Due Diligence vor der Öffnung des Datenraums für Kaufinteressenten. Der Verkäufer sollte sich daher sehr früh im Prozess mit der Möglichkeit des Abschlusses einer W&I Versicherung beschäftigen.
Regelmäßig wird der Versicherer nach Durchführung der eigenen Due Diligence und Durchsicht des Due Diligence Reports der zu versichernden Partei einen Fragenkatalog übermitteln. Dieser ist dann von der zu versichernden Partei und deren Beratern zu beantworten. Im Einzelfall kann es notwendig sein, dass sich Mitglieder des Due Diligence Teams der zu versichernden Partei einzelne Teilaspekte zur Zielgesellschaft nochmals ansehen und anschließend mit dem Versicherer besprechen.
Herausforderungen während der Verhandlung des Unternehmenskaufvertrags
Für die Partei einer Unternehmenstransaktion bedeutet der Abschluss einer W&I Versicherung doppelten Verhandlungsaufwand. Das im Unternehmenskaufvertrag abgebildete Haftungsregime muss nicht nur mit der Gegenseite, sondern auch mit dem W&I Versicherer verhandelt werden. Ziel ist es, Haftungslücken möglichst zu vermeiden.
Der Verkäufer wird daher versuchen, das Haftungsrisiko aus dem Unternehmenskaufvertrag möglichst umfassend zu versichern. Der Käufer wird zudem mögliche Ansprüche versichern wollen, die aufgrund von Haftungshöchstgrenzen oder Verjährungsfristen unter dem Unternehmenskaufvertrag ausgeschlossen sind.
Verhandlungsergebnisse zwischen den Parteien müssen daher auf deren Versicherbarkeit überprüft werden. Ein Verkäufer will gegenüber dem Käufer natürlich nur solche Garantien akzeptieren, die von der W&I Versicherung auch abgedeckt werden. Der Käufer dagegen wird kurze Verjährungsfristen oder niedrige Haftungsgrenzen nur dann akzeptieren wollen, wenn die Versicherung darüber hinausgehende Fristen und Beträge versichert.
Verhandlungsspielräume sollten möglichst vorher abgeklärt und der Versicherer eng eingebunden werden. Für einen schnellen Prozess ist es förderlich, wenn die zu versichernde Partei den Versicherer hinsichtlich des Verhandlungsstands auf dem Laufenden hält und den jeweils aktuellen Entwurf des Unternehmenskaufvertrags an den Versicherer übermittelt. Der Versicherer kann dann den Entwurf seiner Versicherungsbedingungen immer an die aktuelle Situation anpassen.
Gegenstand der Verhandlungen mit dem Versicherer werden vor allem die Haftungsausschlüsse sein. Viele der Haftungsausschlüsse sind allerdings Marktstandards und nur eingeschränkt verhandelbar.
Herausforderungen bei Abschluss des Unternehmenskaufvertrags
Nicht immer wird ein Unternehmenskaufvertrag so rechtzeitig vor der Unterzeichnung endabgestimmt sein, dass der Versicherer schon vorzeitig eine Deckungszusage geben kann. Meist werden die letzten offenen Themen noch auf den letzten Metern endverhandelt. Es gilt dann, den Versicherer noch vor der Unterzeichnung des Unternehmenskaufvertrags abzuholen, um Gewissheit über den Versicherungsschutz zu haben.
Liegt der endverhandelte Unternehmenskaufvertrag erst einmal vor, ist dieser dem Versicherer bestenfalls vor der Unterzeichnung zur Verfügung zu stellen. Der Versicherer wird dann die finale Fassung seinen Versicherungsbedingungen zugrunde legen. Besteht über die Versicherungsbedingungen Einigkeit, wird der Versicherer die Deckungszusage erteilen, womit der Unternehmenskaufvertrag unterzeichnet werden kann.
Fazit: Gut geplant ist gut versichert
Der Abschluss einer W&I Versicherung strapaziert den oftmals zeitlich ambitionierten und komplexen M&A Prozess. Es stellen sich zusätzliche und neue Herausforderungen. Werden die richtigen Weichen aber rechtzeitig gestellt und wird der Versicherer zeitnah einbezogen, so sind diese Herausforderungen ohne wesentliche Beeinträchtigung des Prozesses, insbesondere ohne negative Auswirkung auf den Zeitplan, zu bewältigen.