8. November 2011
Gegenverfügung, Compliance, Kartell
Gewerblicher Rechtsschutz

Auge für Auge, Zahn für Zahn, Verfügungsantrag für Verfügungsantrag?

„Vergeltung″, „Heimzahlen″, „Retourkutsche″ – nicht selten fallen diese Begriffe, wenn es um die Verteidigung gegen einen juristischen Angriff geht. Hin und wieder wird dabei auch der Wunsch laut, sich in einem Verfügungsverfahren mit einer sogenannten Gegenverfügung verteidigen zu wollen. Doch ist dies rechtlich überhaupt zulässig?

Bei einer Gegenverfügung handelt es sich – und dies führt bereits zu einem ernsten Problem – um ein von der ZPO nicht anerkanntes Verteidigungsmittel: Der Antragsgegner, der von einem Antragsteller mit einem Verfügungsantrag überzogen wurde, wehrt sich im Rahmen desselben Verfügungsverfahrens mit einem eigenen Verfügungsantrag. Dieser Gegenverfügungsantrag wird beispielsweise in der von dem Gericht für notwendig erachteten mündlichen Verhandlung gestellt oder auch noch danach. Gestützt wird die Zulässigkeit eines solchen Gegenverfügungsantrags auf § 33 ZPO: Wenn die ZPO eine Widerklage kenne, müsse dies auch im Rahmen von Eilverfahren wie einstweilige Verfügung und Arrest Anwendung finden. Doch lassen sich die rechtspolitischen Erwägungen, die zu § 33 ZPO geführt haben, tatsächlich auch auf Eilverfahren übertragen?

Das OLG Frankfurt kommt in einer aktuellen Entscheidung zu dem Ergebnis, dass dies nicht der Fall sei (Urteil vom 20.10.2011, 6 U 101/01): Eilverfahren seien auf schnelle Entscheidungen angelegt. Dies passe mit dem Konzept einer sich an § 33 ZPO orientierenden Gegenverfügung nicht zusammen. Denn nach den Vorschriften der ZPO bestehe keine Möglichkeit, eine Widerklage als verspätet zurückzuweisen. Daher wäre es für einen effektiven Rechtsschutz des Antragstellers des initialen Verfügungsantrags erforderlich, die Zulässigkeit einer Gegenverfügung von weiteren Kriterien (z.B. wie bei § 263 ZPO die Sachdienlichkeit) abhängig zu machen. Für eine solche Analogie fehle allerdings jegliche Grundlage.

Das OLG Frankfurt hält daher Gegenverfügungen für prozessual unstatthaft. Der „Gegenschlag″ in Form eines eigenen Verfügungsantrags gegen den Antragsteller des initialen Verfügungsantrags müsse vielmehr in einem eigenständigen Verfahren gestellt werden. Zwei Anträge, zwei Fronten. Etwas anderes ergibt sich nach dem OLG Frankfurt auch nicht daraus, dass in einer solchen Konstellation beide Verfügungsanträge möglicherweise gem. § 147 ZPO verbunden werden können. Denn die Entscheidung über eine solche Verfahrensverbindung stehe im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Und der Richter muss dabei stets berücksichtigen, ob in der konkreten Situation eine Verfahrensverbindung den Anforderungen, die an Eilverfahren gestellt werden, zuwiderläuft oder nicht.

Selbst wenn man sich manchmal zügeln muss, sollte man sich vor diesem Hintergrund eher nicht „in blinder Wut″ zu einem Gegenverfügungsantrag hinreißen lassen.  Offen bleibt aber stets der Weg, die Verfahrensverbindung nach § 147 ZPO anzuregen.

Tags: Eilverfahren Gegenverfügung Oberlandesgerichte Prozessrecht Rechtsprechung Widerklage