25. August 2020
EU CBD Lebensmittel
Gewerblicher Rechtsschutz

Update: EU positioniert sich gegen CBD in Lebensmitteln

Die EU-Kommission stellt die Verkehrsfähigkeit CBD-haltiger Lebensmittel in Frage. Zur Kehrtwende könnte aber eine anstehende EuGH-Entscheidung führen.

Uneinigkeit hinsichtlich der Frage nach einer Verkehrsfähigkeit CBD-haltiger Lebensmittel bestand bislang insbesondere zwischen Hanfindustrie und BVL. Nun hat sich die EU-Kommission zur Sache geäußert und – zumindest vorläufig – die Verkehrsfähigkeit in Frage gestellt.

Wie zu vernehmen ist, teilte die EU-Kommission im Juli 2020 im Rahmen der anhängigen Verfahren zur Zulassung von CBD als „Novel Food“ mit, dass sie alle anhängigen Verfahren vorerst aussetze. Zur Begründung heißt es aus Brüssel, dass nicht auszuschließen sei, dass das aus Hanfpflanzen extrahierte CBD als Betäubungsmittel zu qualifizieren sei, namentlich als Suchtstoff i.S.d. UN-Übereinkommens über psychotrope Stoffe.

Einordnung CBD-haltiger Produkte als Lebensmittel in Gefahr

Sollte die EU-Kommission bei dieser Haltung bleiben, wäre damit nicht nur die Qualifikation als Lebensmittel bzw. Lebensmittelzutat in Frage gestellt. Vielmehr wäre wohl auch die Zulassung als neuartiges Lebensmittel vom Tisch: Was Betäubungsmittel ist, kann nach dem Lebensmittelrecht kein Lebensmittel sein (vgl. Art. 2 Abs. 3 lit. g Basis-VO Nr. 178/2002). Die Novel-Food-Verordnung findet auf Betäubungsmittel keine Anwendung.

Doch auch wenn diese Äußerung der EU-Kommission für die Vermarktung CBD-haltiger Lebensmittel nichts Gutes verheißt, ist das letzte Wort noch nicht gesprochen. Denn zum einen qualifizierte die EU-Kommission ihre Äußerung einschränkend als „vorläufige Ansicht“. Zum anderen räumte sie den Antragstellern im Rahmen des Zulassungsverfahrens die Gelegenheit zur Stellungnahme ein.

Mögliche Einstufung von CBD als Betäubungsmittel kommt überraschend

Eine Einstufung von CBD als Betäubungsmittel erscheint angesichts der Tatsache, dass das Cannabinoid CBD nachweislich keinerlei psychoaktive Eigenschaften aufweist und kein Abhängigkeitspotential hat, verwunderlich.

Fragwürdig erscheint auch der Umstand, dass die EU-Kommission die ganz grundlegende Frage nach der Differenzierung zwischen Betäubungs- und Lebensmittel jetzt stellt, obwohl die Verfahren zur Zulassung als Novel-Food bereits seit Jahren laufen.

Generalanwalt beim EuGH qualifiziert CBD-haltige Produkte nicht als Betäubungsmittel

Es bleibt abzuwarten, ob sich die EU-Kommission noch umstimmen lässt. Einfluss auf diesen Entscheidungsprozess könnte ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) haben, das im Herbst ergehen soll: Im sogenannten „Kanavape-Fall“ entscheidet der EuGH im Zusammenhang mit einem CBD-Produkt für E-Zigaretten.

Der Generalanwalt beim EuGH, dessen Meinung in aller Regel starken Einfluss auf die Entscheidung des Gerichts hat, positionierte sich in seinen Schlussanträgen gegen ein Vermarktungsverbot und begründete dies unter anderem damit, dass eine psychotrope Wirkung von CBD nicht nachgewiesen sei und – insoweit widerspricht die Aussage des Generalanwalts schon jetzt jener der EU-Kommission – im Sinne des UN-Rechts nicht als Betäubungsmittel zu qualifizieren sei (Schlussanträge des Generalanwalts in der Rs. C‑663/18, Rn. 73).

Bis zur endgültigen Entscheidung der Kommission bleibt es allerdings dabei, dass sich Hersteller und Vermarkter hanfhaltiger Lebensmittel und Nahrungsergänzungsmittel – je nach konkreter Zusammensetzung des Produkts – nicht sicher sein können, ob ihr Produkt überhaupt verkehrsfähig ist. Und selbst wenn die EU Kommission letztlich doch zu einer Qualifikation als Lebensmittel kommen sollte, wäre damit weder die Einstufung als „neuartig“ entschieden noch eine Zulassung erteilt. Die Vermarktung CBD-haltiger Lebensmittel bleibt also auf absehbare Zeit eine Gratwanderung.

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