19. Juli 2012
Markenrecht

Algebra aus Alicante: Brille = Kontaktlinse = Sehhilfe

Die Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr ist häufig nicht ganz einfach. Umso wichtiger sind einige „markenrechtlichen Naturgesetze“, die Leitlinien für die Prüfung der Verwechslungsgefahr an die Hand geben. Zu diesen Naturgesetzen gehört auch der Grundsatz, dass Unterschiede am Anfang zweiter sich gegenüberstehender Marken mehr beachtet werden als am Ende. So weit, so gut. Doch was heißt dies für eine mögliche Verwechslungsgefahr zwischen den Zeichen „Brillenbutler“ und „linsen butler“?

Die Gemeinschaftsmarke „Brillenbutler“ ist für „Brillengestelle“ und „Sonnenbrillen“ eingetragen. Aus dieser Marke wurde Widerspruch gegen die Gemeinschaftsmarkenanmeldung „linsen butler“ eingelegt. Diese jüngere Marke war u.a. für „Kontaktlinsen“ und „Brillen“ angemeldet.

Das Gemeinschaftsmarkenamt (HABM) betonte in seiner Entscheidung vom 03.07.2012 über den Widerspruch B1893950 die Gemeinsamkeiten, die sich aus dem jeweils zweiten Wortbestandteil der Zeichen („butler“) ergeben ebenso wie die Unterschiede am Wortanfang der beiden Zeichen („Brillen“ versus „linsen“).

Erhebliche Unterschiede am Anfang der Zeichen, also keine Verwechslungsgefahr? Das sah das HABM anders: Für die von den beiden Marken in Anspruch genommenen Waren seien die Begriffe „Brillen“ und „Linsen“ in der deutschen Sprache beschreibend und somit kennzeichnungsschwach. Dies lenke die Aufmerksamkeit der angesprochenen Verkehrskreise auf den jeweiligen zweiten Bestandteil der Zeichen: Der „Butler“ sei aber wiederum identisch in beiden Zeichen enthalten.

Das HABM sah diesen Umstand gemeinsam mit der Verwendung der Bezeichnungen im Bereich „Sehhilfen“ für ausreichend an, um zumindest für einen Teil der von der Gemeinschaftsmarkenanmeldung „linsen butler“ umfassten Waren Verwechslungsgefahr anzunehmen. Trotz erheblicher Unterschiede am Wortanfang kann also in Einzelfällen Verwechslungsgefahr gegeben sein. Denn: Brille = Kontaktlinse = Sehhilfe!

Tags: Gemeinschaftsmarke Kennzeichnungskraft Verwechslungsgefahr Widerspruch
Tobias Kantmann
am 19.07.2012 um 11:51:55

Irgendwie ist das natürlich richtig. Aber die Begründung finde ich dann doch etwas schwammig. Natürlich sind beides Sehhilfen, aber eine Kontaktlinse ist natürlich keine Brille. Also ob da Verwechslungsgefahr besteht, weiß ich nicht. Wenn sich natürlich das Angebot beider Anbieter in 99 von 100 der Produkte überschneidet, wäre es vielleicht nachvollziehbar. Aber da dies nicht der Fall ist, bin ich doch etwas überrascht. Vielleicht sollte man den Herren und Damen nochmals die Unterschiede von Brillen und Kontaktlinsen aufzeigen.

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