Das BPatG sieht eine unmittelbare Gefahr der Verwechslung zweier Logos: des Logos des „FC Erzgebirge Aue“ mit dem des „BSG Wismut Aue“
Der Fußballverein des „FC Erzgebirge Aue“ blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, zu der vor seiner Umbenennung im Jahr 1993 auch die Zeit als „BSG Wismut Aue“ gehört. Teil dieser Geschichte sind verschieden gestaltete Logos, wobei die fünf senkrechten Streifen, zwei gekreuzte Bergmannshämmer und die lila Farbgebung wiederkehrende Elemente sind. Allerdings hält der Verein nur die Markenrechte an den Logos des „FC Erzgebirge Aue“. Die Markenrechte an den Logos des Vorgängervereins „BSG Wismut Aue“ liegen bei dem Betreiber eines eigenständigen Fanshops.
Dem Streit geht eine langjährige Auseinandersetzung voraus
Nach eigenen Angaben des Fanshop-Betreibers meldete er die Marken Ende der 90er Jahre zusammen mit einem ehemaligen Geschäftspartner an, weil der Verein aufgrund der Umbenennung kein Interesse mehr an einem Markenschutz gehabt habe. Der Verein hingegen bestreitet, Kenntnis von der Anmeldung gehabt zu haben. Lange Zeit gab es jedoch keine Probleme und der Fanshop verkaufte als Lizenznehmer des Fußballvereins Aue-Fanartikel. Im Jahr 2014 startete der Fußballverein einen eigenen Fanshop und verkaufte dort einige Zeit später auch Fanartikel mit den alten Wismut-Logos. In der Folge kam es zum Rechtsstreit mit dem nun konkurrierenden Shop-Betreiber. Das Landgericht München I wies die Unterlassungsklage des Fanshop-Betreibers mit Urteil vom 3. März 2020 (Az. 33 O 14474/17) ab und erlaubte dem Fußballverein die Nutzung der alten Logos.
Damit war der Streit noch nicht vorbei; der Fanshop-Betreiber wechselte die Strategie und griff ein 2015 neu erarbeitetes Logo des „FC Erzgebirge Aue“ aufgrund der Ähnlichkeiten zu einem der „BSG Wismut Aue“-Logos an und verlangte die Löschung der Marke. Nachdem die zuständige Markenstelle des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA) zunächst dem Fußballverein Recht gab, legte der Fanshop-Betreiber Beschwerde beim Bundespatentgericht (BPatG) ein. In seinem Beschluss vom 1. Februar 2022 (28 W (pat) 39/20) setzte sich das Bundespatentgericht (BPatG) mit der Verwechslungsgefahr der beiden Logos auseinander.
Keine Sperrwirkung des vorangegangenen Urteils
Dabei musste das BPatG zunächst klären, ob die Einlegung des Widerspruchs bzw. die Beschwerde gegen den Beschluss der Markenstelle überhaupt zulässig war. So hatte der „FC Erzgebirge Aue“ mit Verweis auf das Verfahren vor dem LG München I argumentiert, dass dem Fanshop-Betreiber bereits das Rechtsschutzbedürfnis für den Widerspruch fehle. Das Urteil des LG München I entfalte Sperrwirkung und das erneute gerichtliche Vorgehen sei treuwidrig.
Grds. begrenzt sich das Widerspruchsverfahren auf die Frage der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr. Ausnahmsweise sind jedoch auch rechtskräftige Entscheidungen oder Vergleiche zu berücksichtigen, durch die dem Widersprechenden ein Angriff gegen die jüngere Marke ausdrücklich verboten wird. Einen vergleichbaren Fall sah das BPatG hier aber nicht. Das Landgericht München I habe nicht über die hier maßgebliche „BSG Wismut Aue“-Marke, sondern über den geltend gemachten Anspruch auf Unterlassung der Verwendung von Wismut-Marken für Fanartikel entschieden. Der Widerspruch des Inhabers der Marke „BSG Wismut Aue“ sei demnach zulässig.
Identität bzw. hochgradige Ähnlichkeit der Waren
Beide Logos haben die Form eines dreieckigen Wappenschilds mit gebogenen Seiten und verfügen über die traditionellen fünf senkrechten Streifen. Im unteren Drittel ist jeweils der Schriftzug „AUE“ zu lesen, in der Mitte prangen die gekreuzten Bergmannshämmer. Im oberen Teil des aktuellen Vereinslogos steht „FC ERZGEBIRGE“, wohingegen das alte Wismut-Logo lediglich ein stilisiertes „W“ unterhalb der Hämmer zeigt. Zudem ist das Wismut-Logo schwarz-weiß, das Erzgebirge-Logo blau-weiß-gold.
Das BPatG bewertet die Frage der Verwechslungsgefahr unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls. Dabei sind besonders die Ähnlichkeit der relevanten Waren in den sich überschneidenden Klassen sowie die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke von Bedeutung. Darüber hinaus sind je nach Einzelfall auch weitere Kriterien relevant, u.a. die Art der betroffenen Waren, der Gesamteindruck der Marken, die im Einzelfall angesprochenen Verkehrskreise und deren zu erwartendes Differenzierungsvermögen beim Erwerb der Waren.
Hinsichtlich der beanspruchten Waren sah das BPatG eine weitgehende Identität. So beanspruchen beide Marken in Klasse 16 Waren wie Papier und Schreibwaren, in Klasse 25 Bekleidungsstücke, insbesondere Trikots und Sportartikel, und in Klasse 28 vor allem Spiele und Spielwaren. In Klasse 24 (Textilwaren) sind die Waren identisch in den Verzeichnissen enthalten.
Keine Differenzierung zwischen Fußballfans
Die Wort-Bild-Marke des „BSG Wismut Aue“ verfügt nach Auffassung des BPatG lediglich über eine durchschnittliche Kennzeichnungskraft – Gegenteiliges wurde von den Parteien auch nicht vorgetragen. Hinsichtlich der angesprochenen Verkehrskreise stellte das BPatG allgemein auf den Fachhandel und Verbraucher* ab, wobei Letztere die Waren beim Einkauf mit durchschnittlicher Aufmerksamkeit betrachteten. Das Argument des „FC Erzgebirge Aue“, dass primär die eigenen Fans angesprochen würden, denen natürlich die Unterschiede in den Logos besonders stark auffallen würden, verwarf das BPatG. Dabei handele es sich „um einen außerhalb des Markenrechts liegenden Umstand, der ohne Belang sei.“
Deutliche Zeichenähnlichkeit zwischen den Logos gegeben
Sodann untersuchte das BPatG die Ähnlichkeit der beiden Zeichen, wobei es maßgeblich auf den Gesamteindruck der Logos abstellte. Den Wortbestandteil „FC ERZGEBIRGE“ beurteilte das BPatG als bloßen geografischen Hinweis auf einen Fußballclub im Erzgebirge und damit als schutzunfähig. Das Gleiche galt grds. auch für den Wortbestandteil „AUE“, in dem die beiden Marken sowohl in klanglicher als auch in schriftbildlicher Hinsicht übereinstimmten. Wegen der identischen und zentralen Positionierung sei dieses Wort jedoch ein nicht zu vernachlässigender Bestandteil im optischen Gesamteindruck der Vereinslogos.
Beim Vergleich der dominierenden Bildelemente sah das BPatG ebenfalls mehrere Übereinstimmungen. So nehme die Marke des „FC Erzgebirge Aue die charakteristische Gestaltung des „FC Wismut Aue“ auf. Insbesondere stimmten die Marken in ihrer Wappenform, den gekreuzten Hämmern und den Längsstreifen überein. Zudem ahme das Logo des „FC Erzgebirge Aue“ die Hell-dunkel-Verteilung der Längsstreifen der „BSG Wismut Aue“-Marke nach. Irrelevant sei, dass das Wismut-Logo lediglich schwarz-weiß sei:
Die farbliche Gestaltung der jüngeren Marke führt nicht aus dem Schutzbereich der schwarz/weiß (sic!) eingetragenen Widerspruchsmarke heraus, da von diesem auch farbige Wiedergaben umfasst werden, solange der Charakter der Marke nicht verändert wird.
Im Ergebnis kam das Zeichen des „FC Erzgebirge Aue“ nach Auffassung des BPatG dem des „BSG Wismut Aue“ unter jedem Aspekt so nahe, dass das Zusammenwirken der Gemeinsamkeiten zu einer unmittelbaren Verwechslungsgefahr führe. Damit sei für die beteiligten Verkehrskreise keine hinreichend sichere Abgrenzbarkeit der beiden Marken gewährleistet. Im Ergebnis konnte der „FC Erzgebirge Aue“ die Löschung der Waren in den sich überschneidenden Klassen 16, 24, 25 und 28 nicht verhindern.
Vorsicht bei der Verwendung bereits bekannter Motive in Bildmarken
Der Fall, der dem BPatG vorlag, war in vielerlei Hinsicht besonders. Das liegt nicht zuletzt an der ungewöhnlichen Vorgeschichte. Unabhängig davon, aus welchem Grund der „FC Erzgebirge Aue“ die Logos seines Vorgängervereins nach der Umbenennung nicht als Marke schützen ließ, war der Ärger wohl vorprogrammiert. Denn egal ob Fußballverein oder ein anderes Unternehmen – Logos werden im Laufe der Zeit immer wieder angepasst, ergänzt und ersetzt. Bei diesem Prozess ist es nicht unüblich, etwa aus Traditionsgründen bestimmte Elemente zu übernehmen oder zu einem späteren Zeitpunkt wiederzubeleben. Daher sollte stets darauf geachtet werden, dass auch an den vergangenen Logos die nötigen Rechte bestehen.
Davon unabhängig ist die Entscheidung des BPatG zur Gestaltung von Logos eine gute Erinnerung daran, dass markenrechtlich i.d.R. auf den Gesamteindruck eines (Wort-)Bild-Zeichens abgestellt wird. Insbesondere Verbraucher analysieren Logos nicht in ihren Einzelheiten, bevor sie ein Produkt kaufen. Das führt häufig dazu, dass bei der Beurteilung der markenrechtlichen Verwechslungsgefahr einzelne Bild- oder Wortelemente von anderen verdrängt und bei der Beurteilung des Gesamteindrucks nicht berücksichtigt werden.
Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Lena Henning erstellt.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.