3. November 2022
Marke Bio Wortneuschöpfung
Markenrecht

Kein Schutz für „BioMarkt“

Die Bezeichnung „BioMarkt“ ist rein beschreibend und kann daher nicht als Marke eingetragen werden.

„BioMarkt“ kann nicht als Unionsmarke eingetragen werden – trotz grafischer Gestaltung. „BioMarkt“ ist also nichts weiter als ein „Markt“ mit „Bio“-Produkten und mithin keine Marke, sondern rein beschreibend. Auch Wortneuschöpfungen können rein beschreibend sein. 

Fragt man den Verkehr, wo man bspw. Bio-Nudeln kaufen kann, dürften einige mit „im Biomarkt“ antworten. Damit sei nach Ansicht des Gerichts der Europäischen Union (EuG) aber nicht ein bestimmter, sondern irgendein Supermarkt, der Bio-Produkte anbietet, gemeint.

Das EUIPO lehnte die Eintragung der Marke „BioMarkt“ ab

Mit Urteil vom 13. Juli 2022 (Az. T-641/21) entschied das EuG, dass das zuständige Amt für die Eintragung von Unionsmarken (EUIPO) zu Recht die Eintragung der Wort-/Bildmarke „BioMarkt“ abgelehnt hat. Der Verkehr fasse die Bezeichnung nicht als Hinweis auf die betriebliche Herkunft von bestimmten Waren oder Dienstleistungen auf, sondern verstehe darunter lediglich die Beschreibung einer Verkaufsstätte („Markt“), in der ökologische Produkte („bio“) angeboten werden. Es liege daher ein absolutes Eintragungshindernis gem. Art. 7 Abs. 1c Unionsmarkenverordnung (UMV) vor. 

Nach der Vorschrift sind solche Marken von der Eintragung ausgeschlossen, die ausschließlich aus Zeichen oder Angaben bestehen, die im Verkehr zur Bezeichnung der Art, der Beschaffenheit, der Menge, der Bestimmung, des Wertes, der geografischen Herkunft oder der Zeit der Herstellung der Ware oder der Erbringung der Dienstleistung oder zur Bezeichnung sonstiger Merkmale der Ware oder Dienstleistung dienen können. Nach der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) sollen Zeichen oder Angaben, die die jeweiligen Waren oder Dienstleistungen lediglich beschreiben, von allen frei verwendet werden können und nicht aufgrund ihrer Eintragung als Marke einem bestimmten Unternehmen vorbehalten werden. 

Auch Wortneuschöpfungen können rein beschreibend sein

Die Klägerin war der Ansicht, dass die Bezeichnung „BioMarkt“ schon nicht rein beschreibend sein könne, da es sich um eine Wortneuschöpfung und einen von ihr erfundenen Fantasiebegriff handele. Das EuG hielt dagegen. Eine Wortneuschöpfung, die aus mehreren jeweils beschreibenden Wortbestandteilen besteht, sei nur dann nicht beschreibend, wenn die Aneinanderreihung dieser Begriffe einen anderen Gesamteindruck als den der Summe dieser Bestandteile ergibt. Hier sei kein anderer Gesamteindruck entstanden. Die Bezeichnung „BioMarkt“ sei eine einfache Kombination zweier Begriffe, die den Grammatikregeln der deutschen Sprache entspreche.

Nicht entscheidend sei – so das Gericht –, ob der Begriff im deutschen Rechtschreibwörterbuch Duden eingetragen sei. Auch bei fehlender Eintragung könne ein beschreibender Charakter des Begriffes angenommen werden.

Bildelemente unterstreichen hier lediglich den beschreibenden Charakter der Marke

Auch die Kombination des Begriffs mit Bildelementen konnte der Marke nicht zur Eintragung verhelfen. Die streitgegenständliche Marke verfügt neben den Wortelementen auch über verschiedene grafische Elemente (ID 018309662). Die Gestaltung zeigt insbesondere die zwei Begriffe „Bio“ und „Markt“ in unterschiedlicher Größe und in den Farben Braun und Grün. Daneben werden statt eines i-Punktes über den Buchstaben „io“ zwei dunkelbraune Blätter dargestellt.

Auch unter Berücksichtigung dieser bildlichen Gestaltung bewertete das EuG die Marke als rein beschreibend.

Sofern ihre grafischen Elemente es nicht ermöglichen, die maßgeblichen Verkehrskreise von der durch den Wortbestandteil übermittelten beschreibenden Botschaft abzulenken,

weise die Marke einen beschreibenden Charakter auf. Die Bildelemente könnten aus Sicht der maßgeblichen Verkehrskreise weder von der Bedeutung der angemeldeten Marke in Bezug auf die betreffenden Waren oder Dienstleistungen ablenken noch diese Bedeutung verändern. Die Stilisierung des Wortbestandteils sei dafür zu banal.

Auch die weiteren Bildelemente, nämlich die Darstellung von Blättern über den Buchstaben „i“ und „o“ im Wort „Bio“ als Ersatz für den i-Punkt und die Einfassung in einen grünen Kreis, könnten die Aufmerksamkeit der Verbraucher* von den beschreibenden Bestandteilen der Anmeldemarke nicht ablenken. Die Gestaltung sei vielmehr geeignet, den beschreibenden Charakter des Wortbestandteils „BioMarkt“ zu verstärken: Elemente wie Blätter und die Farbe Grün würden häufig verwendet, um auf die biologische oder ökologische Herkunft von Waren oder Dienstleistungen zu verweisen.

Oder heißt es „BiöMarkt“? – Die Marke bleibt beschreibend

Die Klägerin trug ferner vor, dass ihre Gestaltung der Buchstaben „i“ und „o“ im Markenbestandteil „bio“ in diversen Weisen interpretiert werden könne. Der Verkehr könne darin auch die Ziffer 10, ein Gesicht mit einem Scheitel oder einen Schnurrbart über einem Mund sehen. Auch könnten die bildlichen Elemente auf eine alternative Aussprache wie „b10“, „b1o“, „b1ö“ oder „biö“ hinweisen. 

Der Vortrag blieb erfolglos. Es sei ohne Bedeutung – so das EuG –, dass es für einen Begriff mehrere mögliche Interpretationen gebe. Für die Bewertung, ob es sich um einen beschreibenden Begriff handele, sei ausreichend, wenn der Begriff „zumindest in einer seiner Bedeutungen ein Merkmal der beanspruchten Ware bezeichnet“.

„Bio“ ist auch bei Markenanmeldungen im Trend 

Das Interesse an Biomärkten ist so groß wie nie. Nicht nur für den Biohandel ist es erfreulich, dass das Bewusstsein in der Gesellschaft für einen nachhaltigeren Lebensstil – der häufig auch den Konsum von Bio-Produkten umfasst – immer größer wird. Auch politisch ist diese Entwicklung gewollt: Bis 2030 sollen gem. der Zielsetzung des Koalitionsvertrages 30 % des landwirtschaftlichen Anbaus ökologisch sein. 

Markenanmelder, die eine „Bio-Marke“ eintragen möchten, müssen sich hingegen wappnen: Während in der Vergangenheit noch verschiedene „Bio-Marken“, also Marken mit dem Wortbestandteil „Bio“, eingetragen wurden, ist das EUIPO heute strenger. Das Bewusstsein des Verkehrs und das Interesse an der ökologischen und biologischen Herkunft von Waren und Dienstleistungen verhindern eine Eintragung dieser Bezeichnung in Alleinstellung oder in Kombination mit weiteren, wiederum nur rein beschreibenden Begriffen. Was im Jahr 2002 noch innovativ und herkunftsweisend war (ein grün-weißer „Biomarkt“ als Marke), wird vom Verkehr heute – zumindest nach der nun geltenden Markenpraxis auf Unionsebene – nur noch als Markt für Bio-Produkte verstanden und kann daher nicht mehr als Marke eingetragen werden. 

Kann ich noch „Bio-Marken“ eintragen lassen?

Für die Eintragung von Marken mit dem Wortbestandteil „Bio“ bedarf es daher künftig zumindest vor dem Amt der Europäischen Union noch mehr kreativer Wortneuschöpfung oder grafischer Gestaltung. Die beschreibende Bedeutung des Begriffes muss in den Hintergrund treten. 

Selbst ähnliche eigene Markeneintragungen helfen Markenanmeldern nicht (zwangsläufig), identische Begriffe auch nach Jahren noch als Marken eintragen zu lassen. Diese könnten sich – so das Gericht in dieser Entscheidung – nicht darauf berufen, dass ähnliche Marken, die ebenfalls den Wortbestandteil „bio“ enthalten, früher vom EUIPO eingetragen wurden. Das Gericht sei nicht an die Entscheidungspraxis des EUIPO gebunden. Das EUIPO müsse zwar

seine zu ähnlichen Anmeldungen ergangenen Entscheidungen berücksichtigen und besonderes Augenmerk auf die Frage richten, ob im gleichen Sinne zu entscheiden ist oder nicht.

Dabei müsse das Amt aber in jedem Fall eine Einzelfallentscheidung treffen und diese Grundsätze mit dem Grundsatz des rechtmäßigen Handelns in Einklang bringen. 

Diese Amtspraxis sollten Unternehmen mithin bei der Neugestaltung von Unternehmens- oder Produktlogos immer im Hinterkopf behalten. Sicherlich kann auch eine jahrelange Benutzung einer Marke im Verkehr zu deren Eintragung aufgrund von erworbener Unterscheidungskraft führen, selbst für beschreibende Begriffe. Darauf berief sich die dennree GmbH vorliegend jedoch nicht. 

Bei der Markenschöpfung ist daher noch mehr Kreativität gefragt, um dem Eintragungshindernis des beschreibenden Charakters i.S.d. Art. 7 Abs. 1c UMV zu entkommen. Eine grüne Farbgestaltung und grafische Elemente in Form von Blättern reichen dafür nicht mehr aus. 

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: beschreibende Begriffe bio Markenrecht Nachhaltigkeit Wortneuschöpfung