18. Juni 2021
Markenanmeldung Bösgläubigkeit
Markenrecht

Bösgläubigkeit bei wiederholter Anmeldung eines identischen Zeichens für identische Waren/Dienstleistungen

Wer eine identische Marke für identische Waren und Dienstleistungen in der Absicht einer künstlichen Verlängerung der Benutzungsschonfrist anmeldet, erfüllt den Tatbestand der Bösgläubigkeit.

Das EuG bestätigte eine Entscheidung der Beschwerdekammer des EUIPO: Die Intention einer Markenanmelderin, die Benutzungsschonfrist zu verlängern und auf diesem Wege die Obliegenheit zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Marke zu umgehen, lasse auf eine Bösgläubigkeit schließen.

Unternehmen wendet sich gegen wiederholte Anmerkungen der Marke „MONOPOLY“ aufgrund angeblicher Bösgläubigkeit der Inhaberin

Gegenstand des Rechtsstreits ist die für Brettspiele bekannte Marke „MONOPOLY“ (im Folgenden: „Unionsmarke“ oder „Unionsmarkenanmeldung“). Zum Zeitpunkt der Unionsmarkenanmeldung bestanden bei der Anmelderin drei ältere Unionswortmarken „MONOPOLY“, registriert in den Jahren 1998, 2009 und 2010 für zum Teil identische Waren und Dienstleistungen wie die streitgegenständliche Unionsmarkenanmeldung. 

Ein kroatisches Unternehmen (im Folgenden: „Antragstellerin“) stellte einen Antrag auf Erklärung der Nichtigkeit der Unionsmarke gemäß Art. 52(1)(b) UMV aF (Art. 59(1)(b) UMV nF) wegen Bösgläubigkeit. Die Antragstellerin trug vor, die Wortmarke „MONOPOLY“ sei eine wiederholte Anmeldung der beim EUIPO bereits zur Eintragung gebrachten Wortmarken „MONOPOLY“. Mit der Neuanmeldung sei lediglich eine Verlängerung der Benutzungsschonfrist bezweckt. 

Die Löschungsabteilung des EUIPO wies den Löschungsantrag zurück. Der Umstand, dass die Unionsmarke Nr. 9071961 „MONOPOLY“ ein breites Waren- und Dienstleistungsverzeichnis schütze und innerhalb eines Zeitraumes von 14 Jahren erneut angemeldet wurde, erlaube per se noch keinen Hinweis auf eine etwaige Bösgläubigkeit. Der Antragstellerin sei es zudem nicht gelungen, eine Bösgläubigkeit der Markeninhaberin zum Anmeldezeitpunkt nachzuweisen. 

Die gegen diese Entscheidung eingelegte Beschwerde hatte Erfolg. Die Beschwerdekammer des EUIPO ordnete die Löschung der Unionsmarke für die von den älteren Marken bereits erfassten Waren und Dienstleistungen an. 

Neuanmeldung lasse nicht per se eine Bösgläubigkeit vermuten 

Das EuG (Urteil vom 21. April 2021 – T-663/19) teilt die Ansicht der Beschwerdekammer des EUIPO. 

Dabei unterstreicht es zunächst, dass die Neuanmeldung eines identischen Zeichens für identische Waren und Dienstleistungen dem Grunde nach nicht als bösgläubig i.S.d. Art. 59(1)(b) UMV anzusehen sei. 

Eine Bösgläubigkeit könne vielmehr nur dann im Einzelfall festgestellt werden, wenn es schlüssige und übereinstimmende objektive Indizien dafür gebe, dass der Anmelder der betreffenden Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung die Absicht hatte, entweder in einer den redlichen Handelsbräuchen widersprechenden Weise Drittinteressen zu schaden oder sich auch ohne Bezug zu einem konkreten Dritten ein ausschließliches Recht zu anderen als zu den zur Funktion einer Marke gehörenden Zwecken zu verschaffen. Grundsätzlich dürfe die gesetzlich vorgesehene fünfjährige Benutzungsschonfrist nicht durch Neuanmeldungen umgangen bzw. künstlich verlängert werden, da es sich bei den eingeräumten fünf Jahren um einen angemessenen Zeitraum handele, die Benutzung einer Marke vorzubereiten und zu beginnen. Maßgeblich seien jedoch die Absichten des Anmelders zum Zeitpunkt der Markenanmeldung. 

Bösgläubigkeit jedoch bei Intention, die Benutzungsschonfrist durch Neuanmeldungen zu verlängern

Die in dem Beschwerdeverfahren vor dem EUIPO vorgetragene Intention der Markenanmelderin, die Benutzungsschonfrist zu verlängern und auf diesem Wege die Obliegenheit zum Nachweis der rechtserhaltenden Benutzung der Marke zu umgehen, lasse nach Ansicht des EuG auf eine Bösgläubigkeit zum Zeitpunkt der Anmeldung der Unionsmarke „MONOPOLY“ schließen. Die von Hasbro ebenfalls vorgetragenen Argumente, unter anderem, dass die Anmeldung von Wiederholungsmarken zwecks Verlängerung der Benutzungsschonfrist übliche Praxis sei, dass die streitgegenständliche Unionsmarke „MONOPOLY“ nicht erst kurz vor Ablauf der Benutzungsschonfristen der älteren „MONOPOLY“-Marken angemeldet worden sei und dass der Rat eines Anwalts befolgt wurde, könne die Bösgläubigkeit nicht ausräumen. 

Bösgläubige Markenanmeldung ist wiederholt Thema von Streitigkeiten

Die Entscheidung trägt zur Rechtsfortbildung und -sicherheit hinsichtlich des Begriffes der Bösgläubigkeit bei.

Da der Begriff der Bösgläubigkeit in der UMV nicht definiert wird, obliegt seine Auslegung und Entwicklung der Rechtsprechung. Als richtungsweisende Entscheidungen seien diesbezüglich unter anderem die Entscheidung des EuGH „Chocoladenfabriken Lindt & Sprüngli“ (C-529/07), in der die grundlegenden Kriterien für das Vorliegen von Bösgläubigkeit entwickelt worden sind, die Entscheidung des EuG „Pelikan“ (T-136/11), in der das Gericht zu der Bösgläubigkeit einer Markenneuanmeldung zur künstlichen Verlängerung der Benutzungsschonfrist Stellung genommen hat sowie die Entscheidung des EuGH „Sky/SkyKick“ (C-371/18) genannt, in der es um die Intention der Benutzung einer Marke zum Zeitpunkt ihrer Anmeldung ging. 

Vorsicht bei der Anmeldung von Neuanmeldungen identischer Zeichen für identische Waren/Dienstleistungen

Die vorliegende, in Teilen bemerkenswerte, Entscheidung gibt den Markeninhabern und -anmeldern praktische Hinweise an die Hand – auch wenn die besonderen Umstände des zu beurteilenden Falles, nämlich der sicherlich nicht zuträgliche eigene Vortrag der Markenanmelderin, nicht vernachlässigt werden sollten. 

So dürfte bei Neuanmeldungen identischer Zeichen und identischer Waren/Dienstleistungen die Gefahr einer Löschungsreife aufgrund Bösgläubigkeit naheliegen. Hinsichtlich der Waren und Dienstleistungen stellt das EuG vorliegend klar, dass eine Identität grds. auch bei einer Verwendung synonymer Begriffe besteht. Ob eine Neuanmeldung unmittelbar vor oder nach Ablauf der Benutzungsschonfrist der älteren Marke(n) vorgenommen wird, mag interne taktische Gründe haben (etwa im Hinblick auf die Vermeidung des Entstehens von Zwischenrechten), dürfte aber im Lichte der Rechtsprechung eine eher untergeordneten Relevanz bei der Feststellung der Bösgläubigkeit haben. 

Möglicherwiese kann jedoch mithilfe einer Dokumentation einer tatsächlich vorliegenden oder geplanten Benutzungsabsicht bei Neuanmeldung einer identischen Marke für identische Waren/Dienstleistungen den Indizien einer Bösgläubigkeit entgegen getreten werden. Die (wohl in der Praxis eher seltene) Aufgabe der älteren Marke(n) dürfte ebenfalls als Indiz gegen eine Bösgläubigkeit zu werten sein. 

Die Neuanmeldung einer Abwandlung aufgrund einer Modernisierung der ursprünglichen Marke(n) bleibt – die legitimen Interessen des Anmelders unterstellt – auch nach der vorliegenden Entscheidung des EuG zum Schutze der geschäftlichen Weiterentwicklung des Anmelders grds. möglich.    

Tags: Benutzungsschonfrist Bösgläubigkeit Markenanmeldung Neuanmeldung