Wer Marken ausschließlich zur Behinderung von Wettbewerbern anmeldet, der handelt bösgläubig – das entschied erneut das BPatG.
Die Anmeldung einer Marke entfaltet zwangsläufig eine Sperrwirkung für Mitbewerber. Denn nur wenn der Anmelder ein Ausschließlichkeitsrecht an seiner Marke behaupten kann, erfüllt die Marke ihre Herkunfts- und Unterscheidungsfunktion.
Diese Sperrwirkung kann jedoch auch ausgenutzt werden, um Konkurrenten gezielt im Wettbewerb zu behindern. Aus diesem Grund sieht das Markenrecht einen Löschungsgrund für Marken vor, die bösgläubig eingetragen wurden. Mit dem schillernden Begriff der „Bösgläubigkeit″ hat sich das Bundespatentgericht (BPatG) in seinem Beschluss vom 28. Mai 2020 (30 W (pat) 16/17) auseinandergesetzt.
Langjähriger Markenstreit um ein Klebstoffgemisch
Gegenüber stehen sich zwei deutsche Unternehmen, die um die Marke „Trisolen″ für einen Klebstoff streiten. Die Antragstellerin wirft der Antragsgegnerin vor, diese Marke mit der einzigen Absicht angemeldet zu haben, die Antragstellerin beim Vertrieb des gleichnamigen Klebstoffs zu behindern. Sie hat daher die Löschung der Marke beantragt.
Dem Streit liegt eine Geschäftsbeziehung zweier Unternehmen zugrunde, die bis ins Jahr 2000 zurückreicht. Damals schloss die Antragsgegnerin, ein deutsches Unternehmen der Kunststoff- und Chemiebranche, eine Vertraulichkeitsvereinbarung mit einem russischen Unternehmen. Gegenstand der Vereinbarung war die Herstellung eines von dem russischen Unternehmen entwickelten Klebstoffgemischs. Beide Unternehmen arbeiteten mehrere Jahre zusammen, wobei die Antragsgegnerin u.a. für den Export des Klebers von Deutschland nach Russland und in die Ukraine zuständig war.
Im Jahr 2013 kam es zwischen den Geschäftspartnern zu Differenzen, was im November 2013 zu einem Bruch führte. Bereits Mitte 2013 fand das russische Unternehmen in der Antragstellerin einen neuen deutschen Vertriebspartner. Einer Vereinbarung mit der Antragstellerin zufolge sollte die Klebemischung „laut TRISO-Formel″ hergestellt und unter dem Handelsnamen „Trisolen″ vertrieben werden. Zudem wurde die Antragstellerin zur Anmeldung einer deutschen Marke „Trisolen″ ermächtigt.
Anfang 2014 meldete jedoch die nunmehr aus der Geschäftsbeziehung ausgeschiedene Antragsgegnerin die Marke „Trisolen″ in Deutschland an. Gegen die gleichnamige Markenanmeldung der Antragstellerin ein Jahr später ging die Antragsgegnerin im Wege des Widerspruchs vor. Als Reaktion beantragte die Antragstellerin die Löschung der Marke wegen Bösgläubigkeit.
Bösgläubigkeit, wenn Wettbewerbsbehinderung den einzigen Zweck der Anmeldung darstellt
Das BPatG hat die Markenanmeldung durch die Antragsgegnerin als bösgläubig gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 14 MarkenG gewertet. Bösgläubig ist eine Anmeldung, wenn sie rechtsmissbräuchlich oder sittenwidrig erfolgt. Die markenrechtliche Bösgläubigkeit wird dabei anders als im bürgerlichen Recht ausgelegt: Maßgeblich ist eine kennzeichenrechtliche Betrachtung, insbesondere bedarf es einer wettbewerbsrechtlichen Unlauterkeit. Erfasst werden solche Marken, deren Anmeldung allein die Behinderung einer Wettbewerbsposition Dritter zum Ziel hat.
Das BPatG betonte, dass es für eine Bösgläubigkeit noch nicht ausreiche, dass der Anmelder um die Zeichennutzung durch einen Konkurrenten wisse. Vielmehr müssten besondere Umstände hinzutreten, die das Verhalten wettbewerbswidrig erscheinen ließen. Als Beispiel nennt das BPatG die Absicht, den weiteren Gebrauch des Zeichens durch den Konkurrenten zu sperren. In diesem Fall würde die markenrechtliche Sperrwirkung zweckentfremdet und als Mittel des Wettbewerbskampfes eingesetzt. Die maßgebliche Grenze sei dann überschritten, wenn das Verhalten des Anmelders bei objektiver Gesamtbetrachtung nicht auf die Förderung des eigenen Wettbewerbs, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung des Mitbewerbers gerichtet ist.
Kennen und Kennenmüssen des Behinderungspotenzials einer Markenanmeldung
Diese Voraussetzungen sah das BPatG in dem geschilderten Fall als erfüllt an. Die Antragsgegnerin habe durch die lange Zusammenarbeit gewusst, dass der Klebstoff unter dem Handelsnamen „Trisolen″ vertrieben wurde. Insbesondere habe die Antragsgegnerin das russische Unternehmen in der Vertraulichkeitsvereinbarung aus dem Jahr 2000 als Patentinhaberin der unter der Bezeichnung „Trisolen″ bekannten Klebstoffmischung anerkannt. Bei Beendigung der Geschäftsbeziehung hätte es sich der Antragsgegnerin aufdrängen müssen, dass sich das russische Unternehmen einen neuen deutschen Vertriebspartner sucht.
Irrelevant sei, ob die Antragsgegnerin wusste, wer konkret für den zukünftigen Vertrieb des Klebstoffs zuständig sei. Es reiche vielmehr aus, dass die Antragsgegnerin die Benutzungsabsicht des russischen Unternehmens kannte und damit um das Behinderungspotenzial der Markenanmeldung wusste. Das BPatG sah daher in der Markenanmeldung primär die Absicht, sich eine registerrechtliche Rechtsstellung zu sichern, die im Krisenfall missbraucht oder gegen die ehemalige Geschäftspartnerin oder etwaige neue Vertriebspartner wie die Antragstellerin eingesetzt werden könne.
Marken dürfen nicht als Druckmittel gegen Konkurrenten missbraucht werden
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass der Nichtigkeits- und Löschungsgrund der Bösgläubigkeit nicht unterschätzt werden darf. „Strategische″ Markenanmeldungen, insbesondere während Auseinandersetzungen zwischen Unternehmen, sind keine Seltenheit. Auch in diesem Fall waren die beiden Verfahrensparteien in langjährige Streitigkeiten verwickelt, in denen die Markenanmeldung nur eine von mehreren Episoden darstellte. Das war auch dem BPatG bewusst, das ausdrücklich klarstellte, dass derartige Markenanmeldungen kein zulässiges „Druckmittel″ zur Klärung dieser Streitigkeiten darstellten.
Die zum Teil harte Linie des Gerichts mag auch darin begründet sein, dass die Antragsgegnerin nur sehr spärlich vortrug und auch der mündlichen Verhandlung – angekündigt – fernblieb. Insbesondere hatte die Antragsgegnerin keine Gründe dafür vorgetragen, dass die Markenanmeldung der Förderung ihrer eigenen Wettbewerbssituation diene.
In diesem Sinne ist die Argumentation des BPatG nachvollziehbar und das Ergebnis, die Löschung der Marke, nur folgerichtig.