8. September 2017
Whistleblowing
Markenrecht

Die Marke und der Schnüffler – Teil III: Die zivilrechtlichen Ansprüche im Strafverfahren

Täter-Opfer-Ausgleich, Adhäsionsverfahren und Rückgewinnungshilfe: So können Markenrechtsinhaber zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren durchsetzen.

Markenrechtsverletzungen sind strafbar. Den Tätern droht wegen der Straftaten aber nicht nur der Freiheitsentzug, sondern auch der wirtschaftliche Ruin. Denn parallel zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter können und sollten Markenrechtsinhaber auch ihre zivilrechtlichen Ansprüche gegen den Täter geltend machen.

Neben dem „klassischen Weg“, zivilrechtliche Ansprüche im Wege eines Zivilverfahrens zu verfolgen, können Markenrechtsinhaber diese auch ins Strafverfahren einbringen. Die konsequente Mitwirkung von Markenrechtsinhabern am Strafverfahren kann daher nicht nur der Strafverfolgung dienen und zur individuellen Aufklärung beitragen oder generelle Abschreckungswirkung entfalten. Sondern sie kann insbesondere auch zur privilegierten Geltendmachung und Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche führen.

Zudem sollten und können Markenrechtsinhaber die Ermittlungsbehörden bei der Aufarbeitung und Verfolgung der Straftaten aktiv unterstützen. Dies ist in Anbetracht der immer professioneller agierenden Fälscherringe und der jährlichen Schäden von knapp 500 Milliarden US-Dollar geboten und auf vielfache Art und Weise möglich.

Der Täter-Opfer-Ausgleich

Bereits im Stadium des Ermittlungsverfahrens kann die Möglichkeit eines Täter-Opfer-Ausgleiches für Beschuldigte und Verletzte gleichermaßen interessant sein. Für den Verletzten bedeutet es die Möglichkeit einer zügigen Schadenswiedergutmachung; und das auch ohne einen etwaig langwierigen Gerichtsprozess anstrengen zu müssen. Für den Beschuldigten hingegen führt der Täter-Opfer-Ausgleich zur Strafmaßreduzierung.

Zivilrechtliche Titel im Wege des strafverfahrensrechtlichen Adhäsionsverfahrens

Vielfach unterschätzt wird meist die Möglichkeit von Verletzten, im Wege des Adhäsionsverfahrens gemäß § 403 StPO geeignete zivilrechtliche Ansprüche im Strafverfahren geltend zu machen.

Das Strafgericht entscheidet dann in seinem Strafurteil über einen zivilrechtlichen Anspruch und verschafft dem Verletzten unmittelbar einen vollstreckbaren Titel. In geeigneten Fällen können Täter und Verletzter auch im Strafverfahren einen Gerichtsvergleich schließen. Eines gesonderten zivilrechtlichen Erkenntnisverfahrens bedarf es in beiden Fällen nicht mehr.

Kommt es indes zur Ablehnung des Adhäsionsantrages oder zum Freispruch des Angeklagten, ist der Zivilrechtsweg des Verletzten weiterhin eröffnet. Als Mittel des Strafverfahrens unterliegt das Adhäsionsverfahren zudem – was nicht zu unterschätzen sein sollte – dem strafverfahrensrechtlichen Amtsermittlungsgrundsatz gem. § 244 Abs. 2 StPO. Anders als im Zivilverfahren sichert, erforscht und wertet das Strafgericht damit selbständig die Beweise aus, vernimmt beispielsweise Zeugen und gibt Gutachten in Auftrag.

Privilegierte Zwangsvollstreckung im Rahmen der Rückgewinnungshilfe

Insbesondere aber im Rahmen der zivilrechtlichen Zwangsvollstreckung bietet das Strafverfahren besondere Möglichkeiten zur Rechtsdurchsetzung. Der Verletzte sieht sich mit seinem erwirkten Titel zumeist dem Problem ausgesetzt, dass nach Durchführung der staatsanwaltlichen Maßnahmen (Festnahme und Sicherstellungen) keine Vermögenswerte mehr verbleiben, in die er die Zwangsvollstreckung betreiben könnte.

Im Wege der strafprozessualen Rückgewinnungshilfe ist es dem Verletzten dann aber möglich, privilegiert auf die von der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren gesicherten Vermögenswerte zuzugreifen. Dabei kann es sich bei gewerblich handelnden Tätern von internationalen Fälschungsringen mitunter um beträchtliche Vermögenswerte handeln (insb. Bargeld, gepfändete Konten und Grundstücke).

Aufgrund der durch die Sicherstellung begründeten relativen Unwirksamkeit von Vollstreckungsmaßnahmen Dritter hätte der Verletzte normalerweise keinen unmittelbaren Zugriff auf die gesicherten Vermögenswerte. Diese relative Unwirksamkeit gegenüber dem staatlichen Verfallsanspruch kann jedoch zu Gunsten von Verletzten aufgehoben werden. Der Verletzte kann sodann mit seinem vollstreckbaren Titel ungehindert die Zwangsvollstreckung in die gesicherten Vermögenswerte betreiben.

Zu beachten ist allerdings, dass mit Inkrafttreten des Gesetzes zur Reform der strafrechtlichen Vermögensabschöpfung die Vermögensabschöpfung und die Rückgewinnungshilfe mit Wirkung zum 1. Juli 2017 grundlegend geändert wurden. Aufgrund des Rückwirkungsverbotes gilt das alte Recht für die zu diesem Zeitpunkt bereits rechtskräftig abgeschlossenen „alten“ Verfahren aber weiter.

Fazit: Rechteinhaber sollten die vielfältigen Möglichkeiten nutzen, ihre zivilrechtlichen Ansprüche auch im Strafverfahren einzubringen

Von der Einleitung des Strafverfahrens bis hin zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche, die Mitwirkungsmöglichkeiten von Unternehmen im Strafverfahren sind vielfältig. Die Möglichkeiten des Adhäsionsverfahrens und die der Rückgewinnungshilfe bleiben dabei von Unternehmen zu Unrecht vielfach ungenutzt.

Beides sind zusätzliche Möglichkeiten der Rechtsdurchsetzung, wirksam und vor allem effizient zivilrechtliche Ansprüche aus einer Straftat geltend zu machen und durchzusetzen. In diesem Bereich sind nur wenige Unternehmen vorbildlich gegen die Herausforderungen im Umgang mit einer immer enger zusammenwachsenden globalen Fälschungsindustrie gerüstet.

In unserer Beitragsreihe zeigen wir die Möglichkeiten von Markenrechtsinhabern auf, um gegen Produktpiraterie vorzugehen. Im ersten Teil haben wir dargestellt, dass Markenrechtsverletzungen strafbar sind. Der zweite Teil der Beitragsreihe erklärt die Folgen der Produktpiraterie und die Möglichkeit, als Markenrechtsinhaber an der Strafverfolgung mitzuwirken.

Tags: Strafverfahren zivilrechtliche Ansprüche