Taler du dansk? In Deutschland ist Dänisch sicher nicht die verbreitetste Fremdsprache. Markenrechtlich betrachtet können wir vielleicht aber mehr Dänisch als wir glauben.
Bei der Entwicklung von Marken werden häufig fremdsprachige Begriffe verwendet. So finden sich z.B. viele englischsprachige Zeichen im deutschen Markenregister – nicht zuletzt Beleg dafür, dass die englische Sprache fast schon selbstverständlich Bestandteil unseres Alltags ist.
Wie verhält es sich aber mit Wörtern anderer Fremdsprachen, die in Deutschland als Marke geschützt werden sollen? Ein Beschluss des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 4. August 2021 (Az. 29 W (pat) 527/18) führt uns ins Dänische.
Antreten zum Vokabeltest: „Behaglichkeit″ auf Dänisch
Für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen der Klassen 9, 16, 35, 38, 41 und 42 war bei dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) eine Wort-/Bildmarke „hygge″ angemeldet worden. Das DPMA wies die Markenanmeldung zurück: Das dänische Wort „hygge″ werde ohne weiteres im deutschen Sprachgebrauch als „Gemütlichkeit″ oder „Behaglichkeit″ verstanden. Für die von der Markenanmeldung umfassten Waren und Dienstleistungen sei die Bedeutung des Wortes „hygge″ somit lediglich eine werbliche Anpreisung. Damit fehle es dem Zeichen „hygge″ an der erforderlichen markenrechtlichen Unterscheidungskraft.
Hiergegen legte die Markenanmelderin Beschwerde beim BPatG ein.
Duden und Wikipedia können maßgeblich für eine Prüfung des beschreibenden Inhalts der Marke herangezogen werden
Auch nach Auffassung des BPatG hat das ursprünglich dänische Wort „hygge“ längst Einzug in den deutschen Sprachgebrauch gehalten. Hierzu stellte das Gericht fest, dass das Wort „hygge“ mit einigem zeitlichen Abstand vor der strittigen Markenanmeldung in den Duden eingetragen wurde. Eine solche Aufnahme in den Duden spreche per se für eine gängige Verwendung in der deutschen Sprache. Weiterhin existierte auch schon vor dem Anmeldetag der Wort-/Bildmarke „hygge″ der deutsche Wikipedia-Eintrag „hyggelig“. Damit sei klar, dass das dänische Wort „hygge″ von den relevanten Verkehrskreisen in seiner Bedeutung ohne Weiteres verstanden werde.
Gleichwohl verwies das BPatG darauf, dass für die Eintragungsfähigkeit als Marke jede noch so minimale Unterscheidungskraft genüge. Unter diesem Aspekt hielt daher das BPatG in Abweichung zum DPMA die erforderliche Unterscheidungskraft für einige von der Markenanmeldung umfassten Waren und Dienstleistungen gegeben. Denn das BPatG betrachtete die einzelnen Waren und Dienstleistungen differenzierter als das DPMA unter dem Aspekt, inwiefern das durch „hygge“ bestimmte Lebensgefühl diese beschreiben könnte.
Flurumfrage – Was heißt „hygge″?
Die Entscheidung zeigt auch, dass die unter Markenrechtlern beliebte „Flurumfrage″ ihre Daseinsberechtigung hat: Ganz auf Linie des DPMA und BPatG waren bei einer Blitzumfrage unter den aktuellen Praktikantinnen und Praktikanten bei CMS in Stuttgart das Wort „hygge“ und dessen ungefähre Bedeutung fast ausnahmslos allen bekannt. Mit solchen einfachen Mitteln lassen sich die Erfolgsaussichten von Markenanmeldungen häufig überraschend belastbar prognostizieren.
Und für die Markenanmelderin bleibt zu hoffen, dass sie sie trotz ihres lediglichen Teilerfolgs vor dem BPatG zu ihrem unternehmerischen „hygge“-Leben zurückfindet!