Das Bundespatentgericht nimmt eine ungewöhnliche Marke zum Anlass, rhetorische Stilmittel im Markenrecht genauer zu betrachten.
Ein beliebtes Instrument der Werbung ist das Spiel mit der Sprache. Insbesondere intelligente Wortspiele, der Bruch mit Grammatikregeln und ausgefallene Wortschöpfungen regen zum Nachdenken an und schaffen Wiedererkennungswert. Aus diesem Grund sind derartige Mittel auch im Markenrecht von Relevanz. Unter Berufung auf ähnliche sprachliche Finessen versuchte eine Spirituosen-Manufaktur die Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ als Marke in den Klassen 32 (u.a. Biere und nichtalkoholische Getränke), 33 (u.a. Spirituosen) und 43 (u.a. Verpflegung von Gästen) in das deutsche Markenregister eintragen zu lassen.
Dies lehnte das Deutsche Patent- und Markenamt (DPMA) für die Klasse 32 wegen mangelnder Unterscheidungskraft ab. Nach Auffassung des DPMA ist eine Wiederholung des Wortes „Ei“ ein bloßer Ausdruck von Emotionen, die das Produkt beim Konsumenten* erwecken soll. Hiergegen legte die Anmelderin Beschwerde ein, die das Bundespatentgericht (BPatG) mit Beschluss vom 18. Juli 2022 (26 W [pat] 514/21) jedoch zurückwies. Das BPatG nutzte die Gelegenheit und bewertete diverse rhetorische Stilmittel aus markenrechtlicher Sicht.
Das „Ei“ als Beschaffenheitsmerkmal
Auch das BPatG verneinte die Unterscheidungskraft der Wortfolge als Marke. Die Unterscheidungskraft ist die Eignung einer Marke, die gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen einem konkreten Unternehmen zuordnen und von anderen Unternehmen differenzieren zu können. Allgemeingebräuchliche Redewendungen, reine Produktbeschreibungen und sonstige generische Bezeichnungen werden von den angesprochenen Verkehrskreisen nicht als Herkunftshinweis verstanden und eignen sich daher nicht als Marke.
Diese Problematik sah das BPatG bei der Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ gleich in mehrfacher Hinsicht als gegeben. Zunächst stellte das Gericht fest, dass der Begriff „Ei“ in der Alltagssprache ein menschliches oder tierisches Produkt, insbesondere das klassische von Vögeln gelegte Ei bezeichne. Als solches seien Eier Bestandteil sowohl von alkoholischen als auch nichtalkoholischen Getränken. Folglich beschreibe der Begriff „Ei“ in gewisser Weise die Waren und Dienstleistungen der beanspruchten Klassen 32, 33 und 43.
Keine Unterscheidungskraft bei Marken durch die Verwendung rhetorischer Stilmittel
Neben der bloßen Beschreibung eines Produkts werde die Bezeichnung „Ei“ jedoch auch als sog. Interjektion verwendet. Darunter sind solche Begriffe zu verstehen, die als Ausruf oder zur pointierten Äußerung von Empfindungen verwendet werden. Als Beispiel verwies das BPatG auf die in der Interaktion mit Kindern häufig verwendete Liebkosungsformel „ei machen“ sowie den Ausdruck von Überraschung durch Formulierungen wie „ei der Daus“. Somit sei der Begriff „Ei“ neben der Produktbezeichnung auch als Redewendung geläufig.
Da die zu beurteilende Markenanmeldung sich aber gerade durch die Wiederholung des Wortes „Ei“ auszeichnete, widmete sich das BPatG noch weiteren rhetorischen Stilmitteln. So ist die Verdoppelung eines Wortes wie „Ei“ als Geminatio zu qualifizieren. Dieses Stilmittel wird meist dazu verwendet, der eigenen Aussage Nachdruck zu verleihen. Dementsprechend stellte das BPatG fest, dass die Verdoppelung von Wörtern oder Wortgruppen
seit langem in der modernen Werbepsychologie verwendet wird, um die Aufmerksamkeit des Publikums zu erregen und den werbemäßig auffordernden Charakter zu unterstreichen, weshalb der Verkehr sie nicht als betriebskennzeichnend wahrnimmt.
Wenn ein Wort mehr als zweimal wiederholt wird, handelt es sich um die rhetorische Stilfigur der Epizeuxis. Auch dieses Mittel kann einen ähnlichen Effekt wie eine Geminatio hervorrufen. Das BPatG legte gleich eine ganze Reihe an Fundstellen vor, in denen der Begriff „Ei“ mind. dreifach wiederholt wurde. Weit verbreitet dürfte der Ausruf „ei, ei, ei“ bzw. „eieiei“ als Ausdruck der Verwunderung oder Bestürzung sein.
Wortfolge weist keine semantische oder syntaktische Besonderheit auf
Das BPatG wollte sich nicht festlegen, ob die fünffache Wiederholung des Wortes „Ei“ von den angesprochenen Verkehrskreisen eher als „besonders einprägsame schlagwortartige Zutatenangabe“ oder aber als „besonders eindringlich wirkender Ausdruck des Erstaunens“ aufgenommen würde. Da aber sowohl Beschaffenheitsangaben als auch werbliche Anpreisungen nicht als Herkunftshinweis auf ein konkretes Unternehmen verstanden werden könnten, würde in jedem Fall die Unterscheidungskraft fehlen.
Von dieser Beurteilung ließ sich das BPatG auch nicht durch das Argument der Anmelderin abbringen, die Aneinanderreihung des großgeschriebenen Wortes „Ei“, getrennt durch Komma und Leerzeichen, sei ungewöhnlich. Zwar erkannte das BPatG an, dass die Großschreibung durchaus regelwidrig sei. Das allein könne jedoch keine Schutzfähigkeit begründen, da die angesprochenen Verkehrskreise eine gewisse grammatikalische Willkür in der Werbung gewohnt seien.
Abschließend hielt das BPatG auch fest, dass es keinen Unterschied machen könne, wie häufig das Wort „Ei“ wiederholt werde. Weitere Wiederholungen würden lediglich den werblichen Aufmerksamkeitseffekt verstärken. Auch komme es nicht darauf an, dass die konkrete Anzahl an Wiederholungen bisher nicht in der Werbung belegt werden konnte. Das BPatG hatte bereits mit Beschluss vom 4. März 2009 (29 W [pat] 64/08) entschieden, dass ein werblich anpreisender Begriff nicht allein deshalb schutzfähig sei, weil er bisher nicht werblich verwendet wurde. Denn anderenfalls könnte der erstmalige Verwender diesen Begriff für sich monopolisieren.
Rhetorische Stilmittel dürfen auch spannend sein
Der Entscheidung des BPatG ist zuzustimmen; der Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ fehlt jegliche Unterscheidungskraft, egal wie häufig das Wort „Ei“ wiederholt wird. Das BPatG arbeitete zutreffend heraus, dass Wortwiederholungen primär werblichen Charakter haben. Ständige Wiederholungen mögen einprägsam sein – wenn das Wort an sich jedoch bereits keine Unterscheidungskraft besitzt, ändert dessen Wiederholung daran auch nichts. Insofern gehören Geminatio und Epizeuxis zu den eher langweiligeren rhetorischen Stilmitteln, auf die zur Schaffung von Marken weitgehend verzichtet werden sollte. Denn die deutsche Sprache bietet durchaus Möglichkeiten für mehr Kreativität.
Update: Neuigkeiten im Streit ums „Ei“
Die Zurückweisung der Markenanmeldung hindert die Spirituosen-Manufaktur natürlich nicht daran, ihren Eierlikör trotzdem mit der Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“ zu bewerben. Das brachte ihr jedoch Ärger mit der bekannten Eierlikörherstellerin „Verpoorten“ ein, die die Wortfolge „Ei, Ei, Ei“ bereits seit Jahrzehnten als Bestandteil ihres als Wortmarke geschützten Werbeslogans „Ei, Ei, Ei – Verpoorten“ (DE 822446) verwendet und auch Inhaberin einer ebenso alten Wortmarke „Eieiei“ (DE 984346) ist. Verpoorten mahnte die Spirituosen-Manufaktur ab und forderte sie zur Unterlassung auf. Da das erfolglos blieb, zog Verpoorten vor Gericht.
Bereits in erster Instanz zweifelte das LG Düsseldorf an einer markenmäßigen Verwendung der Wortfolge „Ei, Ei, Ei, Ei, Ei“, da sie im Kontext der Bewerbung von Eierlikör lediglich rein beschreibend verwendet würde. Dem hat sich nun auch das OLG Düsseldorf (Urteil vom 27. April 2023 – I-20 U 41/22) angeschlossen, das sich in Teilen der Argumentation des BPatG bedient. So diene die mehrfache Wiederholung des Wortes „Ei“ lediglich der Verstärkung des Aufmerksamkeitseffekts und sei damit nur eine werbliche Anpreisung. Davon abgesehen könne Eierlikörherstellern nicht einfach untersagt werden, auf die wesentliche Zutat des Getränks hinzuweisen. Die Spirituosen-Manufaktur wahre daher einen ausreichend großen Abstand zum Werbeslogan von Verpoorten.
Somit bleibt der Spirituosen-Manufaktur zwar weiterhin der Markenschutz verwehrt, ihren Werbeslogan wird sie aber voraussichtlich dennoch sanktionslos nutzen können.
Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Felix Henkes erstellt.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.