5. August 2022
Markenschutz Werbeslogan Unterscheidungskraft
Markenrecht

Zu durchschnittlich – kein Markenschutz für „Average Sucks“

Der Slogan „Average Sucks“ entfaltet laut Bundespatentgericht keine Unterscheidungskraft und kann demnach nicht als Marke eingetragen werden.

Nur Durchschnitt ist nicht genug. Das dachte sich auch eine Münchener Kreativagentur, die unter dem Namen „Average Sucks“ Werbekampagnen für Unternehmen konzipiert. Um den Firmennamen zu schützen, meldete der Inhaber der Agentur das Wortzeichen im Dezember 2018 beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zur Eintragung als Wortmarke für die Klassen 35 und 42 (Dienstleistung, Marketing) an. Dieser Antrag wurde vom DPMA jedoch aufgrund fehlender Unterscheidungskraft gem. § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG zurückgewiesen.

Das ließ die Agentur nicht auf sich sitzen. Es folgte eine Auseinandersetzung darüber, wie die Wortfolge „Average Sucks“ zu verstehen ist, welche möglichen Doppeldeutigkeiten sich herauslesen lassen und inwiefern die Englischkenntnisse der angesprochenen Verkehrskreise ausreichen, um die Bedeutung des Ausrufs zu verstehen. Das Bundespatentgericht (BPatG) pflichtete dem DPMA nun in seinem Beschluss v. 13. Juni 2022 (Az. 29 W (pat) 557/19) bei und bestätigte die Zurückweisung der Markenanmeldung. 

Was „Average Sucks“ heißt, weiß jeder

Das BPatG stellte zunächst fest, dass die Wortfolge „Average Sucks“ von den angesprochenen Verkehrskreisen unproblematisch als anpreisende Sachaussage verstanden würde. Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers sah der Senat keine Notwendigkeit für weitere Gedankenschritte und auch keinen signifikanten Interpretationsspielraum hinsichtlich des Verständnisses der Wortfolge „Average Sucks“. Selbst bei einem Durchschnittsverbraucher seien bereits ausreichende Englischkenntnisse zu erwarten, die es ermöglichten, die Wortfolge korrekt zu übersetzen und zu verstehen.

Da es sich bei dem angesprochenen Verkehrskreis vorwiegend um Unternehmen handelt, in denen Englisch als übliche Zweitsprache genutzt wird, lief der Einwand des Beschwerdeführers, die konkreten Adressaten* seien „weniger professionell aufgestellt“, ins Leere. Denn wer konkret innerhalb eines Unternehmens für die Bearbeitung der angebotenen Dienstleistung zuständig ist, spielt für die markenrechtliche Beurteilung der Verkehrskreise keine Rolle – Adressaten der Dienstleistungen in den beanspruchten Klassen 35 und 42 sind lt. BPatG abstrakt unternehmerische Kreise.

Das Gericht widersprach zudem der Auffassung des Beschwerdeführers, die Wortfolge „Average Sucks“ liefere Raum für Interpretationen, da der Begriff „suck“ sowohl mit „scheiße“ als auch mit „nervig“ übersetzt werden könne, wobei Letzteres auch eine positive Bedeutung i. S. v. „nett“ oder „neckisch“ habe. Das BPatG bescheinigte beiden Begriffen eine eindeutig negative Konnotation. Auch der Einwand, akademisch hochgebildeten Verkehrsteilnehmern sei die umgangssprachliche Verwendung des Wortes „Sucks“ nicht geläufig, hatte keinen Erfolg. Insbesondere sah es das BPatG als fernliegend an, dass Akademiker das Verb „to suck“ in seiner Bedeutung als „saugen“ verstehen und die Wortfolge „Average Sucks“ als „Durchschnitt zieht an“ interpretieren würden. Diese Interpretationen seien gänzlich sinnfrei, zudem seien sich auch Akademiker über die umgangssprachliche Bedeutung im Klaren. 

Wortfolge „Average Sucks“ ist eine allgemein werblich anpreisende Sachangabe

Des Weiteren nahm der Senat Bezug auf eine Reihe von vom DPMA vorgelegten Google-Suchergebnissen zu den Schlagworten „Average“ und „Sucks“. Daraus ergab sich, dass die beiden Wörter isoliert und in Kombination mit anderen Begriffen absolut gängig und dem Verkehr bekannt sind (u.a. „Reality sucks“, „Sale sucks“).

Sodann stellte das Gericht klar, dass es sich bei „Average Sucks“ um eine allgemein werblich anpreisende Sachangabe handele. Zwar werde keine konkrete Eigenschaft beschrieben, der Verkehr verstünde den schlagwortartigen Hinweis jedoch als Animierung zur Inanspruchnahme der Dienstleistungen. Insofern verwies das Gericht auf eine Reihe von Werbeanzeigen aus dem Internet, in denen mit Leistungen geworben wurde, die eben nicht „durchschnittlich“, sondern besser bzw. außergewöhnlich seien. Die Werbung mit einer nicht durchschnittlichen Leistung sei den angesprochenen Verkehrskreisen daher hinlänglich bekannt.

Keine Unterscheidungskraft bei ausschließlicher Werbefunktion

In diesem Zusammenhang wies der Beschwerdeführer auf die mittlerweile ständige Rechtsprechung des EuGH hin, wonach sich Herkunfts- und Werbefunktion bei Slogans nicht zwingend ausschließen (insb. EuGH, Urteil v. 21. Januar 2010 – C-398/08 – „Vorsprung durch Technik“). Diese Rechtsprechung war nach Auffassung des BPatG auf den hiesigen Fall aber nicht übertragbar. Denn der streitgegenständliche Slogan sei ausschließlich als Werbung zu verstehen, könne daher überhaupt keine Herkunftsfunktion erfüllen und sei damit auch nicht unterscheidungskräftig.

Mehrere von dem Beschwerdeführer vorgelegte eingetragene Marken, bei denen ebenfalls ein Wort mit dem Begriff „Sucks“ verbunden wurde, konnten das Gericht nicht umstimmen. Zum einen entfalten Voreintragungen keine Bindung für spätere Markenanmeldungen. Zum anderen sah das BPatG in Wortmarken wie bspw. „LAGUNITAS SUCKS“ durchaus eine Unterscheidungskraft hinsichtlich der beanspruchten Warenklasse 32 (Ale). Denn diese Wortmarke sei für die Ware „Ale“ weder rein beschreibend noch werblich anpreisend – ganz anders als „Average Sucks“ für die Dienstleistungsklassen 35 und 42.

Mehr Kreativität bei Werbeslogans wagen

Die Eintragung von Werbeslogans als Marke scheitert immer wieder an der fehlenden Unterscheidungskraft. Daran ändert auch die neuere und liberalere Rechtsprechung des EuGH nichts, da viele der als Marke angemeldeten Slogans schlicht als reine Werbeaussagen zu verstehen sind. Für eine Eintragung als Marke bedarf es mehr Kreativität. Wortspiele, Doppeldeutigkeit und sonstige Spielereien, die zum Denken anregen, haben nicht nur den Vorteil, dass sie Verbrauchern besser in Erinnerung bleiben; sie eröffnen auch den Weg in das Markenregister.

Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass ausgerechnet der Firmenname einer Kreativagentur an mangelnder Kreativität leidet. Das BPatG hat mit deutlichen Worten darauf hingewiesen, dass es nun einmal nicht genügt, einen ohnehin eher platten Slogan ins Englische zu übersetzen. Schlussendlich kann der Slogan „Average Sucks“ als Selffulfilling Prophecy gesehen werden – bloßer Durchschnitt ist für das Markenregister nicht gut genug.

Dieser Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit Bruno Schmolze erstellt.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: Average Sucks Markenrecht Unterscheidungskraft Werbeslogan