Markenschutz fürs Oktoberfest: Warum der Begriff geschützt ist und wie Unternehmen ihn nutzen dürfen, ohne rechtliche Grenzen zu überschreiten.
Wie jedes Jahr lockt das weltbekannte Oktoberfest auch dieses Jahr wieder mehrere Millionen Menschen nach München. Das Volksfest bietet dabei die optimale Möglichkeit für Brauereien und Gastronomen die unzähligen Touristen mit Bier und Speisen zu versorgen.
Aber nicht nur für diese Bereiche stellen „die Wiesn“ eine finanzielle Chance dar. Viele feierfreudige Teilnehmer vor Ort und auch Fans des Oktoberfests zuhause decken sich in dieser Zeit gerne mit jeglicher Art von Dekoartikeln ein. Von blauweiß karierten Tischdecken über Partyhüte bis hin zu Spielzeugen ist wirklich alles zu finden – nicht selten mit dem Schriftzug „Oktoberfest“.
Dieser Begriff kann seit 2021 jedoch zu einem Problem für Hersteller derartiger Produkte werden. Denn in dem Jahr wurde der Begriff „Oktoberfest“ beim EUIPO nach einem jahrelang dauernden Eintragungsverfahren als Unionsmarke bestätigt – zum Ärgernis vieler Hersteller. Die Landeshauptstadt München, als Inhaberin der Marke „Oktoberfest“, hat diese für eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen schützen lassen und somit insbesondere eine Rechtsposition, die es ihr ermöglicht, gegen den Großteil der Dekoartikel vorgehen zu können, sobald der Markenname verwendet wird. Darüber hinaus sind außerdem auch weitere Begriffe im Zusammenhang mit dem Oktoberfest markenrechtlich geschützt: „Münchner Oktoberfest“, „Oktoberfest München“, „Wiesn“, „Wiesnbier“, „Wiesn Wirt“, „Wiesn Fashion“, „OKTOBERFEST-BIER“.
Wird der Name „Oktoberfest“ als Marke eingesetzt?
Wer im geschäftlichen Verkehr ohne Zustimmung des Markeninhabers ein mit einer solchen Marke identisches Zeichen für identische Waren verwendet, für die diese Marke Schutz genießt (sog. Doppelidentität), kann gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. a der Unionsmarkenverordnung (UMV) vom Markeninhaber unter anderem auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Dies gilt gemäß Art. 9 Abs. 2 lit. b UMV auch, wenn das Zeichen der Marke identisch oder ähnlich ist und für identische oder ähnliche Waren genutzt wird, für die die Marke Schutz genießt, sofern im Verkehr Verwechslungsgefahr besteht (sog. Verwechslungsgefahr).
Jedoch stellt nicht jede Verwendung eines Zeichens eine rechtsverletzende Nutzung dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) liegt eine Beeinträchtigung der Nutzung einer Marke erst vor, wenn diese durch den Dritten markenmäßig oder als Marke verwendet wird und diese Nutzung die Funktionen der Marke, insbesondere ihre wesentliche Funktion, den Verbrauchern die Herkunft der Waren und Dienstleistungen zu garantieren, beeinträchtigt oder beeinträchtigen kann (vgl. BGH, Urteil v. 11. April 2019 – I ZR 108/18 – Damen Hose). Bei der Beurteilung, ob der Verkehr eine Bezeichnung als Herkunftshinweis versteht und in der konkreten Verwendung eines Zeichens einen Herkunftshinweis sieht, sind die Kennzeichnungsgewohnheiten im jeweiligen Warensektor zu berücksichtigen (vgl. BGH, 22. Juli 2004 – I ZR 204/01 – Mustang).
Von dieser markenmäßigen Verwendung ist die beschreibende Angabe ohne Kennzeichnungsfunktion zu unterscheiden. Es ist auch denkbar, ein Zeichen rein dekorativ und damit nicht markenmäßig zu verwenden. Eine beschreibende Angabe liegt vor, wenn diese lediglich Aufschluss über die Beschaffenheit, Herkunft, den Verwendungszweck oder andere Eigenschaften der bezeichneten Ware gibt. Eine dekorative Verwendung liegt vor, wenn der Verkehr in der Verwendung des Zeichens lediglich ein ästhetisches Gestaltungsmerkmal der Ware erkennt.
Die Abgrenzung ist besonders schwierig, wenn – wie etwa bei dem Zeichen „Oktoberfest“ –bereits fraglich ist, ob das Zeichen überhaupt dazu geeignet ist, die Waren, für die die Marke Schutz genießt, von denen anderer Unternehmen zu unterscheiden und somit eine betriebliche Zuordnung zu ermöglichen (sog. Unterscheidungskraft).
Entscheidung des LG Frankfurt am Main zur Benutzung eines Schriftzuges „Oktoberfest“ auf Dekoartikeln
In einem Verfahren vor dem Landgericht Frankfurt am Main (Urteil v. 27. März 2024 – 2-06 O 477/22) stritt sich die Landeshauptstadt München mit einem Hersteller von Partyartikeln in Bezug auf die Nutzung der Marke „Oktoberfest“. Im Zentrum des Streits stand die Frage, ob die Beklagte durch die Nutzung des Begriffs auf diversen Partyartikeln wie Absperrbändern, Wanddekorationen und Tischaufstellern die Markenrechte der Landeshauptstadt verletzte. Diese argumentierte, dass die Nutzung des Begriffs die Herkunftsfunktion ihrer Marke beeinträchtige und eine Verwechslungsgefahr bestehe, da Verbraucher die Produkte möglicherweise irrtümlich dem offiziellen Oktoberfest zuordnen könnten.
Das Landgericht wies die Klage jedoch ab und entschied, dass die Beklagte den Begriff „Oktoberfest“ nicht markenmäßig nutze. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagte den Begriff „Oktoberfest“ lediglich beschreibend verwende. Der Begriff werde vom Hersteller genutzt, um die Art der Feierlichkeiten zu kennzeichnen, für die die Artikel bestimmt seien, und nicht, um auf München als Herkunftsort der Waren hinzuweisen.
Die Nutzung des Begriffs „Oktoberfest“ auf den Produkten und in den Angebotsüberschriften beeinträchtige, so das Gericht, nicht die Herkunftsfunktion der Marke. Verbraucher würden den Begriff „Oktoberfest“ als Synonym für ein Bierfest im Oktober verstehen und nicht als Hinweis auf die Stadt München oder eine konkrete Ausrichterin des Oktoberfestes. Wichtig für die Entscheidung war auch die Betrachtung des gesamten Angebots und der Beschreibungstexte, die unmittelbar folgten. Diese Texte machten aus Sicht des Gerichts klar, dass „Oktoberfest“ als allgemeine Bezeichnung für ein Fest verwendet wurde und nicht als spezifischer Herkunftshinweis.
Das Gericht betonte darüber hinaus, dass die Beklagte den Begriff „Oktoberfest“ beschreibend nutze, um die Art der Produkte und deren Bestimmungszweck zu kennzeichnen, und nicht, um eine Verbindung zur Stadt München herzustellen. Da die Nutzung des Begriffs nicht im markenmäßigen Sinne erfolgte, lag keine Verletzung der Markenrechte der Landeshauptstadt vor. Durch die detaillierten Beschreibungstexte wurde klar, dass „Oktoberfest“ als allgemeiner Begriff verwendet wurde und Verbraucher nicht irrtümlich eine Verbindung zum offiziellen Münchener Oktoberfest herstellten. Es wurde dabei nochmals hervorgehoben, dass jeder Fall individuell geprüft werden müsse, um festzustellen, ob eine markenmäßige Benutzung vorliegt. Die Betrachtung des gesamten Angebots und die Beschreibungstexte spielten eine zentrale Rolle in der Entscheidungsfindung.
Diese aufgeführte Begründung zeigt die differenzierte Betrachtung der Nutzung von Markennamen und verdeutlicht, dass eine bloße Registrierung als Marke nicht ausreicht, um jede Verwendung durch Dritte zu verhindern. Vielmehr muss eine konkrete Beeinträchtigung der markenspezifischen Funktionen nachgewiesen werden.
Bloße Registrierung von „Oktoberfest“ als Marke reicht nicht aus, um jede Nutzung durch Dritte zu verhindern
Das Urteil zeigt die Schwierigkeiten auf, wenn weit verbreitete Begriffe als Marken geschützt sind. Die bloße Registrierung eines Begriffs als Marke reicht regelmäßig nicht aus, um jede Nutzung durch Dritte zu verhindern. Stattdessen muss nachgewiesen werden, dass die Nutzung des Begriffs durch Dritte die spezifischen Funktionen der Marke beeinträchtigt.
Ein Vergleich mit der Marke „Ballermann“ zeigt, dass Gerichte unter bestimmten Umständen durchaus zugunsten des Markenschutzes entscheiden können (z.B. OLG München, Urteil v. 27. September 2018 – 6 U 1304/18). Der Unterschied liegt häufig in der konkreten Nutzung des Begriffs und der damit verbundenen geschäftlichen Herkunft.
Vorsicht bei der Verwendung des Begriffs „Oktoberfest“
Da gegen das „Oktoberfest“-Urteil des LG Frankfurt Berufung eingelegt wurde, ist das endgültige Ergebnis dieser Auseinandersetzung noch offen. Es ist jedoch zu erwarten, dass die Entscheidung der Berufungsinstanz weitere Richtlinien zum Umgang mit Marken bieten wird, die kulturell bedeutsame Begriffe schützen. Markeninhaber könnten ihre Strategien anpassen müssen, um sicherzustellen, dass die Nutzung ihrer Marken klar und unmissverständlich mit ihren Produkten oder Dienstleistungen in Verbindung gebracht wird. Für Praktiker und Markeninhaber verdeutlicht der Fall die Notwendigkeit einer sorgfältigen Planung und Umsetzung von Markenstrategien, um die Stärke und den Schutz ihrer Marken zu maximieren.
Aufgrund der vielfältigen Konstellationen, die in diesem Bereich auftreten können, ist es außerdem ratsam, sich vor der Planung anderer „Oktoberfeste“ oder der Herstellung von Waren im „Oktoberfest“-Look rechtlichen Rat einzuholen, um juristische Fallstricke zu vermeiden.