14. Februar 2023
Oktoberfestbier geografische Angabe
Markenrecht

Schutzsiegel „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ für das „Oktoberfestbier“

Das „Oktoberfestbier“ ist von nun an als „geografische Angabe“ europaweit geschützt.

Das „Oktoberfestbier“ genießt seit Kurzem europaweit einen besonderen markenrechtlichen Schutz. Am 21. Oktober 2022 – wenige Wochen nach dem Ende des diesjährigen Oktoberfests – hat die Europäische Kommission das Bier aus München in die Liste der geschützten geografischen Angaben aufgenommen. Dadurch erhält das „Oktoberfestbier“ ein Gütezeichen, das eine enge Verbindung des Biers mit dem Herkunftsgebiet München symbolisieren soll. 1.598 Produkte durften vorher bereits das Schutzsiegel „geschützte geografische Angabe“ tragen. 

Rechtlicher Rahmen – was steckt hinter den Qualitätssiegeln?

Bestimmte Lebensmittel und Agrarprodukte werden häufig traditionell hergestellt und sind oft untrennbar mit einem Herstellungsverfahren oder mit einer bestimmten Region verbunden. Zum Schutz und zur Förderung traditioneller und regionaler Lebensmittelerzeugnisse hat die Europäische Union Gütezeichen eingeführt, mit denen Hersteller Produkte wie Obst und Gemüse, Fisch, Fleisch und Fleischerzeugnisse, Käse, Backwaren und Bier kennzeichnen lassen können. Erfüllen die Produkte bestimmte Vorgaben, können diese als geografische Herkunftsangaben geschützt werden. 

Unterschieden werden die nachfolgenden zwei Schutzkategorien, nämlich

  • geschützte Ursprungsbezeichnungen (g.U.), z.B. „Parmaschinken“, und
  • geschützte geografische Angaben (g.g.A.), z.B. „Allgäuer Bergkäse“.

Um eines dieser Gütesiegel erhalten zu können, muss der Name – hier „Oktoberfestbier“ – zur Bezeichnung eines Erzeugnisses verwendet werden, dessen Ursprung an einem bestimmten Ort, in einer bestimmten Gegend oder in einem bestimmten Land liegt. Die Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft des Erzeugnisses muss ferner wesentlich auf diesen geografischen Ursprung zurückzuführen sein. Es wird sodann geprüft, ob ein Produktionsschritt in dem fraglichen Gebiet stattfindet und die Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft des Erzeugnisses wesentlich auf diesen geografischen Ursprung zurückzuführen ist (vgl. Art. 5 Abs. 2 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012). Bei dem Siegel der „geschützten Ursprungsbezeichnung“ müssen alle Produktionsschritte, also Erzeugung, Verarbeitung und Herstellung, in dem Herkunftsgebiet erfolgen. Für das Siegel „geschützte geografische Angabe“ reicht es hingegen aus, wenn einer der Produktionsschritte in dem Herkunftsgebiet stattfindet und die Qualität, das Ansehen oder eine andere Eigenschaft des Erzeugnisses wesentlich auf diesen geografischen Ursprung zurückzuführen ist.

Das jeweilige Schutzsiegel soll für die Qualität eines hochwertigen landwirtschaftlichen Erzeugnisses oder Lebensmittels stehen. Die rechtlichen Grundlagen der beiden Schutzsiegel finden sich in der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 und die dazugehörigen nationalen Ausführungsbestimmungen sind in Deutschland in den §§ 130–136 Markengesetz (MarkenG) geregelt. Nach Erteilung verleiht das Schutzsiegel ein europaweites Schutzrecht und vermittelt Schutz gegen Missbrauch und Nachahmung der Produktbezeichnung (vgl. Art. 13 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012). 

Wie erhält mein Produkt eine „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“?

Erfüllen Bezeichnungen die vorbenannten Voraussetzungen, kann ein Antrag auf Eintragung der Bezeichnung gestellt werden. Der Antrag auf Eintragung ist in Deutschland beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) zu stellen. Nach der Antragseinreichung erfolgt eine zweistufige Prüfung, zunächst durch das DPMA und schließlich durch die Europäische Kommission, die auch für die Eintragung der Bezeichnung in die Datenbank der Europäischen Kommission zuständig ist. In dieser eAmbrosia-Datenbank sind alle geschützten Angaben für Wein, Lebensmittel und Spirituosen enthalten.

Für das „Oktoberfestbier“ sind die Eintragungsvoraussetzungen erfüllt

Das „Oktoberfestbier“ wird nicht nur im Stadtgebiet der Stadt München hergestellt. Es wird auch Wasser aus den bis zu 250 Metern tiefen Quellen der Stadt genutzt und das Bier sodann in einem traditionellen Brauverfahren hergestellt. Die Europäische Kommission sah wegen dieser Besonderheit, dem traditionellen Brauverfahren und wegen des außergewöhnlichen Rufes des Oktoberfests die Anforderungen zur Eintragung als geschützte geografische Angabe als erfüllt an. Wie die Europäische Kommission in diesem Fall mitteilen ließ, verkörpere das Bier Innovationen im Brauprozess. Außerdem habe die Tatsache, dass das Bier extra für das Oktoberfest gebraut wird, erheblich zu seinem herausragenden Ansehen beigetragen.

Besonderer Schutz für bayrische Spezialitäten

Neben dem „Oktoberfestbier“ dürfen auch andere bayrische Spezialitäten das europäische Schutzsiegel „geschützte geografische Angabe“ tragen. Bekannte und beliebte Beispiele sind die Bayrische Breze, Obazda, die Nürnberger Rostbratwurst und der Nürnberger Lebkuchen. 

Markenschutz für den Begriff „Oktoberfest“

Wie in unserem Beitrag „Malle“-Partys und „Oktoberfest“ – Vorsicht geboten? besprochen, ist der Begriff „Oktoberfest“ im August 2021 als Unionsmarke zugunsten der Landeshauptstadt München eingetragen worden. Gegen die Eintragung der Marke ist derzeit ein Löschungsverfahren anhängig, sodass abzuwarten ist, ob und für welche Waren und Dienstleistungen Markenschutz besteht. 

Da die europaweit geltende Marke eine Vielzahl von Waren und Dienstleistungen – nicht aber Bier – betrifft, können Marke und geschützte geografische Herkunftsangabe nebeneinander existieren.

Folgen der Eintragung als „geschützte geografische Angabe“

Neben den positiven Folgen für die Vermarktung solcher Erzeugnisse hat die Eintragung der Bezeichnung auch weitreichende rechtliche Konsequenzen. Geschützte geografische Angaben dürfen gem. Art. 14 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 bzw. § 8 Abs. 2 Nr. 9 MarkenG nicht mehr als Marke für das geschützte Erzeugnis in das Markenregister eingetragen werden. Hintergrund ist, dass die geografische Angabe keinen individuellen Markenschutz für einen einzelnen Inhaber* vermitteln, sondern grds. allen zustehen soll.

Nach Art. 13 Abs. 1 lit. b) der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 ist es zudem bspw. unzulässig, ein Bier kommerziell als „Oktoberfestbier“ zu kennzeichnen, selbst wenn es aus der Stadt München kommt, aber nicht den Brauprozess des „Oktoberfestbiers“ durchlaufen hat. Widerrechtliche Verwendungen i.S.d. Art. 13 Abs. 1 der Verordnung (EU) Nr. 1151/2012 können empfindliche Sanktionen zur Folge haben. In § 144 Abs. 1 MarkenG wird in bestimmten Fällen eine Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren oder eine Geldstrafe angedroht. 

Bei der Verwendung der Bezeichnung „Oktoberfestbier“ ist mithin Vorsicht geboten. Vor der Herstellung und Vermarktung von Waren mit Bezug zum Oktoberfest – insbesondere Bier – sollte erwogen werden, rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen. 

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: geografische Angabe Markenrecht Oktoberfestbier