7. September 2016
Titelschutz
Markenrecht

Titelschutz für Apps – nun auch mit Entscheidungsgründen des BGH

Nach Ansicht des BGH sind Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Smartphones grundsätzlich titelschutzfähige Werke.

Wir hatten bereits Anfang des Jahres über die Entscheidung des BGH berichtet, wonach Apps grundsätzlich titelschutzfähig im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG sein können (Az. I ZR 202/14, Urteil vom 28. Januar 2016). Nun liegen auch die vollständigen Entscheidungsgründe vor.

Verletzung der Titelschutzrechte an dem Domainnamen „wetter.de″?

Zur Erinnerung nochmal zum Sachverhalt: Die Klägerin bietet seit 2009 unter der Bezeichnung „wetter.de″ eine App für Smartphones und Tablet-Computer an, auf der Nutzer ortsspezifische Wetterdaten und weitere Informationen zum Thema Wetter auf Abruf erhalten. Die Klägerin stellt diese Informationen auch auf ihrer Webseite unter der Domain www.wetter.de zur Verfügung.

Die Beklagte betreibt seit Ende 2011 ebenfalls eine App mit Wetterdaten unter den Bezeichnungen „wetter DE″, „wetter-de″ und „wetter-DE″.

Die Klägerin sieht in der Benutzung der Bezeichnungen der Beklagten eine Verletzung ihrer Titelschutzrechte an dem Domainnamen „wetter.de″ und der entsprechenden Bezeichnung der von ihr vertriebenen App. Sie forderte von der Beklagten Unterlassung, Auskunft und Ersatz von Abmahnkosten sowie die Feststellung der Schadensersatzpflicht. Das Landgericht wies die Klage ab. Die dagegen gerichtete Berufung der Klägerin blieb erfolglos. Die gegen das Urteil des Berufungsgerichts eingelegte Revision der Klägerin wies der BGH zurück.

Titelschutz grundsätzlich auch für Apps und Domains

Nach Ansicht des BGH sind Domainnamen von Internetangeboten sowie Apps für Smartphones grundsätzlich titelschutzfähige Werke im Sinne von § 5 Abs. 3 MarkenG.

Werke im kennzeichenrechtlichen Sinne seien alle immateriellen Arbeitsergebnisse, die als Gegenstand des Rechts- und Geschäftsverkehrs nach der Verkehrsanschauung bezeichnungsfähig sind. Als solche bezeichnungsfähigen immateriellen Arbeitsergebnisse kämen auch Computerprogramme in Betracht. Ebenso wie Computerprogramme auf herkömmlichen stationären oder mobilen Computern beinhalte eine auf Smartphones oder Tablet-Computer installierte App eine schutzfähige immaterielle Leistung, die grundsätzlich bezeichnungsfähig sei.

Das gleiche gelte für Internetseiten, wenn ihr Inhalt selbst eine für die Annahme eines Werkes hinreichende geistige Leistung beinhalte, der Verkehr in ihrem Namen ein Zeichen zur Unterscheidung von anderen Internetseiten und nicht nur eine Adressbezeichnung sehe und die Internetseite weitgehend fertiggestellt sei.

Keine hinreichende originäre Unterscheidungskraft

Der Bezeichnung „wetter.de″ fehle es aber an der für einen Werktitelschutz nach § 5 Abs. 1 und 3 MarkenG erforderlichen hinreichenden originären Unterscheidungskraft. Diese fehle, wenn sich der Werktitel nach Wortwahl, Gestaltung und vom Verkehr zugemessener Bedeutung in einer werkbezogenen Inhaltsbeschreibung erschöpft. Dies sei hier der Fall. Die Bezeichnung „wetter.de″ für eine Internetseite und für Apps, auf denen Wetterinformationen zu Deutschland angeboten werden, sei rein beschreibend und deshalb freihaltebedürftig.

Zwar seien in bestimmten Fällen geringe Anforderungen an den erforderlichen Grad der Unterscheidungskraft zu stellen, z. B. dann, wenn der Verkehr seit langem daran gewöhnt ist, dass Werke mit beschreibenden Bezeichnungen gekennzeichnet werden, weshalb er auf feine Unterschiede in den Bezeichnungen achte. Dies gelte insbesondere für den Bereich der Zeitungen und Zeitschriften, die seit jeher mit mehr oder weniger farblosen und nur inhaltlich oder räumlich konkretisierten Gattungsbezeichnungen gekennzeichnet werden. Diese Grundsätze sind seien jedoch auf den Bereich der Bezeichnung von Apps nicht übertragbar, weil nicht davon ausgegangen werden könne, dass der Verkehr bereits an rein beschreibende Titel von Apps gewöhnt sei.

Dagegen spreche, dass die App eine vergleichsweise neue Erscheinungsform von Anwendungsprogrammen für Mobilgeräte sei. Zudem sei der Markt hinsichtlich der Bezeichnungen von Apps uneinheitlich; es stünden reine Phantasiebezeichnungen neben „sprechenden Zeichen″ und beschreibenden Titeln. Hinzu komme, dass Apps vom Publikum nur einmal im entsprechenden App-Shop heruntergeladen würden, während der Käufer einer periodisch erscheinenden Zeitschrift immer wieder mit dem jeweiligen Titel konfrontiert werde, was zusätzlich zur Gewöhnung des Verkehrs beitrage, auch auf schwächere – unterscheidende – Zusätze zu achten.

Eine hinreichende Unterscheidungskraft des Domainnamens „wetter.de″ sei ebenfalls zu verneinen. Zwar komme bei Domainnamen ähnlich wie bei Zeitungen und Zeitschriften bereits eine gewisse Gewöhnung an in hohem Maße beschreibende Titel in Betracht. Dies könne aber allenfalls für Domainnamen angenommen werden, unter denen eine auch als Printversion erhältliche Zeitung angeboten werde. Dies treffe auf die Internetseite der Klägerin nicht zu.

Keine Verkehrsgeltung

Die klägerische Bezeichnung „wetter.de″ genieße schließlich auch keinen Titelschutz unter dem Gesichtspunkt der Verkehrsgeltung. Zwar könne eine bei Benutzungsaufnahme fehlende Unterscheidungskraft infolge einer Durchsetzung der Bezeichnung innerhalb der angesprochenen Verkehrskreise überwunden werden. Eine Verkehrsdurchsetzung von Werktiteln anhand eines Meinungsforschungsgutachtens könne aber nur angenommen werden kann, wenn ein Zuordnungsgrad von mindestens 50% erreicht wird. Nach der von der Klägerin vorgelegten Verkehrsbefragung hätten bei einer ungestützten Abfrage der Bekanntheit von Wetterseiten im Internet 33% aller Befragten und 41% aller Internetnutzer angegeben, ihnen sei die Internetseite „wetter.de″ bekannt. Dies genüge nach den vorstehenden Maßstäben nicht für die Annahme einer Verkehrsdurchsetzung.

Positive Entscheidung

Eine positive Entscheidung für die App- und Softwarebranche, die nun ein zusätzliches Schutzrecht bekommt. Andererseits zeigt die Entscheidung die Hürden, die im Hinblick auf die Unterscheidungskraft von Apps überwunden werden müssen. Die Erleichterungen zum Titelschutz bei Zeitschriften und Zeitungen (vgl. nur BGH GRUR 2010, 156 – EIFEL-ZEITUNG) gelten im App- und Domainbereich (noch) nicht. Hier ist also Fantasie bei der Namensgebung gefragt.

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