4. Februar 2011
Markenrecht

Treffen sich der Marlboro-Cowboy und der Kingsboro-Cowboy…

…reiten Seit‘ an Seit‘ mit rauchenden Köpfen gemächlich in die untergehende Sonne – und wissen danach nicht mehr, wer sie sind. Für das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt (HABM) scheint dies zumindest ein plausibler Ausgang dieser denkwürdigen Begegnung zu sein.

Ein Unternehmen hatte u.a. für die Produkte „Tabak, Raucherartikel, Streichhölzer″ die Gemeinschaftsmarke „KINGSBORO″ (CTM 008840514) angemeldet. Dagegen hatte der Philip Morris-Konzern Widerspruch u.a. aus der Gemeinschaftsmarke „MARLBORO″ (CTM 000075606) eingelegt.

Gestützt wurde dieser Widerspruch insbesondere auf eine Verletzung von Art. 8 Abs. 5 GMV: Die Marke „MARLBORO″ sei u.a. für die Produkte „Zigaretten″ und „Tabak″ eine weithin bekannte Marke. Daher bestehe die Gefahr, dass durch die Benutzung der Bezeichnung „KINGSBORO″ eine unlautere Ausnutzung der Wertschätzung oder Unterscheidungskraft der Marke „MARLBORO″ erfolge. Denn die Marke „MARLBORO″ sei erst durch jahrelange Investitionen von Philip Morris zu dem geworden, was sie sei – ein Symbol für ein bestimmtes Lebensgefühl im Zusammenhang mit Zigaretten und Rauchen. Daran wolle die Anmelderin der Marke „KINGSBORO″ nun ohne weiteres und ohne eigene Anstrengungen partizipieren. Dieser Image-Transfer verstoße aber gegen Art. 8 Abs. 5 GMV.

Das HABM folgte in seiner Entscheidung vom 28.01.2011 (B 1678468) der Argumentation von Philip Morris. Die Bezeichnungen „MARLBORO″ und „KINGSBORO″ seien visuell und klaglich aufgrund der Übereinstimmung hinsichtlich der Endsilben „BO″-„RO″ ähnlich. Zudem liege die Aufmerksamkeit des Publikums bei Tabakwaren grundsätzlich über dem Durchschnitt: Das Publikum behalte Marken aus diesem Bereich auch in Details im Gedächtnis. Somit bestehe die Gefahr, dass das Publikum an die Marke „MARLBORO″ denke, sobald es mit der Bezeichnung „KINGSBORO″ konfrontiert werde. Durch eine solche Assoziation könnte die Anmelderin der Marke „KINGSBORO″ daher von dem Goodwill der Philip Morris-Marke profitieren und diese Marke ausnutzen. Dies stünde der Eintragung der Gemeinschaftsmarkenanmeldung „KINGSBORO″ entgegen.

Ob diese Entscheidung des HABM rechtskräftig wird, bleibt abzuwarten. Bis auf weiteres wird der Marlboro-Cowboy jedenfalls weiter einsam durch die Lande ziehen. Für die Markenrechtspraxis bleibt die Frage, ob aus der Entscheidung des HABM der Grundsatz abgeleitet werden kann, dass zumindest bei bekannten Marken für eine visuelle und klangliche Ähnlichkeit bereits Übereinstimmungen am Ende der sich gegenüber stehenden Bezeichnungen genügen („BO″-„RO″), auch wenn sich die an sich für die Beurteilung dieser Frage relevanteren Wortanfänge deutlich unterscheiden („MARL″ und „KINGS″). Bei wichtigen Marken sollten Recherchen im Vorfeld weiterhin auch bekannte Marken abdecken – eine nicht immer leichte Übung.

Tags: Art. 8 Abs. 5 GMV bekannt HABM Kingsboro Marke Marlboro