4. März 2016
Unionsmarkenverordnung
Markenrecht

Unionsmarkenverordnung: Die Gemeinschaftsmarke wird zur Unionsmarke

Am 23. März 2016 tritt die die neue Unionsmarkenverordnung in Kraft. Damit wird das Gemeinschaftsmarkenrecht grundlegend reformiert.

Das europäische Parlament und der Rat schaffen neue Grundlagen für das europäische Markenrecht. Ziel der Reformen ist die Anpassung und Modernisierung des Systems an heutige Gegebenheiten.

Reform des Gemeinschaftsmarkenrechts

Die Reform wurde angestoßen, um „Kinderkrankheiten″ des seit 1996 bestehenden Gemeinschaftsmarkensystems zu kurieren und das System noch attraktiver zu gestalten.

Aus der Gemeinschaftsmarke wird die Unionsmarke. Das Harmonisierungsamt für den Binnenmarkt wird künftig Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) heißen. Am Status quo bereits eingetragener Gemeinschaftsmarken ändert sich dadurch zunächst erst einmal nichts.

Änderung der Gebühren durch die Unionsmarkenverordnung

Das Unionsmarkensystem kehrt vom Drei-Klassen-System ab hin zu einem Ein-Klassen-System. In der Anmeldegebühr wird künftig lediglich eine Klasse enthalten sein anstatt wie bisher drei.

Werden weitere Klassen angemeldet, erhöhen sich die Gebühren pro Klasse. Ähnliches gilt für die Verlängerungsgebühren. Dafür werden einzelne Gebührensätze leicht reduziert.

Folgende Beispiele zeigen die Änderungen: 

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Erleichterung für neue Markenformen

Die Eintragung neuer Markenformen wird erleichtert. Die neue Unionsmarkenverordnung verzichtet auf das Erfordernis der grafischen Darstellbarkeit der anzumeldenden Marke. Damit lassen sich künftig beispielsweise Geruchs- oder Hörmarken, die sich nicht in Notenschrift darstellen lassen, leichter eintragen.

Wie die Darstellung solcher Marken im Einzelnen erfolgen soll, werden erst die überarbeiteten Richtlinien zur Amtspraxis zeigen.

Wörtliche Auslegung des Waren- und Dienstleistungsverzeichnisses

Seit dem EuGH-Urteil „IP Translator″ (C-307/10) kann mit der Anmeldung aller Oberbegriffe einer Klasse der Nizzaer Klassifikation nicht mehr Schutz für sämtliche in diese Klasse fallenden Waren oder Dienstleistungen beansprucht werden.

Nur noch diejenigen Waren oder Dienstleistungen, die wörtlich unter die benannten Oberbegriffe fallen, gelten als geschützt. Dieser „what you see is what you get″ approach wird nun ausdrücklich in der neuen Unionsmarkenverordnung (Art. 28 Abs. 5) kodifiziert und wird zukünftig für alle Unionsmarken, auch für vor dem Juni 2012 angemeldete, gelten. Für diese Marken galt bisher noch die großzügigere alte Auslegung.

Die Unionsmarkenverordnung sieht deshalb eine Übergangsregelung für vor dem 22. Juni 2012 angemeldete Marken vor. Wenn diese Marken für alle Oberbegriffe einer Klasse geschützt sind, können die Inhaber unter bestimmten Voraussetzungen einzelne Waren und Dienstleistungen „nachmelden″. Voraussetzung dafür ist, dass die nachzumeldenden Begriffe nicht wörtlich unter einen der eingetragenen Oberbegriffe eingeordnet werden können. Außerdem müssen die nachgemeldeten Begriffe aus der sog. alphabetischen Liste der zur Zeit der Anmeldung der Marke gültigen Nizzaer Klassifikation ausgewählt werden.

Die Frist für die Einreichung dieser Erklärung beginnt mit Inkrafttreten der Unionsmarkenverordnung und endet am 24. September 2016. Unionsmarken-Portfolios sollten daher daraufhin überprüft werden, ob innerhalb dieser Übergangsfrist Handlungsbedarf besteht.

Grenzbeschlagnahme für Waren im Transit

Die Möglichkeiten für eine Beschlagnahme von Waren im Transit (also der reinen Durchfuhr durch die EU) werden durch die Unionsmarkenverordnung erleichtert. In Zukunft werden Inhaber widerrechtlich gekennzeichnete Waren auch im reinen Durchfuhrverkehr beschlagnahmen können, es sei denn der Verletzer kann nachweisen, dass er die Waren im Bestimmungsland rechtmäßig in Verkehr bringen darf.

Neu in der Unionsmarkenverordnung: die Gewährleistungsmarke

Mit der Unionsmarkenverordnung wird eine neue Gewährleistungsmarke eingeführt. Die Gewährleistungsmarke soll einen bestimmten Qualitätsstandard der hierunter angebotenen Produkte kennzeichnen und steht nur Mitgliedern einer Organisation offen, die die Einhaltung des Standards prüft. Der Anmelder muss mit der Anmeldung deshalb eine Satzung für die Gewährleistungsmarke einreichen.

Welche Fragen lässt die Reform offen?

Nach wie vor nicht abschließend geklärt ist, in welchem Territorium der EU die rechtserhaltende Benutzung einer Unionsmarke nachgewiesen werden muss, wenn die Marke bereits dem Benutzungszwang unterliegt. Insbesondere bei Konflikten zwischen Unionsmarken und nationalen Marken ergeben sich hierzu zahlreiche Fragen, etwa wenn die Marken nur in weit voneinander entfernten EU-Ländern benutzt werden und sich somit gar nicht auf demselben Markt begegnen.

Ebenso ist noch immer offen, für welches Territorium eine durch Benutzung erworbene Unterscheidungskraft nachgewiesen werden muss, beispielsweise bei einer 3D-Marke, die in keinem Land von Hause aus unterscheidungskräftig ist.

Die Weiterentwicklung des Unionsmarkenrechts bleibt daher auf jeden Fall spannend!

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