3. März 2020
Uber Mietwagenkonzession
Gewerblicher Rechtsschutz

Uber ist tot! Lang lebe Uber!

Der US‑Fahrdienstleister Uber hat vor den Landgerichten Frankfurt und München Niederlagen kassiert – und begegnet der richterlichen Kritik gewohnt pragmatisch.

Ende letzten Jahres untersagte das LG Frankfurt (Urteil v. 19. Dezember 2019 – 3-09 O 44/19) dem US‑Fahrdienstleister Uber, Beförderungsaufträge an Mietwagenunternehmen mit seiner aktuellen App zu vermitteln. Dies sei wettbewerbswidrig, da Uber selbst keine Mietwagenkonzession besitze, den konkreten Fahrer selbst auswähle und den Fahrtpreis eigenmächtig bestimme.

Ebenfalls zu Lasten Ubers entschied kürzlich das LG München I (Urteil v. 10. Februar 2019 – 4 HK O 14935/16). Die Münchner Richter befanden, dass die Geschäftspraktiken von Uber gegen das Personenbeförderungsgesetz (PBefG) verstießen, wonach Mietwagen nur Beförderungsaufträge ausführen dürfen, die am Betriebssitz oder in der Wohnung des Unternehmers eingegangen seien (§ 49 Abs. 4 S. 2 PBefG).

Die landgerichtlichen Urteile beziehen sich jedoch auf eine veraltete Version der App, die laut Uber aktuell nicht mehr verwendet wird. In beiden Städten – sowie in fünf weiteren Metropolen in Deutschland, darunter Köln, Hamburg und Berlin – kann die App derzeit nach wie vor verwendet und können Fahrten über sie gebucht werden.

Uber Pop verstieß gegen PBefG

Das weltweit überaus erfolgreiche Geschäftsmodell von Uber wurde von deutschen Gerichten bisher hartnäckig abgelehnt. Unterschiedliche Versionen und Ausführungen der App wurden in der Vergangenheit von diversen verwaltungs- und zivilgerichtlichen Instanzen geprüft und regelmäßig für rechtswidrig befunden.

Das ursprüngliche Geschäftsmodell „Uber Pop″ sah eine Vermittlung von Personenbeförderungen durch Uber an Fahrer mit privatem Fahrzeug vor. Für diesen Ansatz erhielt Uber bereits 2015 eine Absage vom LG Frankfurt (Urteil v. 18. März 2015 – 3/08 O 136/14), die durch das OLG Frankfurt bestätigt wurde (Urteil v. 9. Juni 2016 – 6 U 73/15). Die Gerichte sahen in Uber Pop eine unlautere geschäftliche Handlung, da die Fahrgastbeförderung unter Vermittlung der App einen entgeltlichen Gelegenheitsverkehr i.S.v. § 46 Abs. 2 Nr. 1 PBefG, d.h. eine Taxidienstleistung, darstelle und diese nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG genehmigungspflichtig sei. Entsprechende Genehmigungen lagen nicht vor – dies stelle einen Wettbewerbsverstoß dar und müsse unterlassen werden.

In Hamburg wehrte Uber sich bereits 2014 gegen einen Gewerbeuntersagungsbescheid der Stadt Hamburg in Bezug auf Uber Pop. Jedoch ohne Erfolg – das OVG Hamburg bestätigte, dass ein Verstoß gegen das PBefG eine Untersagung nach der einschlägigen ordnungsrechtlichen Generalklausel rechtfertige (Beschluss v. 24. September 2014 – 3 Bs 175/14).

BGH: Auch Vermittlung von Mietwagen via „Uber Black“ war wettbewerbswidrig

Die nächste empfindliche Niederlage fügte der Bundesgerichtshof dem amerikanischen Unternehmen zu (Urteil v. 13. Dezember 2018 – I ZR 3/16). Das Urteil bezog sich konkret auf den Limousinenservice „Uber Black″, über den via App ein oberklassiger Mietwagen bestellt werden konnte. Uber hatte sein Geschäftsmodell mittlerweile umgestellt und vermittelte nunmehr den Fahrauftrag an eine Mietwagenfirma und wickelte zudem den Zahlungsverkehr zwischen Fahrgast und Mietwagenunternehmen ab.

Nachdem die Instanzgerichte bereits zugunsten des klagenden Berliner Taxiunternehmens geurteilt hatten, legte der BGH den Fall zunächst dem EuGH vor, um eine mögliche Verletzung der Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 bis 62 AEUV) durch die gesetzliche Regulierung der Personenbeförderung prüfen zu lassen (Gegnerin war die für den europäischen Markt zuständige niederländische Tochter des US‑amerikanischen Unternehmens Uber B.V.). In einem parallel anhängigen Vorabentscheidungsverfahren aus Spanien, in dem Uber ebenfalls Klagegegnerin war, sahen die Luxemburger Richter jedoch weder einen Verstoß gegen Grundfreiheiten noch sonstiges europäisches Recht (Urteil v. 20. Dezember 2017 – C-434/15), sodass der BGH seine Anfrage zurückziehen konnte.

Die Karlsruher Richter bestätigten sodann die Vorinstanzen und monierten, dass gem. § 49 Abs. 4 S. 2 PBefG die unmittelbare Annahme von Beförderungsaufträgen durch Fahrer von Mietwagen unabhängig davon unzulässig sei, ob die Auftragserteilung durch die Fahrgäste selbst oder einen Vermittler erfolge. Im Unterschied zum Verkehr mit Taxen i.S.v. § 47 PBefG dürfe ein Mietwagenunternehmen nämlich gem. § 49 Abs. 4 S. 2 PBefG nur Beförderungsaufträge ausführen, die am Betriebssitz eingegangen seien. Zudem müsse der Mietwagen nach Ausführung der Fahrt unverzüglich zum Betriebssitz zurückkehren, es sei denn, er habe vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten (§ 49 Abs. 4 S. 3 PBefG). Diese Vorgaben seien Marktverhaltensregeln i.S.v. § 3a UWG und die vom BGH zu bewertende Uber‑Applikation entspreche diesen Vorgaben nicht.

LG Frankfurt: Uber fehlt eigene Mietwagenkonzession

Im Dezember letzten Jahres führte das Landgericht Frankfurt die bisherige Rechtsprechungslinie fort und untersagte die Vermittlung von Beförderungsaufträgen an Mietwagenunternehmen mittels der Uber App (Urteil v. 19. Dezember 2019 – 3-09 O 44/19, nicht rechtskräftig). Obwohl Uber seit der BGH‑Entscheidung weitere Anpassungen des Geschäftsmodells vorgenommen habe, sei der Betrieb der App aus unterschiedlichen Gründen wettbewerbswidrig.

Zum einen fehle Uber selbst eine Mietwagenkonzession, welche für die Vermittlung von Fahrten an die Fahrer der Mietwagen im Fall von Uber jedoch notwendig seien. Als Gelegenheitsverkehr i.S.d. §§ 46 Abs. 2 Nr. 3, 49 Abs. 4 PBefG ist der Verkehr mit Mietwagen nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 PBefG genehmigungspflichtig. Das Gericht folgte der Rechtsauffassung von Uber nicht, dass über die App lediglich eine Fahrt vermittelt werde, ohne dass Uber selbst Mietwagenunternehmer i.S.d. PBefG sei:

Aus der Sicht des Fahrgastes erbringt Uber selbst die Dienstleistung und ist daher Unternehmer im Sinne des Personenbeförderungsgesetzes.

Durch seine Werbung gegenüber den Fahrgästen trete Uber als Anbieter der Beförderungsleistung auf, wähle zudem den konkreten Fahrer aus und bestimme den Preis.

Darüber hinaus verstoße die App in ihrer durch das Gericht überprüften Version gegen die Pflicht aus § 49 Abs. 4 S. 2 PBefG, nur solche Beförderungsaufträge auszuführen, die vorher am Betriebssitz des Mietwagenunternehmens eingegangen seien. Die Fahrer würden selbst Beförderungsanfragen annehmen, ohne dies über die Zentrale laufen zu lassen. Uber weise die Mietwagenunternehmen zwar an, die gesetzlichen Regeln einzuhalten, überprüfe dies jedoch nicht hinreichend (so auch das LG Köln, Urteil v. 23. Oktober 2019 – 81 O 74/19).

Schließlich liege ein Verstoß gegen die Rückkehrpflicht aus § 49 Abs. 4 S. 3 PBefG vor, wonach der Mietwagen nach der Fahrt unverzüglich zum Betriebssitz zurückkehren müsse, es sei denn, er habe vor der Fahrt von seinem Betriebssitz oder während der Fahrt fernmündlich einen neuen Beförderungsauftrag erhalten. Nachweislich hätten Fahrer gegen diese Pflicht verstoßen, indem sie längere Zeit in der Nähe des Frankfurter Flughafens auf neue Aufträge gewartet hätten.

LG München I: Fahrer haben Entscheidungshoheit über Aufträge

Mit ähnlichen Argumenten untersagte auch das LG München I die über die App angebotenen Fahrdienstleistungen Uber Black, Uber X und Uber Van in München (Urteil v. 10. Februar 2019 – 4 HK O 14935/16).

Mit der zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung am 2. Dezember 2019 aktuellen Version der App nehme Uber zumindest billigend in Kauf, dass die jeweiligen Fahrer die Entscheidungshoheit über den jeweiligen Auftrag behielten und nicht der zuständige Mietwagenunternehmer. Dadurch, dass die Fahrer die potenziellen Fahrgäste über die App bereits sehen könnten, bevor der Auftrag aus der Zentrale komme, werde die Rückkehrpflicht missachtet, da die Fahrer sich direkt zu den Fahrgästen begeben würden.

Uber verteidigte sich damit, dass dieses Vorgehen mit den zuständigen Ordnungsbehörden abgesprochen sei. Dies hielten die Richter jedoch nicht für ausreichend, da keine ausdrücklichen Erlaubnisse der zuständigen Behörde vorlagen.

Uber zeigt sich unbeeindruckt und pragmatisch

Trotz der jüngsten Niederlagen vor deutschen Gerichten zeigt sich der US‑Fahrdienstleister unbeeindruckt und gewohnt pragmatisch. Bereits Ende Dezember 2019 ist das Geschäftsmodell laut einem Unternehmenssprecher in Deutschland komplett umgestellt worden. Die Urteile der Landgerichte Frankfurt und München betreffen daher eine veraltete Version der App, die nicht mehr im Gebrauch ist.

Teil des neuen Geschäftsmodells ist unter anderem, dass Uber pro Stadt nur noch mit einem Mietwagenunternehmen zusammenarbeitet, welches wesentliche Aufgaben wie die Bestimmung der Preise übernehmen wird. Auch bezüglich der Rückkehrpflicht aus § 49 Abs. 4 PBefG wurde nachgebessert – in die App wurde ein Prozess integriert, über den die Einhaltung der Rückkehrpflicht überwacht wird. Umgeht ein Fahrer die gesetzlichen Vorgaben, soll er von der Vermittlung durch Uber ausgeschlossen werden. Zudem werden die Fahrer zukünftig erst nach Bearbeitung der Anfrage durch das Mietwagenunternehmen in der App den Standort der Fahrgäste sehen können und die Fahrgäste werden vor Fahrtantritt darüber informiert, welches Beförderungsunternehmen ihre Fahrt ausführt.

Das neue Geschäftsmodell entwickelte Uber speziell für den deutschen Markt. Damit wird allen Kritikpunkten, die von den Gerichten moniert wurden, begegnet. Es dürfte gleichwohl nur eine Frage der Zeit sein, bis auch dieses Modell von einem Taxiunternehmen vor Gericht gebracht wird. Bisher zeigen sich die Richter als Verteidiger der Rechte klassischer Taxiunternehmen – es bleibt abzuwarten, wie lange diese Haltung noch auf der Grundlage geltenden Rechts und unter Berücksichtigung der Flexibilität von Uber aufrechterhalten werden kann.

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