20. März 2017
Twitter Urheberrecht
Urheberrecht

Sind Twitter-Meldungen schutzfähig?

Sind Tweets schutzfähig? Greift das Urheberrecht auch bei Twitter-Nachrichten? Das Landgericht Bielefeld verneint dies in einer aktuellen Entscheidung.

Kann ich die Tweets anderer in meine Werbung oder sonstige Kommunikation übernehmen? Das kommt unter anderem darauf an, ob der jeweilige Tweet urheberrechtlich geschützt ist. Das Landgericht Bielefeld hat nun in einem aktuellen Fall die Schutzfähigkeit für eine Twitter-Meldung („Tweet“) verneint (Beschluss v. 03.01.2017 –  4 O 141/16).

Twitter-Meldung wird auf Postkarte abgedruckt

In dem Fall verfasste der Antragsteller bereits im Jahr 2014 bei Twitter den Tweet „Wann genau ist aus ‚Sex, Drugs & Rock ’n Roll‘ eigentlich ‚Lactoseintoleranz, Veganismus & Helene Fischer‘ geworden?″. Die Antragsgegnerin übernahm den Spruch ohne Einwilligung des Antragstellers auf von ihr vertriebenen Postkarten.

Der Antragsteller sah hierin eine Urheberrechtsverletzung und verlangte im Rahmen eines Prozesskostenhilfebegehrens Unterlassung, Auskunft und Feststellung der Schadensersatzpflicht. Das Landgericht Bielefeld lehnte die Ansprüche ab.

Twitter-Meldung hat keine ausreichende Schöpfungshöhe

Es handele sich bei dem Tweet nicht um ein urheberrechtlich geschütztes Sprachwerk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG. Es fehle an der notwendigen Schöpfungshöhe. Zwar setze ein urheberrechtlich geschütztes Werk keinen Mindestumfang voraus. Die Kürze einer Äußerung könne jedoch als Indiz gegen den Urheberrechtsschutz sprechen, da sie häufig nicht genug Gestaltungsspielraum biete, um die notwendige Schöpfungshöhe zu erreichen.

Der kurze Text bediene sich nur der Alltagssprache. Allein durch die Anordnung, Verknüpfung und Gegenüberstellung des ohnehin bereits seit Jahrzehnten verwendeten Begriffs „Sex, Drugs & Rock ’n Roll″ mit weiteren schlagwortartigen Begriffen aus dem alltäglichen und aktuellen Sprachgebrauch, werde der notwendige Grad der Gestaltungshöhe nicht erreicht.

Tweets sind mit einem Werbeslogan vergleichbar

Zwar weise der Tweet einen gewissen Sprachwitz auf. Dieser genüge jedoch nicht, um seinen Urheberrechtschutz zu begründen. Vielmehr entspreche der Tweet eher einem Werbeslogan. Bei kurzen Werbeslogans sei jedoch anerkannt, dass diesen gerade kein Urheberrechtsschutz zukomme.

Schutzfähigkeit einer Twitter-Meldung ist einzelfallabhängig

Die urheberrechtliche Schutzfähigkeit von einzelnen Sätzen, also z. B. Tweets, ist einzelfallabhängig. Kurze Sätze werden nur selten die notwendige Individualität und Gestaltungshöhe erreichen. Gerade weil sie im Umfang begrenzt sind, müssen an ihre eigenschöpferische Prägung besondere Anforderungen gestellt werden.

Die Rechtsprechung hat dies in der Vergangenheit in Ausnahmefällen bejaht, zum Beispiel beim berühmten Spruch von Karl Valentin

Mögen hätte ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut

(LG München I, Urteil v 08.09.2011 – 7 O 8226/11). Oder aber beim Zitat von Loriot

Der Vater meiner Mutter war in Potsdam Kommandeur der Leibkompanie des Kaisers und musste seiner Majestät immer die neuesten Witze erzählen. So kam von zwei Seiten ein gewisser Sinn von Humor auf mich zu, dem ich gar nicht ausweichen konnte

(LG Braunschweig, Urteil v. 16.01.2013 – 9 O 1144/12).

Im vorliegenden Fall hat das Landgericht Bielefeld für den Tweet des Antragstellers zu Recht den Urheberrechtsschutz verneint. Den bekannten Begriff des „Sex, Drugs & Rock ’n Roll″ werden – in eine Frage eingekleidet – nur drei weitere Begriffe gegenübergestellt. Besonders kreativ ist dies in der Tat nicht. Zuletzt hatte das OLG Köln dem Untertitel „Wenn das Haus nasse Füße hat″ den Urheberrechtsschutz abgesprochen.

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