Die Vereinbarung von Vertragsstrafen bietet für den Gläubiger viele Vorteile. Werden sie im Rahmen allgemeiner Geschäftsbedingungen vereinbart, ist besondere Sorgfalt geboten.
Der BGH bestätigt seine strenge Linie zur Vereinbarung von Vertragsstrafen in Verträgen, bei denen wechselseitige Leistungspflichten der Parteien bestehen (Urteil v. 31. August 2017 – VII ZR 308/16). Durch sorgfältige Vertragsgestaltung lassen sich die daraus für Gläubiger erwachsenden Risiken beherrschen.
Vertragsstrafe als Instrument der Wahl
Die Vereinbarung von Vertragsstrafen erfüllt eine doppelte Funktion: Zum einen wird der Schuldner dazu angehalten, zur Vermeidung der Vertragsstrafe die strafbedrohten Pflichtverletzungen zu vermeiden. Zum anderen kann der Gläubiger Vertragsverletzungen mit der Geltendmachung der Vertragsstrafe effektiv ahnden, ohne dass er die ihm erwachsenen Schäden im Einzelnen nachweisen muss.
Vertragsstrafen sind daher ein besonders effizientes Instrument, Vertragspartner zu pflichtgetreuem Verhalten anzuhalten und im Falle von Vertragsverletzungen zumindest die Diskussion über Schäden des Gläubigers zu vermeiden. Bei vielen Pflichten, wie z.B. bei Vertraulichkeitsvereinbarungen, wäre ein Schaden zudem nur im Ausnahmefall vernünftig bezifferbar.
Die Krux der AGB
Diese Vorteile der Vertragsstrafe erkennt auch die Rechtsprechung als sachgerecht an, stellt aber im Bereich allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) strenge Anforderungen an die Formulierung von Vertragsstrafeklauseln.
Dies illustriert sehr anschaulich ein vom BGH entschiedener Fall: Der Herausgeber des Restaurantgutscheinhefts „Schlemmerblock″ vertrieb Anzeigen gegen die Auflage, Überbringern von Gutscheinen Gerichte zu ermäßigten Preisen anzubieten. Im Falle einer Vertragsverletzung durch teilnehmende Restaurants sollten diese eine Vertragsstrafe in Höhe von EUR 2.500,00 zahlen.
Der BGH entschied, dass diese Klausel unwirksam sei. Das in Anspruch genommene Restaurant musste die Vertragsstrafe nicht bezahlen, obwohl es sich vertragswidrig geweigert hatte, ermäßigte Speisen gegen Gutscheinvorlage anzubieten.
Das Gericht begründet dies damit, dass im Falle von AGB Vertragsstrafen nicht außer Verhältnis zum Gewicht des Vertragsverstoßes und zu den Folgen für den Schuldner stehen dürfen. Wird eine pauschale Vertragsstrafe für jeden denkbaren Pflichtverstoß angedroht, muss diese im Hinblick auf den typischerweise geringsten Vertragsverstoß noch angemessen sein.
Dieser Maßstab sei beim „Schlemmerblock″-Vertrag nicht eingehalten worden: Nach dem Wortlaut des Vertrages wäre die Vertragsstrafe selbst für die Ausgabe zu kleiner Portionen oder unfreundlichen Service verwirkt gewesen. Für derartig marginale Vertragsverletzungen sei ein Betrag von EUR 2.500,00 nicht mehr verhältnismäßig.
Mögliche Gestaltungen für Gläubiger
Für die Vereinbarung von Vertragsstrafen auf Grundlage vorformulierter Klauseln des Gläubigers bieten sich drei mögliche Auswege an:
Zunächst kann die Vertragsstrafe genau auf die Sanktionierung derjenigen Vertragspflicht zugeschnitten werden, um deren Absicherung es dem Gläubiger hauptsächlich geht. Im Falle des „Schlemmerblocks″ hätte etwa nur die unberechtigte Verweigerung der Gutscheineinlösung unter Vertragsstrafe gestellt werden können. Außerdem kann der Gläubiger für verschiedene Kategorien von Vertragsverstößen verschiedene Vertragsstrafenhöhen festlegen, z.B. gestaffelt nach leichten, mittleren und schweren Verstößen.
Alternativ kann auch an das wirtschaftliche Gewicht eines Verstoßes angeknüpft werden, z.B. durch Festlegung eines Prozentsatzes auf den Umsatz vertragswidrig gelieferter Waren. In beiden Fällen ist darauf zu achten, dass die Vertragsstrafen nicht unverhältnismäßig hoch sind. Kriterien sind dabei vor allem die Bedeutung der gesicherten Pflicht und Gefahren/Schäden, die von einer Pflichtverletzung für den Gläubiger ausgehen sowie die wirtschaftliche Belastung des Schuldners.
Als flexible Möglichkeit der Vertragsgestaltung bietet es sich schließlich an, die genaue Höhe der Vertragsstrafe offenzulassen. Stattdessen wird dem Gläubiger das Recht eingeräumt, einen angefallenen Verstoß zu bewerten und im Einzelfall eine angemessene Vertragsstrafe festzulegen. Dem Schuldner wird im Gegenzug das Recht eingeräumt, die Angemessenheit der festgesetzten Vertragsstrafe gerichtlich überprüfen zu lassen.
Alles anders bei vorformulierten Unterlassungserklärungen im Zuge von Abmahnungen
Milder ist die Rechtsprechung im Falle von Abmahnungen wegen der Verletzung von Schutzrechten oder wettbewerbswidrigen Verhaltens. In diesen Fällen ist eine Vertragsstrafenklausel in vom Gläubiger vorformulierten Unterlassungserklärungen nur dann unwirksam, wenn der festgelegte Betrag
bereits auf den ersten Blick außer Verhältnis zu dem mit der Vertragsstrafe sanktionierten Verstoß und den Gefahren steht, die mit möglichen zukünftigen Verstößen für den Unterlassungsgläubiger verbunden sind (BGH, Urteil v. 13. November 2013 – I ZR 77/12).
Dieser Maßstab erlaubt dem Gläubiger einen größeren Einschätzungsspielraum und ist vor allem nicht am typischerweise geringsten Verstoß zu bemessen.
Fazit: Auf die Formulierung kommt es an
Vertragsstrafeklauseln sind neben der Vereinbarung von Kündigungsgründen oder Ansprüchen auf Vertragsanpassung das Mittel der Wahl, um Pflichtverletzungen der Gegenseite vorzubeugen oder diese jedenfalls effektiv zu sanktionieren.
Bei ihrer Abfassung ist besondere Sorgfalt geboten, um der Gegenseite nicht im Streitfall den Einwand des AGB-Verstoßes zu eröffnen. Neben wirtschaftlich sachgerechten Staffelungen oder der Beschränkung auf dem Gläubiger besonders wichtige Pflichten bietet sich die Vereinbarung einer vom Gläubiger im Einzelfall festzusetzenden, gerichtlich überprüfbaren Vertragsstrafe an, um dieses Risiko zu vermeiden.