Plakatwerbung ist nett, aber auch ein wenig antik. Denn was ist der Unterschied zwischen einem Graffito auf den Mauern Pompejis, das auf einen Arzt hinweist, und der großflächigen Plakatwerbung einer Schönheitsklinik, die den Kampf gegen den Winterspeck anbietet?
Selbstverständlich wirken Plakatwerbung und andere „antiquierte″ Werbeformen wie Anzeigen, Funk- und Fernsehspots und Mailings auch heute noch. Doch so richtig in den Fokus der Aufmerksamkeit gelangen häufig eher ungewöhnliche Werbeaktionen, die auffallen und polarisieren: Guerilla-Marketing erscheint daher sehr verlockend. Doch ist das werberechtlich überhaupt erlaubt?
Die typische Antwort aus juristischer Sicht lautet: „Es kommt darauf an″. Denn genauso wenig wie es „das″ Guerilla-Marketing gibt, gibt es spezielle Regelungen, die Guerilla-Marketing als solches verbieten. Nachdem es sich allerdings auch bei dem Guerilla-Marketing um Werbung handelt (siehe hierzu auch Teil 1 unserer Serie), müssen sich solche unkonventionellen Werbeaktionen an den Regelungen des UWG messen lassen.
Guerrilleros müssen sachlich bleiben
§ 4 Nr. 1 UWG verbietet die unsachliche Einflussnahme auf Verbraucher. Hintergrund dafür ist, dass Verbraucher ihre Kaufentscheidung objektiv aufgrund einer Bewertung des Produktes selbst treffen sollen. Werbung, die die Entscheidungsfreiheit des Verbrauchers beeinträchtigt und ihn ohne objektive Prüfung des Produktes zu einer Kaufentscheidung veranlasst, ist daher unlauter. Suggeriert eine Guerilla-Marketing-Aktion zum Beispiel durch drastische Darstellungen, die Verwendung des Produkts des Werbenden sei der einzige Ausweg in einer bestimmten, dramatischen Situation, kann hierin ein Verstoß gegen § 4 Nr. 1 UWG liegen.
Guerilla-Marketing kann auch gegen § 4 Nr. 2 UWG verstoßen. Diese Regelung verbietet das Ausnutzen von Leichtgläubigkeit, Angst und Zwangslagen. § 4 Nr. 2 UWG hat insbesondere geschäftlich unerfahrene Personengruppen wie Kinder und Jugendliche im Blick. Wendet sich eine Marketingkampagne mit Guerilla-Elementen an solche Personengruppen, sollte daher ganz genau hingesehen werden, ob eine Verletzung von § 4 Nr. 2 UWG droht.
Keine Tarnmanöver
Besonders erfolgversprechend aus Sicht der Werbenden erscheinen Guerilla-Marketing-Maßnahmen, die auf den ersten und sogar auf den zweiten Blick gar nicht als Werbung wahrgenommen werden. Denn je werbeferner eine solche Aktion ist, desto eher bleibt sie nach der Enthüllung des Werbegedankens im Gedächtnis. Das UWG duldet „getarnte″ Werbung aber nicht: § 4 Nr. 3 UWG regelt, dass der werbliche Charakter von Werbeaktionen nicht verschleiert werden darf.
Guerilla-Marketing findet häufig in „freier Wildbahn″ statt. Dabei ist fremdes Eigentum zu respektieren: Wer eine Guerilla-Werbeaktion plant, die zumindest auch darauf beruht, Sachen Dritter zu beschädigen, muss insoweit die zivil- und strafrechtlichen Folgen einkalkulieren. Zudem können Guerilla-Aktionen auf fremden Grund und Boden den Tatbestand des Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB) erfüllen. Wird ein solcher Hausfriedensbruch zur Anzeige gebracht, kann daraus ein Strafverfahren werden – Guerilla-Marketing hin oder her.
Soll die Guerilla-Marketing-Aktion im öffentlichen Raum (also zum Beispiel auf Straßen, in Fußgängerzonen oder an Flüssen) stattfinden, ist nicht selten auch die zuständige Gemeinde- oder Stadtverwaltung im Vorfeld einzubinden und um eine Genehmigung zu bitten. Denn nicht alles, was im öffentlichen Raum stattfindet, ist genehmigungsfrei.
Wie aber passt das anarchische Guerilla-Marketing mit so vielen Regeln zusammen? Sehr gut, wenn Guerilla-Marketing pfiffig, ruhig ein bisschen frech, dafür aber transparent und alles in allem ungefährlich ist.