Bestimmte kosmetische Mittel dürfen ohne Angabe des Grundpreises angeboten werden. Das OLG Celle stellt nun klar, dass diese Ausnahme eng auszulegen ist.
Beim Angebot von Waren im Verkehr mit Verbrauchern gilt in vielen Fällen, dass zwei Preise anzugeben sind. Man kennt das aus dem Supermarkt: Neben dem Gesamtpreis inklusive Umsatzsteuer (früher: Endpreis) wird vielfach der Preis pro Mengeneinheit, häufig pro Liter, Kilo, pro 100 Milliliter oder Gramm, angegeben.
Von diesem Grundsatz gibt es eine Ausnahme für bestimmte kosmetische Mittel, über die das OLG Celle in einem aktuellen Urteil vom 07. März 2017 (Az.: 13 U 158/16) zu entscheiden hatte.
Ausnahme für Kosmetika die ausschließlich Färbung und Verschönerung dienen
Konkret ging es um ein Haarwachstumsserum und eine Antifaltencreme, bei denen sich die Frage stellte, ob diese – wie es die Ausnahmeregelung des § 9 Abs. 5 Nr. 2 der Preisangabenverordnung (PAngV) fordert –
ausschließlich der Färbung oder Verschönerung der Haut, des Haares oder der Nägel dienen.
Das Gericht kam anders als die Vorinstanz zu dem Schluss, dass die Ausnahmevorschrift restriktiv anzuwenden ist und daher nicht auf Produkte anwendbar ist,
- deren Effekt erst nach regelmäßiger Anwendung über einen längeren Zeitraum eintritt,
- deren Wirkung dadurch eintritt, dass sie zunächst körpereigene Funktionen anregen,
- oder die (auch) die Pflege von Haut, Haar und Nägeln bezwecken.
Diese Voraussetzungen lägen bezogen auf das Haarserum und die Antifaltencreme nicht vor. Beide beinhalten nach Ansicht des OLG jeweils auch eine pflegende Komponente. Zudem beruhe ihre Wirkung darauf, dass körpereigene Funktionen angeregt würden und sei nicht kurzfristig zu erreichen. Die Wirkweise und den Hinweis auf die pflegende Wirkung entnahmen die Richter dabei aus der Produktbeschreibung selbst.
Ausnahmecharakter soll gewahrt bleiben
Das Landgericht Hannover hatte in der Vorinstanz noch vertreten, dass kosmetischen Produkte nur dann nicht in den Anwendungsbereich der Ausnahmevorschrift fallen, wenn sie zur medizinischen Behandlung von krankhaften Zuständen verwendet werden.
Dem tritt das OLG entgegen, indem es darauf besteht, dass die Kosmetika ausschließlich dekorativen und nicht auch pflegenden Zwecken dienen dürfen. Ansonsten würde die Ausnahme zur Regel werden. Dies erwähnt das Gericht zwar eher nebenbei, gleichwohl kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Gedanke ausschlaggebend für die Entscheidung war.
Wann dienen Kosmetika ausschließlich der Färbung oder Verschönerung?
In der Tat kann man sich nun fragen, für welche kosmetischen Produkte die Anwendung des Ausnahmetatbestandes bei restriktiver Auslegung überhaupt noch in Betracht kommt. Schaut man sich in Drogerien um, wird schnell deutlich, dass viele Produkte zumindest nebenbei auch pflegen sollen: In Haarfarbe sind Öle enthalten; in Nagellack Substanzen um die Nägel zu stärken und in Lidschatten pflegende Mineralien. Wenn aber diese Klassiker der Färbung, bzw. Verschönerung nicht mehr ausschließlich dieser dienen, welche tun es dann? Und sollte die Norm dann derart restriktiv ausgelegt werden?
Sinn und Zweck – Verbraucherschutz
Das Oberlandesgericht argumentiert damit, dass Hintergrund der Ausnahme sei, dass Verschönerungsmittel, die nur der sofortigen und kurzfristigen Änderung des Erscheinungsbildes dienen – als Beispiel wird das Haarfärbemittel genannt –, in der Regel ohne Rücksicht auf die Menge gekauft würden. In diesen Fällen ist die Angabe eines Grundpreises gemäß § 2 PAngV überflüssig, da der Verbraucher diesen nicht zum Preisvergleich benötigt.
Demgegenüber komme es dem Verbraucher nach Auffassung des Gerichts bei Pflegeprodukten, die wiederholt angewendet werden müssen, auf die Menge an. Hier würden die Kunden verstärkt auf die typischen Preise achten und diese anhand der Grundpreise vergleichen.
Das Gericht beruft sich dabei auch auf die Vollzugshinweise des Bayrischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Infrastruktur, Verkehr und Technologie. In denen werden – nicht abschließend – diverse dekorative kosmetische Mittel, wie beispielsweise Make-up, Bräunungsmittel, Wimperntusche, Eye-Line-, Augenbrauen und Abdeckstifte, Nagellack, Haarfärbemittel, färbende Lippenstifte und Theaterschminke, genannt. Eben diese Produkte sollen unter die Ausnahmevorschrift fallen. Allein die Produkte Make-up, Schönheitskleie, Gesichtspuder und Eye-Shadow sind dort mit dem Zusatz „wenn nicht auch pflegend“ versehen.
Entscheidung lässt Fragen offen – Grundpreis sollte sicherheitshalber genannt werden
Im konkreten Fall erscheint die Entscheidung des OLG Celle nachvollziehbar: Die Anti-Falten-Creme dient eindeutig vornehmlich der Pflege der Haut und auch bei einem Haarwuchsserum kann wohl nicht mehr von einer bloßen Verschönerung gesprochen werden.
Allerdings lässt das vom OLG gewählte Beispiel des Haarfärbemittels und die Liste in den Vollzugshinweisen des Bayrischen Wirtschaftsministeriums den Rechtsanwender ratlos zurück: Nimmt der Verbraucher bei Haarfärbemitteln eher einen Preisvergleich vor, wenn diese auch pflegende Komponenten enthalten? Sind für den Käufer von Produkten wie Bräunungsmittel und Theaterschminke nicht vielleicht gerade die angebotene Menge und der Preis pro Mengeneinheit relevant? Gibt es überhaupt färbende Lippenstifte, die nicht zumindest auch pflegende Eigenschaften haben, und wenn ja, benötigt der Verbraucher hier gar deshalb keine Grundpreisangabe, weil er von einem solchen Produkt möglichst wenig erwerben will?
Vor diesem Hintergrund erscheint die Unterscheidung von kosmetischen Mitteln anhand von ausschließlich färbenden und verschönernden Eigenschaften nicht sachgerecht. Die Ratio der Norm, dass es dem Verbraucher bei verschönernden Kosmetika weniger auf den Preis je Mengeneinheit ankommt, ist nicht von der Hand zu weisen.
Es fragt sich jedoch, ob diesem Zweck nicht eine Abgrenzung anhand des schwerpunktmäßigen Anwendungszwecks dienlicher wäre. Angesichts des eindeutigen Wortlauts der Norm und der regelmäßig restriktiven Auslegung durch die Rechtsprechung ist bei Kosmetika, die zwar färben oder verschönern, aber auch pflegende Bestandteile enthalten, jedoch der sicherste Weg, den Grundpreis zu nennen.