Durch Anklicken eines einzelnen „Jetzt kaufen“-Buttons kann nicht gleichzeitig ein Kaufvertrag und eine kostenpflichtige Mitgliedschaft abgeschlossen werden.
Mit Erfolg ist die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor dem Oberlandesgericht Nürnberg (Urteil v. 29. Mai 2020 – U 3878/19) gegen die Gestaltung der finalen Bestellmaske eines Onlineshops vorgegangen. Die Nürnberger Richter urteilten, dass es gegen geltendes Verbraucherschutzrecht verstoße, wenn mit einem einzigen Klick auf einen Bestellbutton mit der Aufschrift „Jetzt kaufen“ gleichzeitig ein Kaufvertrag über Waren und eine kostenpflichtige Jahresmitgliedschaft bei der Beklagten abgeschlossen werden.
Darüber hinaus stellte das OLG fest, dass der Shopbetreiber seine Pflicht zur Information des Verbrauchers über die wesentlichen Eigenschaften der Ware verletzt, wenn diese Informationen lediglich durch herunterscrollen auf der finalen Bestellseite und Anklicken einer Produktabbildung sichtbar werden.
Verbraucher muss bei Bestellung über Zahlungspflicht belehrt werden
Die für den Rechtsstreit entscheidende verbraucherschützende Vorschrift ist § 312j Abs. 3 BGB. Darin heißt es wie folgt:
Der Unternehmer hat die Bestellsituation (…) so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zu einer Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers aus Satz 1 nur erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern ‚zahlungspflichtig bestellen‘ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
Die Bestellung von Waren bei der Beklagten lief zunächst nach bekanntem Schema ab: Der Verbraucher legte einen Artikel aus dem Sortiment in seinen virtuellen Warenkorb und konnte sodann den Bestellvorgang an der virtuellen Kasse abschließen. Auf der Seite für den Bestellabschluss befand sich unterhalb des Buttons „Jetzt kaufen“ der folgende Hinweis:
Mit Deinem Kauf startet eine 28-tägige Testphase, die jederzeit kündbar ist. Nach der Testphase werden 59 € für deine 12-monatige Mitgliedschaft abgebucht (4,90 €/Monat). Die Mitgliedschaft verlängert sich automatisch.
Für den Abschluss dieser kostenpflichtigen Mitgliedschaft war jedoch im Bestellflow keine separate Bestätigung durch den Verbraucher – etwa durch eine Checkbox – vorgesehen.
„Jetzt kaufen“ für Abonnementvertrag ungenügend
Das OLG sah in der Betätigung der Schaltfläche „Jetzt kaufen“ ausschließlich eine Willenserklärung des Verbrauchers gerichtet auf den Abschluss eines Kaufvertrages über die Ware. Die Willenserklärung habe sich gerade nicht auf den Abschluss einer kostenpflichtigen Mitgliedschaft erstreckt. Es handele sich nach Ansicht der Richter bei dem Abschluss der Mitgliedschaft bereits nach dem allgemeinen Sprachgebrauch nicht um einen Kauf, sondern um einen Betritt zu einer Kundengemeinschaft, die dem Verbraucher bestimmte Vergünstigungen verschaffe.
Zudem sei die Schaltfläche „Jetzt kaufen“ nicht auf den Abschluss eines Mitgliedschaftsvertrages abgestimmt. Der Begriff „Kaufen“ bringe nicht zum Ausdruck, dass eine dauerhafte Rechtsbeziehung begründet werden soll. Die Gestaltung des Bestellvorgangs müsse nicht nur die Zahlungspflicht, sondern darüber hinaus auch den Charakter der vertraglichen Bindung zumindest in groben Zügen vermitteln.
Der Ansicht der Beklagten, dass sich der Zweck des § 312j Abs. 3 BGB darauf beschränke, dem Verbraucher vor Augen zu führen, dass sein Klick auf den Bestellbutton ganz allgemein eine Zahlungspflicht auslöse, folgten die Richter nicht. Dies widerspreche dem Grundgedanken der EU‑Verbraucherrechterichtlinie (RL 2011/83/EU), die dem § 312j Abs. 3 BGB zugrunde liege. Demnach sei es wichtig, dass Verbraucher den Zeitpunkt erkennen, zu dem sie eine Zahlungsverpflichtung eingehen. Das Ziel, den Verbraucher vor Kostenfallen zu schützen, werde gerade nicht erreicht, wenn er durch die Betätigung eines „Jetzt kaufen“-Buttons einen Vertrag über ein nicht zuvor ausdrücklich ausgewähltes Abonnement abschließe.
Grundsätzlich können auch typenverschiedene Verträge mit einem Klick abgeschlossen werden
Die Beklagte argumentierte weiterhin, dass eine solche Praxis üblich sei, bei der Verbraucher mit einer Erklärung mehrere, auch typenverschiedene, Verträge abschließen. Dem widersprach das OLG nicht, stellte jedoch fest,
dass sich der Schutz des Verbrauchers nicht darauf beschränke, dass er überhaupt eine Zahlungspflicht bei Abgabe er Vertragserklärung erkennt.
Vielmehr müsse klar sein, auf welchen Vertragsgegenstand sich die Zahlungspflicht beziehe. Sofern dies transparent und eindeutig über einen einzigen Bestellbutton sowie die weiteren Umstände des Bestellvorgangs abgebildet werden kann, ist auch diese Gestaltung denkbar.
Verbraucher muss über die wesentlichen Eigenschaften der Ware informiert werden
Weiterhin eine Rolle spielte in dem Fall der § 312j Abs. 2 BGB, wonach ein Unternehmer einem Verbraucher bei einem online abgeschlossenen Vertrag vor Abschluss der Bestellung bestimmte Informationen zur Ware und den Konditionen der Bestellung
klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen
muss.
Diese Informationen und der Bestellbutton müssen bei üblicher Bildschirmauflösung gleichzeitig zu sehen sein, ohne dass der Verbraucher scrollen muss. Sie müssen laut Gesetzesbegründung in direktem zeitlichen und räumlich-funktionalem Zusammenhang zur Abgabe der Bestellung stehen. Erfolgt die Bestellung – wie bei Onlineshops üblich – durch die Betätigung eines Buttons, so müssen die Informationen also in räumlicher Nähe zu diesem angezeigt werden.
Die Beklagte stellte die Produktinformationen dergestalt zur Verfügung, dass dem Verbraucher unterhalb des „Jetzt kaufen“-Buttons auf der linken Seite ein Bild des ausgewählten Produkts angezeigt wurde. Dies jedoch nur nach vorherigem herunterscrollen und ohne zusätzliche Produktinformationen. Erst nach Anklicken der Abbildung öffnete sich ein Pop-Up-Fenster, in dem weitere Informationen zur Verfügung gestellt wurden. Diese Lösung genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen, so das OLG. Zum einen sei die Positionierung weit unterhalb des Bestellbuttons nicht geeignet, das Merkmal der Unmittelbarkeit zu erfüllen, da der Verbraucher hierbei die Information nicht bei Abgabe der Vertragserklärung einsehen könne. Und aus dem gleichen Grund sei auch die Zurverfügungstellung durch Klick auf ein Produktbild in einem Pop-Up-Fenster unzureichend.
Finale Bestellseite muss rechtlichen Anforderungen genügen
Das Urteil hebt zwei wesentliche praktische Pflichten hervor, die Onlineshop‑Betreiber zur Vermeidung von kostenpflichtigen Abmahnungen durch Wettbewerber oder Verbraucherschutzverbänden berücksichtigen sollten:
- Soll der Abschluss mehrerer, insbesondere typengemischter Verträge durch das Anklicken eines einzelnen Bestellbuttons eingeleitet werden, muss eine eindeutige und transparente Beschriftung gewählt werden. „Jetzt kaufen“ suggeriert den Abschluss eines Kaufvertrags – dies sollte bei dem Abschluss anderer Vertragstypen (z.B. Dienstleistungs- oder Abonnementverträge) berücksichtigt werden.
Im vorliegenden Fall hätte der Button etwa „Jetzt kaufen und Mitgliedschaft abschließen“ lauten können. Je nach Vertragsgegenstand und transparenter Information im Vorfeld käme auch z.B. „Zahlungspflichtig bestellen“ für den Abschluss typengemischter Verträge in Betracht. - Der Verbraucher muss zudem (zeitlich und räumlich) unmittelbar vor dem Bestellabschluss über die wesentlichen Eigenschaften der Waren bzw. Dienstleistungen, welche Gegenstand des abzuschließenden Vertrags sind, klar und verständlich in hervorgehobener Weise informiert werden. Die Informationen sollten sich im Übrigen direkt auf der Seite für den Bestellabschluss befinden und nicht mittelbar über einen Link oder ein Pop-Up Fenster zur Verfügung gestellt werden.