Verbraucherzentrale mahnt Safthersteller wegen irreführender Werbung mit Regionalbezug ab.
Die Regionalität von Lebensmitteln spielt für Verbraucher eine immer wichtigere Rolle. Zu den Vorteilen regionaler Lebensmittel zählen eine bessere Umweltbilanz und – so jedenfalls die Verbrauchererwartung – eine größere Frische. Auch die Unterstützung „ihrer“ regionalen Erzeuger ist etlichen Verbrauchern ein wichtiges Anliegen.
Viele Lebensmittelunternehmen machen sich den Trend zur Regionalität zu Nutze und bewerben ihre Produkte mit Regionalbezug. Weil die Angaben nicht immer korrekt sind, kommt es regelmäßig zu rechtlichen Auseinandersetzungen.
Nach eigenen Angaben mahnte die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg vor kurzem etwa einen Safthersteller vom Bodensee ab, der mit dem Ortsschild der Stadt Karlsruhe und dem Slogan „Der Karlsruher Apfelsaft“ geworben hatte. Tatsächlich enthielt der Apfelsaft aber gar keine Äpfel aus der Region Karlsruhe. Die Verbraucherzentrale Baden-Württemberg warf dem Hersteller vor, die Verbraucher über die vermeintliche Regionalität des Produkts in die Irre zu führen. Mit diesen Vorwürfen konfrontiert, gab der Hersteller eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.
Werbung mit Regionalbezug: Keine irreführenden Angaben
Dieses aktuelle Beispiel soll Anlass sein, sich einmal näher mit den in Deutschland geltenden Anforderungen für Werbungen mit Regionalbezug zu befassen:
Mit der VO (EU) Nr. 1151/2012 betreffend geschützte Ursprungsbezeichnungen und geografische Angaben, den §§ 126 ff. MarkenG betreffend geografische Herkunftsangaben, dem lebensmittelrechtlichen Irreführungsverbot in § 11 Abs. 1 LFGB und dem allgemeinen lauterkeitsrechtlichen Irreführungsverbot in § 5 UWG existieren verschiedene gesetzliche Regelungen, die im Kern mehr oder weniger dasselbe Verbot enthalten: Die Verbraucher dürfen über die Herkunft eines Lebensmittels nicht in die Irre geführt werden.
Problem: Was erwartet der Verbraucher?
Das ist soweit nicht sonderlich überraschend. Probleme ergeben sich in der Praxis aber häufig bei der Frage, ob eine solche Irreführung im Einzelfall droht: Wie intensiv muss der Bezug zu einer bestimmten Region sein, damit mit einem Regionalbezug geworben werden darf? Wie viele Zutaten eines Lebensmittels müssen aus der Region stammen? Und: Wie groß darf der Radius um den Herkunftsort sein?
Auf diese Fragen gibt es keine eindeutigen rechtlichen Antworten. Vielmehr kommt es stets auf die Verbrauchererwartung im Einzelfall an, die die Gerichte nach eigenem Ermessen ermitteln.
Nach Auffassung des OLG Hamm (Urteil vom 24. August 2010 – 4 U 25/10) verstößt die Bezeichnung „Himalaya-Salz” in Verbindung mit der Abbildung schneebedeckter Berge etwa gegen §§ 126 ff. MarkenG, sofern das Salz tatsächlich nicht aus dem Himalaya-Hochgebirge, sondern aus einer Vorgebirgsregion („Salt-Range”) stammt. Auf eine wissenschaftlich-geologische Betrachtungsweise komme es nicht an: Entscheidend sei, dass die Verbraucher über die Herkunft des Salzes in die Irre geführt würden.
Rohstoff oder Verarbeitungsort entscheidend? – Es kommt auf den Einzelfall an
Die Verkehrsauffassung entscheidet auch darüber, welche Produktionsschritte in dem bezeichneten geografischen Gebiet erfolgen müssen bzw. welche Rohstoffe aus dem geografischen Gebiet stammen müssen.
Dabei wird die Verkehrsauffassung im Einzelfall durch das jeweilige Erzeugnis geprägt. Es kommt entscheidend darauf an, welche Eigenschaften mit der zu beurteilenden Ware oder Dienstleistung verbunden werden. Bei bearbeiteten und verarbeiteten Naturerzeugnissen kommt es darauf an, ob für die Wertvorstellung der Verbraucher der Rohstoff oder eher die Verarbeitung des Produkts maßgeblich ist.
So erklärte das OLG Stuttgart (Urteil vom 4. Juli 2013 – 2 U 157/12) etwa die Werbung für Frischmilch unter der Marke „Mark Brandenburg“ für irreführend, weil die Milch in Köln abgefüllt wurde. Werde Frischmilch mit einer Herkunftsangabe beworben, erwarteten die Verbraucher jedenfalls, dass sie auch in der Nähe des Ortes – und nicht in einer Entfernung von 450 km – abgefüllt werde.
Im konkreten Fall half dem Hersteller auch nicht, dass er auf der Verpackung auf den Abfüllort hingewiesen hatte. Vielmehr wies das OLG Stuttgart zutreffend darauf hin, dass für „entlokalisierende Hinweise“ strenge Anforderungen gelten. So ist insbesondere erforderlich, dass der Hinweis im unmittelbaren Anschluss an die Herkunftsangabe wiedergegeben wird oder mit dieser Angabe zumindest durch ein Sternchen oder eine Fußnote verbunden ist. Anderenfalls ist nicht sichergestellt, dass die Verbraucher den Hinweis auch zur Kenntnis nehmen.
Fazit: Rechtskonforme Werbung oftmals schwierig
Die rechtskonforme Werbung mit geografischen Herkunftsangaben kann im Einzelfall schwierig sein. Angesichts der bestehenden Unsicherheiten ist eine vorherige rechtliche Beratung sinnvoll. Dass ein Fruchtsaft vom Bodensee nicht als „Karlsruher Apfelsaft“ beworben werden darf, dürfte unter Verbraucherschutzgesichtspunkten allerdings auf der Hand liegen.