Jemanden durch ein Gewinnspiel zum Kauf einer Ware zu verführen, sieht unser nationaler Gesetzgeber noch immer als Sünde an. Jedenfalls findet sich in § 4 Nr. 6 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) das so genannte „Kopplungsverbot″, mit dem diese unheilvolle Verbindung geächtet wird. Ein solches Per-se-Verbot ohne Wertungsmöglichkeit, wie es im UWG enthalten ist, ist allerdings mit den Vorgaben des EU-Gesetzgebers nicht vereinbar (EuGH GRUR 2010, 244 – Plus Warenhandelsgesellschaft).
Wie der Bundesgerichtshof im vergangenen Jahr entschieden hat, kann sich ein Verbot deshalb – trotz der Buchstaben des Gesetzes – nur noch daraus ergeben, dass aufgrund der Umstände des Einzelfalles die Kopplung eine unlautere Geschäftspraktik darstellt (BGH GRUR 2011, 532 Tz. 25 – Millionen-Chance II). Seit der „Millionenchance II-Entscheidung″ des BGH hat es – soweit ersichtlich – keine gerichtliche Entscheidung gegeben, mit der ein Gewinnspiel aufgrund der Kopplung mit dem Kauf der Ware verboten wurde. Das Oberlandesgericht Köln (Urteil v. 21.09.2012 – 6 U 53/12) macht nun im Streit um einen Fernsehspot den ersten Schritt. Aus dem Tatbestand:
„In dem Werbespot wirbt der bekannte Fernsehmoderator Thomas Gottschalk, der eine Familie aus Vater, Mutter und zwei Kindern sowie eine Mutter mit zwei Kindern beim Einkaufen im Supermarkt trifft, für Produkte der Beklagten: Tropifrutti, Colorado, Pico Balla, Phantasia und Goldbären. Beim Kauf von fünf Packungen zum Preis von ca. je 1 € kann man die Originaleinkaufsbelege einsenden und erlangt so die Chance, einen von 100 „Goldbärenbarren“ im Wert von 5.000 € zu gewinnen.″
Das Landgericht Köln hatte den Spot verboten – in zweiter Instanz hatte die Entscheidung nun ebenfalls Bestand. Zwar sei Werbung gegenüber Kindern und Jugendlichen mit einem an den Warenumsatz gekoppelten Gewinnspiel nicht generell unlauter, sondern erfordere eine Betrachtung des Einzelfalls. In diesem Einzelfall liege jedoch ein Verstoß gegen die „fachliche Sorgfalt″ auf Seiten des Werbenden vor. Hier würden nämlich Minderjährigen eine unrealistische Korrelation von Mehreinkauf und Gewinnchance vorgespiegelt, die dadurch zu einem Kauf über Bedarf angeregt würden:
Durch einen zusätzlichen Einkauf kann man daher voraussichtlich nur verhindern, dass die eigenen Gewinnchancen fallen, erhöhen kann man sie aber nicht ohne Weiteres. Auch wenn man sicherlich nicht verlangen kann, dass eine solche Wechselwirkung in einem Werbespot offengelegt wird, stellt es doch einen Verstoß gegen die fachliche Sorgfalt dar, wenn sie – wie hier – verschleiert wird durch die Szene, in der der kleine blonde Junge sagt: „Aber Thomas, wir haben aber viel größere Gewinnchancen“ und Thomas Gottschalk dies bestätigt mit „Da hat er Recht“.
Das Oberlandesgericht Köln hat vielleicht nicht das letzte Wort gesprochen – die Revision wurde ausdrücklich zugelassen.