Wer mit Allein- oder Spitzenstellung wirbt, muss tatsächlich einen entsprechenden Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern haben.
Eine Immobilienplattform warb mit dem Slogan „Zum Bestpreis verkaufen“ gegenüber potentiellen Verkäufern von Immobilien. In seinem Urteil vom 21. Juni 2019 entschied das Kammergericht (Az. 5 U 121/18), dass mit der Werbeaussage die Grenze einer zulässigen reklamehaften Übertreibung überschritten werde. Die Richter stuften die Werbeaussage als gemäß §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 S. 1 und 2 Nr. 1 UWG unzulässige Behauptung einer Spitzenstellung ein.
Das Urteil des Kammergerichts verdeutlicht, dass bei Allein- und Spitzenstellungswerbung auf die genaue Formulierung zu achten ist – insbesondere dann, wenn ein Superlativ in Verbindung mit einer messbaren Größe wie einem Verkaufspreis verwendet wird.
Bloße werbliche Übertreibung oder inhaltlich nachprüfbare Behauptung
Von Allein- und Spitzenstellungswerbung ist dann die Rede, wenn ein Unternehmer in Bezug auf konkrete Produkte oder auch generell für sich einen bedeutsamen Vorsprung vor sämtlichen Mitbewerbern behauptet und sich somit im Rang von seinen Mitbewerbern abheben will.
Als sprachliche Mittel zur Behauptung einer solchen Allein- oder Spitzenstellung kommen insbesondere Superlative und Komparative in Betracht. Jedoch spricht eine entsprechende Formulierung wie „beste Lage“ oder „beste Aussicht“ allein noch nicht für die Behauptung einer Allein- oder Spitzenstellung. Bei reklamehafter Übertreibung oder einer Aussage, die erkennbar nur reine Werturteile enthält, handelt es sich nicht um unzulässige Allein- oder Spitzenstellungswerbung.
Die Trennlinie verläuft zwischen bloßen werblichen Übertreibungen, die nicht dem Irreführungsverbot unterfallen, und inhaltlich nachprüfbaren Aussagen über geschäftliche Verhältnisse. Dabei kommt es für die Beurteilung der Zulässigkeit entscheidend darauf an, wie der durchschnittlich informierte und verständige Verbraucher die Werbeaussage versteht.
Für die Aussage „Zum Bestpreis verkaufen“ stellte das Kammergericht vor dem Hintergrund, dass zu den angesprochenen Verkehrskreisen der Werbeaussage auch Personen gehörten, die vor dem Besuch der Immobilien-Plattform der Beklagten noch keinerlei Bezugspunkte zum Immobilienmarkt hätten, fest, dass sie nicht als Werturteil, sondern als Tatsachenbehauptung verstanden werden könne. Es handele sich um eine inhaltlich nachprüfbare Aussage über geschäftliche Verhältnisse.
Echter Superlativ oder Elativ bei Werbeaussagen: Das Bezugswort entscheidet
Für die weitere Beurteilung nahm das Kammergericht die Werbeaussage „Zum Bestpreis verkaufen“ genau unter die Sprach-Lupe und stellte dabei maßgeblich auf das Bezugswort „Preis“ ab, zu dem das Adjektiv „best(e)“ im Verhältnis steht.
Zwar könne das Adjektiv „beste“ für sich genommen auch als Elativ und damit so verstanden werden, dass lediglich „sehr gute“ Preise über die Plattform der Beklagten erzielt werden könnten. Werde jedoch auf eine messbare Größe, wie einen Preis, Bezug genommen, sei im Allgemeinen der echte Superlativ gemeint, da hierin eine inhaltlich nachprüfbare Aussage liege. So lasse sich ermitteln, ob ein bestimmtes Produkt innerhalb eines gewissen Zeitraumes bei einem anderen Verkäufer günstiger erworben werden könne. Dementsprechend stellte das Kammergericht fest, dass der angesprochene Verkehr bei der Aussage „Zum Bestpreis verkaufen“ davon ausgehe, dass ein höherer Preis über andere Plattformen nicht erzielt werden könne.
Anders zu entscheiden wäre allerdings bei Werbeaussagen, die zwar einen Superlativ, gleichzeitig aber auch ein Bezugswort enthalten, das sich nicht allein an objektiven Kriterien messen lässt. Dementsprechend entschied das Kammergericht in einem früheren Urteil, dass die Bewerbung des Immobilienteils einer Zeitung mit dem Slogan „Beste Auswahl, beste Lage, beste Übersicht″ keine Alleinstellungsbehauptung enthalte, sondern nur den – zutreffenden – Hinweis auf sehr gute Qualität (Kammergericht, Urteil vom 19. Februar 1999 – 5 U 8375/98).
Weiteres Augenmerk legte das Gericht in seiner aktuellen Entscheidung ferner auf die Verwendung des bestimmten Artikels „dem“. Insoweit argumentierte das Kammergericht, dass die Verwendung bestimmter Artikel eine Alleinstellungsbehauptung bzw. die Einordnung eines Adjektivs als echten Superlativ näher lege, wohingegen eine ähnliche Werbeaussage unter Weglassen bestimmter Artikel, wie zum Beispiel die Werbung des Verkaufes zu „besten Preisen“, lediglich als Hinweis auf besonders hohe bzw. niedrige Preise anzusehen sei.
Allein- und Spitzenstellungswerbung kann zulässig sein
Enthält eine Werbeaussage eine Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung, ist diese nicht schlechthin unzulässig. Die Voraussetzungen einer zulässigen Allein- und Spitzenstellungswerbung legte das Kammergericht in seinem aktuellen Urteil dar und folgte damit den Grundsätzen der ständigen Rechtsprechung. Demnach ist eine entsprechende Werbeaussage zulässig, wenn
- die Werbebehauptung wahr ist,
- der Werbende einen deutlichen Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern vorweisen kann und
- eine gewisse Stetigkeit dieses Vorsprunges zu erwarten ist.
Grundsätzlich gilt, dass die Darlegungs- und Beweislast derjenige trägt, der die Werbung angreift. Demzufolge hat grundsätzlich der Kläger darzulegen, wie der angesprochene Verkehrskreis die angegriffene Werbeaussage versteht, und dass der Aussageinhalt nicht der Wahrheit entspricht. Eine Umkehr der Beweislast greift ausnahmsweise nur dann, wenn der Kläger die Tatsachen, die mit der Allein- oder Spitzenstellung in Zusammenhang stehen, überhaupt nicht oder nur mit erheblichem Aufwand aufklären kann.
Auf die Verteilung der Darlegungs- und Beweislast kam es nach Auffassung des Kammergerichts für den vorliegenden Fall jedoch nicht an. Dies wurde im Wesentlichen damit begründet, dass bereits offensichtlich sei, dass die Beklagte nicht den besten Preis bieten könne. So könne die Beklagte insbesondere keine Garantie dafür bieten, dass über ihre Plattform ein höherer Preis als über den freien Markt oder gar der höchste Preis erzielt werden könne. In der Unmöglichkeit, tatsächlich den besten Preis bieten zu können, liegt nach Auffassung des Gerichts eine Täuschung.
Insoweit wird deutlich, dass bei Bewertung einer Werbeaussage vor dem Hintergrund von Allein- und Spitzenstellungsmerkmalen auch die Gesamtumstände der Werbung zu berücksichtigen sind. So kann eine Werbeaussage, wie zum Beispiel „Immer der günstigste Preis. Garantiert“, für sich genommen eine Allein- oder Spitzenstellungsbehauptung darstellen, in Verbindung mit weiteren Angaben kann sich für den angesprochenen Verkehrskreis jedoch ein anderes Verständnis ergeben. Steht die beispielhaft angeführte Werbeaussage im Zusammenhang mit einer „Geld-zurück-Garantie“, so ergibt sich für den Verbraucher, dass der Werbende auch günstigere Preise für möglich hält und sich lediglich einer Spitzengruppe berühmt (OLG Hamburg, Urteil vom 28. Oktober 2009 – 5 U 204/07).
Fazit: Insbesondere bei Bezugnahme auf messbare Größen auf Formulierung einer Werbeaussage achten
Nach alledem ist festzustellen, dass Allein- und Spitzenstellungswerbung zwar grundsätzlich zulässig, jedoch mit Vorsicht anzuwenden ist. Zulässig sind bloße werbliche Übertreibungen, die beispielsweise erkennbar reine Werturteile enthalten. Sobald jedoch die Grenze zu inhaltlich nachprüfbaren Aussagen über geschäftliche Verhältnisse des Werbenden überschritten wird, sollte der Werbende entweder tatsächlich einen deutlichen, von gewisser Stetigkeit gekennzeichneten Vorsprung gegenüber seinen Mitbewerbern innehaben, oder aber auf die genaue Wortwahl und Formulierung seines Werbeslogans achten. Vorsicht ist hier insbesondere dann geboten, wenn die Werbeaussage objektiv messbare Größen enthält.