12. Mai 2025
wettbewerbliche Eigenart Halskette
Wettbewerbsrecht (UWG)

Wettbewerbliche Eigenart bei Halsketten, Armbändern und Ohrhängern

Das OLG Hamburg hat entscheiden, dass eine bloße Beliebtheit oder weite Verbreitung nicht genüge, um eine gesteigerte wettbewerbliche Eigenart zu begründen.

Die Klägerin machte gegen die Beklagten Ansprüche gestützt auf wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz geltend. Die Klägerin entwirft, produziert und vertreibt Modeschmuck, insbesondere Halsketten, Armbänder und Ohrhänger der im Jahre 2005 auf den Markt gebrachten und recht erfolgreichen „Geo-Cube-Serie“, die überwiegend von Juwelieren geführt werden. Die Kernmodelle der Geo-Cube-Halsketten sind dadurch gekennzeichnet, dass sie aus einer Kombination von Gliederelementen, Farben und Oberflächenstruktur bestehen. Die Beklagte zu 1), deren Gesellschafter die Beklagte zu 2) und der Beklagte zu 3) sind, bot im März 2022 auf der Online-Handelsplattform die angegriffenen Halsketten zu Preisen von EUR 34,99 bzw. EUR 32,99 an. 

Das Landgericht hat der Klage teilweise – für die hier streitgegenständlichen Verletzungen – stattgegeben (Urteil v. 6. Februar 2025 – 15 U 43/24). 

Umsetzungen gestalterischer Grundideen kommt grundsätzlich nur eine geringe wettbewerbliche Eigenart zu

Die Berufung war erfolgreich. Nach Ansicht des Senats sei die Klage unbegründet. Der Klägerin stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus § 8 Abs. 1 S. 1, Abs. 3 Nr. 1 UWG i. V. m. § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3 a) oder b) UWG nicht zu. Auch wenn die wettbewerbliche Eigenart des Klagemusters aufgrund der herkunftshinweisenden Wirkung der Bezeichnung „Geo-Cube“ und des an einem Kettchen angebrachten Signets sowie der gesteigerten Bekanntheit des Klagemusters eine Steigerung erfahre, lande man im Ergebnis lediglich bei einer durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart. Denn keines der einzelnen Gestaltungsmerkmale weise für sich betrachtet eine wettbewerbliche Eigenart auf, sodass ausschließlich die konkrete Ausgestaltung, also die besondere Art der Kombination der unterschiedlichen geometrischen Elemente und die Auswahl der hochwertigen Materialien sowie die damit einhergehende Farbgebung in ihrer Varianz, schutzfähig sei. Da es sich hierbei lediglich um die Umsetzung einer gestalterischen Grundidee handele, komme ihm von Haus aus nur geringe wettbewerbliche Eigenart zu. Denn eine bloße Beliebtheit oder weite Verbreitung ersetze die besondere Eigenart nicht, auch wenn ein gewisser Wiedererkennungswert behauptet wird.

Die drei Verletzungsmuster seien nur nachschaffende Nachahmungen des Klagemusters. Da es für die Frage der Nachahmung nur auf die Merkmale ankommt, die die wettbewerbliche Eigenart des Originals ausmachen, könne nur auf den hochwertigen Gesamteindruck abgestellt werden. Dieser finde sich jedoch in den Verletzungsmustern nicht wieder. Diese hätten lediglich einzelne Elemente in zumindest ähnlichen Materialien übernommen, worin sich das Klagemuster als Vorbild wiedererkennen lasse, so dass eine nachschaffende Nachahmung vorliege.

Qualität und Preis stehen Herkunftstäuschung sowie Rufausnutzung bzw. -beeinträchtigung entgegen

Mit dem Angebot der Verletzungsmuster gehe indes keine vermeidbare Herkunftstäuschung einher. Da es sich nur um nachschaffende Nachahmungen handele, bestünden hohe Anforderungen an die Feststellung einer Herkunftstäuschung. Die maßgeblichen allgemeinen Verkehrskreise würden aufgrund der Qualitäts- und Preisunterscheide sowie der unterschiedlichen Vertriebskanälen nicht davon ausgehen, dass es sich bei dem Verletzungsmuster um das Originalprodukt der Klägerin handele. Es fehle den Verletzungsmustern ferner an einer auf den Hersteller hinweisenden Kennzeichnung, wie sie beim Klagemuster vorhanden seien. 

Auch eine mittelbare Herkunftstäuschung lasse sich nicht feststellen. Da die Verletzungsmuster nicht unter einer (Marken-)Bezeichnung angeboten wurden, sei für die Annahme einer Zweitmarke schon kein Raum. Der angesprochene Verkehr gewinne auch nicht den Eindruck, es handele sich bei den Verletzungsmustern um eine neue Serie der Klägerin. Denn im Bereich des Modeschmucks seien ähnliche und sehr ähnliche Gestaltungen ebenso üblich wie Nachahmungen, was dem angesprochenen Verkehr bekannt sei. 

Ebenfalls sei keine unangemessenen Rufausnutzung bzw. -beeinträchtigung festzustellen. Angesichts der lediglich durchschnittlichen wettbewerblichen Eigenart des Klagemusters genüge der Grad der Annäherung durch das Verletzungsmuster für sich genommen nicht, während andere die Unangemessenheit begründende Umstände nicht gegeben seien. Aufgrund des Preisunterschieds sei ein Imagetransfer ausgeschlossen. Auch die Qualitätsunterschiede zwischen Klage- und Verletzungsmuster seien unstreitig ohne weiteres erkennbar.

Schutzrechtsanmeldungen stets empfohlen

Die Entscheidung zeigt, dass an den Nachweis wettbewerblicher Eigenart hohe Anforderungen zu stellen sind und eine bloße Beliebtheit noch nicht zu einer beträchtlichen Steigerung ebendieser führt. Auch sind die Hürden zur Begründung einer Unlauterkeit umso höher, soweit es sich bei dem Verletzungsmuster nur um eine nachschaffende und nicht um eine (nahezu) identische Nachahmung handelt. Zum Schutz fantasievoller Kreationen empfiehlt es sich daher stets entsprechende Schutzrechte anzumelden und einzutragen, um sich im Streitfall nicht (ausschließlich) auf den wettbewerblichen Leistungsschutz verlassen zu müssen.

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