7. April 2017
Kundenzufriedenheitsbefragung
Wettbewerbsrecht (UWG)

Einstufung von Kundenzufriedenheitsbefragungen als belästigende Werbung nach § 7 UWG

KG Berlin: Kundenzufriedenheitsbefragungen sind rechtswidrig, sofern nicht eine ausdrückliche Einwilligung vorliegt oder eine Kundenbeziehung nach § 7 Abs. 3 UWG besteht.

Das KG Berlin hat in einem kürzlich veröffentlichten Beschluss vom 07. Februar 2017 (Az. 5W 15/17) entschieden, dass Kundenzufriedenheitsbefragungen per E-Mail grundsätzlich als unzumutbare belästigende Werbung einzustufen sind.

Die Einordnung von Kundenzufriedenheitsbefragungen im Kontext des Verbots belästigender Werbung nach § 7 UWG hat in den letzten Jahren bereits verschiedene Gerichte beschäftigt. Das KG Berlin hat diese Rechtsprechung in der aktuellen Entscheidung präzisiert.

Kundenzufriedenheitsbefragungen als Werbung

Der Entscheidung liegt eine E-Mail der Antragsgegnerin an den Antragsteller zugrunde, durch welche eine Kundenzufriedenheitsbefragung des Antragstellers durchgeführt werden sollte.

Das Gericht erläutert zunächst die in der Rechtsprechung schon mehrfach festgestellte Qualifizierung von Kundenzufriedenheitsbefragungen als Werbung. Nach Art. 2 Buchst. a der Richtlinie 2006/114/EG ist Werbung jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs mit dem Ziel, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu fördern. Nach herrschender Auffassung, der sich das KG anschließt, umfasst Werbung darüber hinaus auch die mittelbare Absatzförderung; beispielsweise in Form von Imagewerbung.

Kundenzufriedenheitsbefragungen – so die maßgebliche Begründung des Gerichts – würden zumindest auch dazu dienen, Kunden durch die Befragung zu binden und zukünftige Geschäftsabschlüsse zu fördern. Daneben werde dem Kunden der Eindruck vermittelt, das befragende Unternehmen bemühe sich um den Kunden.

Im vorliegenden Fall bewertete das Gericht die Kundenzufriedenheitsbefragung des Antragstellers folglich als E-Mail Werbung im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG und damit als grundsätzlich unzumutbar.

Zumutbarkeit von Kundenzufriedenheitsbefragungen

Sodann untersucht das Gericht, ob Umstände vorliegen, die die Werbung in Form von Kundenzufriedenheitsbefragungen per E-Mail ausnahmsweise zumutbar machen. Da eine die Werbung zumutbar machende vorherige ausdrückliche Einwilligung in die Werbung durch den Antragsteller nicht vorlag, kommt nur das Vorliegen des Ausnahmetatbestands nach § 7 Abs. 3 UWG in Betracht. Hiernach ist Werbung per E-Mail zumutbar, wenn

  • ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  • der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  • der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  • der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die Voraussetzungen müssen dabei kumulativ vorliegen. Da im vorliegenden Fall bei der Erhebung der E-Mail-Adresse des Antragstellers nicht darauf hingewiesen wurde, dass er deren Verwendung jederzeit widersprechen kann, bestand nach Ansicht des Gerichts keine Veranlassung für eine ausnahmsweise Zulässigkeit der streitgegenständlichen Kundenzufriedenheitsanfrage.

Kundenzufriedenheitsbefragungen im Anwendungsbereich von § 7 Abs. 3 UWG

Der Beschluss des KG Berlin führt die Rechtsprechung des OLG Dresden (Urteil vom 24.02.2016, Az. 14 U 1773/13), des LG Leipzig (Urteil vom 07.01.2015, Az. 2 HK O 2167/14) und des OLG Köln (Urteil vom 19.04.2014, Az. 6 U 222/12) zu Kundenzufriedenheitsbefragungen fort. Während das OLG Köln bereits Kundenzufriedenheitsbefragungen per Telefon als grundsätzlich unzumutbare Werbung qualifiziert hatte, folgten das LG Leipzig und das OLG Dresden dieser Bewertung im Hinblick auf Kundenzufriedenheitsbefragungen per E-Mail.

Der Beschluss des KG Berlin geht über die bisherige Rechtsprechung jedoch noch hinaus. Das LG Leipzig hatte im Hinblick auf § 7 Abs. 3 UWG noch ausgeführt, dass eine Kundenzufriedenheitsbefragung keine Produktwerbung sei und folglich nicht vom Ausnahmetatbestand zu Werbung per E-Mail für ähnliche Waren oder Dienstleistungen gedeckt ist. Die Formulierung des KG Berlin ist insofern offener: Dort heißt es nur, dass die Kundenzufriedenheitsbefragung wegen der fehlenden Belehrung über das jederzeitige Widerspruchsrecht nicht ausnahmsweise nach § 7 Abs. 3 UWG als zulässig anzusehen sei.

Zudem wird der Antragsgegnerin das Zusenden von Werbung per E-Mail ausdrücklich nur untersagt, sofern nicht eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Antragstellers vorliegt oder die Tatbestandsvoraussetzungen von § 7 Abs. 3 UWG erfüllt sind. Da die Werbung vorliegend in Form einer Kundenzufriedenheitsbefragung erfolgte, folgt aus der Untersagung, dass das KG Berlin § 7 Abs. 3 UWG im Hinblick auf Kundenzufriedenheitsbefragungen offenbar grundsätzlich für anwendbar hält.

Auf Rechtfertigungsebene ergeben sich damit keine Besonderheiten gegenüber sonstigen Werbemaßnahmen. Sofern die Kundenbefragung als Werbemaßnahme einzustufen ist, gelten damit für die Erfüllung des Ausnahmetatbestands nach § 7 Abs. 3 UWG dieselben Grundsätze wie bei anderen Formen der Werbung.

Konsequenz für Werbetreibende: Kundenzufriedenheitsbefragungen sind Werbung

Mit der Entscheidung des KG wurde die Einordnung von Kundenbefragungen als Werbung weiter gefestigt. Aus der Entscheidung lässt sich jedoch gleichwohl nicht der Schluss ziehen, dass zwingend jede denkbare Konstellation der Kundenbefragung eine Werbemaßnahme im Sinne von § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG darstellt.

Das KG Berlin bezieht sich in seiner Entscheidung mit – Blick auf den konkreten – Fall lediglich auf „derartige“ Kundenzufriedenheitsbefragungen. Es lässt damit offen, ob bei einer anderen Gestaltung oder Zielrichtung der Kundenzufriedenheitsbefragung auch eine abweichende Einordnung denkbar ist.

Da das Gericht die Einordnung von Kundenbefragungen als Werbemaßnahmen unter anderem mit der damit verbundenen Steigerung der Kundenbindung begründet, sind grundsätzlich auch Konstellationen denkbar, in denen dieser Zweck tatsächlich zurücktritt. Dies kann der Fall sein, wenn die Kundenbefragung beispielsweise nur den Sinn hat, dem Unternehmen Informationen zu verschaffen. In diesem Fall ist ein Werbeeffekt ausgeschlossen, da der Befragte nicht als erneuter Kunde in Betracht kommt. Hierbei dürfte es sich jedoch um Ausnahmefälle handeln.

Für die Praxis bedeutet die Entscheidung daher, dass Werbetreibende Kundenbefragungen nicht anders als andere Werbemaßnahmen behandeln sollten. Vor der Versendung muss sichergestellt werden, dass die in § 7 Abs. 3 UWG aufgeführten Kriterien erfüllt sind. Sofern die Absicht der Durchführung von Kundenbefragungen besteht, muss dies daher schon vorzeitig gegenüber dem Verbraucher kommuniziert werden.

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