Wird der Vertragspartner insolvent, stellt sich vielen Gläubigern die Frage, inwiefern sie ihre Forderung noch geltend machen können.
Die Beantwortung dieser Frage hängt maßgeblich davon ab, ob es sich um gesicherte Gläubiger oder unbesicherte Gläubiger handelt. Während unbesicherte Gläubiger von Gesellschaften in Insolvenzverfahren nach aktuellen Statistiken durchschnittlich nur mit einer Quote von 6,1% der ursprünglichen Forderung rechnen können, sind die Befriedigungsaussichten für aus- und absonderungsberechtigte Gläubiger im Insolvenzverfahren deutlich besser. Sie haben in der Regel nur geringe Einbußen zu befürchten, die sich auf die Verfahrenskosten beschränken. Die Frage der Besicherung steht dabei in einem unmittelbaren Zusammenhang mit Aus- und Absonderungsrechten in der Insolvenz. Dabei geht es insbesondere darum, wie vorinsolvenzlich erworbene Rechtspositionen in der Insolvenz zu behandeln sind.
Aus- und absonderungsberechtigte Gläubiger
Die Insolvenzordnung differenziert in Bezug auf Gläubiger mit spezifischen dinglichen oder schuldrechtlichen Rechtsposition zwischen aussonderungsberechtigten Gläubigern und absonderungsberechtigten Gläubigern. Aussonderungsberechtigte Gläubiger können geltend machen, dass ein vom Insolvenzverwalter in Besitz genommener Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Absonderungsberechtigte Gläubiger hingegen stehen an bestimmten Vermögensrechten der Insolvenzmasse vorrangige Befriedigungsrechte zu. Die Insolvenzordnung enthält Regelungen dahingehend, welche Rechtspositionen entweder als Aus- oder Absonderungsrechte zu behandeln sind und wie diese zu verwerten sind. Vor allem bei der Besicherung von Darlehen und Warenkrediten ist die Differenzierung der Behandlung der Aus- und Absonderungsrechte von besonderer Bedeutung.
Die Insolvenzordnung kennt neben dieser Unterscheidung auch die Differenzierung nach Insolvenzgläubigern und nachrangigen Insolvenzgläubigern (§§ 38, 39 InsO). Insofern lässt sich zunächst allgemein festhalten, dass die Rechtsposition der aus- und absonderungsberechtigten Gläubiger gegenüber diesen deutlich überlegen ist.
Grundfall des Aussonderungsrechts ist das typische Eigentum
Die Aussonderung ermöglicht es also einem Gläubiger geltend zu machen, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. So kann insbesondere verhindert werden, dass der Insolvenzverwalter schuldnerfremdes Eigentum bzw. Eigentum des Gläubigers verwertet. Voraussetzung für eine solche Aussonderung ist ein dinglicher oder persönlicher Anspruch, aus dem sich ergibt, dass die Sache haftungsrechtlich nicht der Masse zuzuordnen ist (§ 47 S. 1 InsO). Zu diesen zur Aussonderung berechtigten Gläubigern gehört u.a. der „klassische″ Eigentümer, der das Eigentum nicht zu bloßen Sicherungszwecken innehat. Das (bloße) Sicherungseigentum berechtigt nämlich nicht zur Aussonderung des Gegenstandes.
Daneben bestehen aber noch weitere Positionen, die zur Aussonderung berechtigen. Zu denken ist hier an den Eigentümer im Rahmen eines einfachen Eigentumsvorbehalts. Persönliche Ansprüche in diesem Sinne betreffen hingegen Inhaber bestimmter obligatorischer Herausgabeansprüche, wie zum Beispiel der Rückgabeanspruch des Vermieters oder des Verleihers hinsichtlich einer vermieteten bzw. verliehenen Sache. Streng von Herausgabeansprüchen in diesem Sinne zu unterscheiden sind bloße Verschaffungsansprüche, wie etwa der Anspruch eines Käufers einer Sache auf Übergabe und Übereignung. Bloße Verschaffungsansprüche berechtigen nämlich nicht zur Aussonderung in einer Insolvenz.
Auch bestimmte Treuhandkonstellationen berechtigen zur Aussonderung. Bei der „doppelnützigen“ Treuhand in Sanierungsfällen beispielsweise hält ein Treuhänder die Anteile einer sanierungsbedürftigen Gesellschaft. Er verwaltet diese treuhänderisch für einen oder mehrere Gesellschafter und veräußert diese ggf. zu einem späteren Zeitpunkt unter Wahrung der Gesellschafteerinteressen als auch der Gläubigerinteressen. Im Falle einer Insolvenz des Treuhänders stünde dem Gesellschafter ein Aussonderungsrecht hinsichtlich der treuhänderisch übertragenen Geschäftsanteile zu.
Besonders starke Rechtsposition von Aussonderungsberechtigten
Aussonderungsberechtigte Gläubiger sind im Insolvenzverfahren besonders gut positioniert, da sie aufgrund ihrer dinglichen Rechtsposition am auszusondernden Gegenstand diesen buchstäblich „aus der Masse herausnehmen″ und danach wie gewohnt über ihn verfügen können. Die Aussonderung lässt sich damit als haftungsrechtliche Trennung von der Insolvenzmasse beschreiben. Der Wert des auszusondernden Gegenstands sowie der Gegenstand selbst steht dem Berechtigten dabei voll und ganz zu.
In praktischer Hinsicht kann diese rechtlich starke Position jedoch Einschränkungen unterliegen. So muss beispielsweise der Verkäufer im Fall des einfachen Eigentumsvorbehaltes noch den Rücktritt vom Kaufvertrag erklären und der Vermieter einer Mietsache den Mietvertrag kündigen, um die Sache auch tatsächlich herausverlangen zu können. Trotzdem erfahren aussonderungsberechtigte Gläubiger wirtschaftlich die geringsten Einbußen, weil sie nicht zur Verwertung der Sache gezwungen sind, welche bei der abgesonderten Befriedigung zumeist durch den Insolvenzverwalter erfolgt und gewisse Abschläge vom Erlös mit sich bringt.
Vorrangige Teilhabe absonderungsberechtigter Gläubiger am Verwertungserlös
Absonderungsberechtigte Gläubiger haben demgegenüber Rechte an Gegenständen, die an sich der Insolvenzmasse zuzuordnen sind. Diese der Insolvenzmasse zugehörigen Gegenstände sind jedoch zu Gunsten des Absonderungsberechtigten belastet. Besteht ein solches Absonderungsrecht zu Gunsten eines Gläubigers, wird der konkrete Vermögensgegenstand des Insolvenzschuldners verwertet und der diesbezüglich Absonderungsberechtigte aus genau diesem Verwertungserlös vorrangig befriedigt. Im Unterschied zum Aussonderungsberechtigten besteht im Rahmen des Absonderungsrechts an dem besicherten Gegenstand kein Sachinteresse bzw. keine Sachberechtigung. Vielmehr besteht ein Sicherungsinteresse an dem durch den Gegenstand verkörperten Wert nach entsprechender Verwertung. Rechtlich und wirtschaftlich ist ihm also nicht die Sachsubstanz zugewiesen, sondern nur der Sachwert. Absonderung bedeutet daher die Zuerkennung eines Vorzugsrechts trotz haftungsrechtlicher Zuordnung zur Insolvenzmasse.
Auch wenn Sicherungseigentümer und Eigentümer im Rahmen eines verlängerten oder erweiterten Eigentumsvorbehalts formal die Stellung eines Eigentümers haben, sind sie insofern – anders als außerhalb des Insolvenzverfahrens in der Einzelzwangsvollstreckung – nicht zur Aussonderung der Sache berechtigt.
Insolvenzordnung regelt, welche Rechte zur abgesonderten Befriedigung berechtigen, aber nicht die Entstehung der Rechte selbst
Die Insolvenzordnung regelt in §§ 49–51 InsO, welche Rechte im Insolvenzverfahren zur abgesonderten Befriedigung berechtigen. § 49 InsO betrifft Absonderungsrechte an unbeweglichen Vermögensgegenständen, insbesondere besteht etwa ein Absonderungsrecht für den Fall der Bestellung einer Grundschuld oder Hypothek an einem Grundstück.
§§ 50, 51 InsO regeln hingegen, welche Rechte zu einem Absonderungsrecht an beweglichen Sachen und Forderungen führen. Bei beweglichen Sachen zählen zu den absonderungsberechtigten Gläubigern vor allem Sicherungseigentümer, Inhaber einer zur Sicherheit abgetretenen Forderung sowie Eigentümer im Rahmen eines verlängerten, erweiterten Eigentumsvorbehalts oder Pfandgläubiger (§§ 50, 51 InsO). Die Entstehung des dem Absonderungsrecht zugrundeliegenden Rechts (Pfandrecht, Sicherungseigentum etc.) beurteilt sich dabei nach materiellem Zivilrecht.
Verwertung von Absonderungsrechten
Ist die Frage des Bestehens eines Absonderungsrechts geklärt, bleibt die Frage zu beantworten, wer die einem Absonderungsrecht unterliegenden Gegenstände verwertet und auf welche Art und Weise die Verwertung zu erfolgen hat. Die Verwertung von Absonderungsrechten wird in den Vorschriften der InsO nach §§ 49 ff., 165 ff. InsO geregelt. Zu unterscheiden ist dabei insbesondere wiederum, ob es sich um unbewegliche oder bewegliche Gegenstände handelt.
Zwangsversteigerung oder -verwaltung bei Grundstücken
An einem Grundstück, an dem der Gläubiger eine Hypothek, Grundschuld oder Reallast hat, besteht – wie dargestellt – zunächst zugunsten des Berechtigten in der Insolvenz ein Absonderungsrecht (§ 49 InsO). Der Gläubiger kann hiernach – ebenso wie außerhalb des Insolvenzverfahrens – die Zwangsvollstreckung nach den Vorschriften des Gesetzes über die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung (ZVG) betreiben. Die Verwertung erfolgt hierbei regelmäßig durch den jeweiligen Gläubiger, der die Zwangsvollstreckung im Wege der Zwangsversteigerung gem. § 49 InsO, § 869 ZPO, §§ 172 ff. ZVG oder Zwangsverwaltung betreiben kann. Die Art und Weise der Vollstreckung ändert sich damit für ihn durch das Insolvenzverfahren gegenüber der Einzelzwangsvollstreckung grundsätzlich nicht. Er muss hierbei jedoch u.a. berücksichtigen, dass er zur Zwangsvollstreckung nach der Insolvenzeröffnung den Vollstreckungstitel auf den Insolvenzverwalter umschreiben lassen (§ 727 ZPO) und diesem dem Verwalter zustellen muss (§ 750 Abs. 2 ZPO). Macht er hingegen keinen Gebrauch von der Möglichkeit der Zwangsvollstreckung, bleibt es dem Insolvenzverwalter unbenommen, die Sache selbst zu verwerten.
Verwertung bei beweglichen Sachen und sicherheitshalber abgetretenen Forderungen
Handelt es sich bei dem zur Insolvenzmasse gehörenden Gegenstand dagegen um eine bewegliche Sache, verbleibt die Verwertungsbefugnis regelmäßig beim Insolvenzverwalter. Die Insolvenzordnung schreibt vor, dass der Insolvenzverwalter die Sache verwerten darf, wenn er sie in seinem Besitz hat (§ 166 InsO). Dies ist der Regelfall, da der Insolvenzverwalter nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens zur Inbesitznahme der Insolvenzmasse verpflichtet ist (§ 148 InsO). Erst wenn dies nicht der Fall ist, kann der Gläubiger die Sache selbst verwerten. Ganz generell bleibt insofern das Verwertungsrecht des Gläubigers bestehen, wenn der Verwalter nach der InsO nicht zur Verwertung befugt ist (§173 InsO).
Dem Verwalter steht die Verwertung einer sicherungsübereigneten Sache damit nicht zu, wenn sie sich – ausnahmsweise – beim Gläubiger befindet. In diesem Fall darf der Gläubiger die Sache verwerten. Der Vorteil ist hier, dass dann keine Feststellungs- und Verwertungskosten anfallen. Einen Erlös, der die Höhe seiner Forderung übersteigt, hat er jedoch an die Masse auszukehren.
Absonderungsberechtigte müssen entsprechende Kosten in Abzug bringen
Nach der Verwertung wird der absonderungsberechtigte Gläubiger dann aus dem Erlös befriedigt. Zuvor sind allerdings – sofern es sich um den Regelfall der Verwertung durch den Insolvenzverwalter handelt – noch Kosten der Feststellung und der Verwertung mit pauschal 9 % des Verwertungserlöses (§ 171 InsO) sowie eine eventuell zulasten der Masse anfallende Umsatzsteuer abzuziehen.
Eigentums- bzw. Sicherungsanzeige beim Insolvenzverwalter ist zwingend erforderlich
Gläubiger, die sich im Vorfeld der Insolvenz durch Besicherung eine entsprechend starke Rechtsposition verschafft haben, müssen allerdings auch während des Verfahrens achtsam sein. Die Gläubiger werden nämlich im Eröffnungsbeschluss aufgefordert, dem Verwalter unverzüglich mitzuteilen, welche Sicherungsrechte sie an beweglichen Sachen oder Rechten des Schuldners in Anspruch nehmen (§ 28 Abs.1 Nr. 2 InsO). Diese Mitteilungspflicht betrifft vor allem die typischen Sicherheitenvereinbarungen wie den Eigentumsvorbehalt, die Sicherungsübereignung und die Sicherungsabtretung. Hierdurch soll die Arbeit des Insolvenzverwalters im Umgang mit diesen Gegenständen erleichtert werden. Werden dem Insolvenzverwalter jedoch die Sicherungsrechte nicht angezeigt, laufen Gläubiger Gefahr, ihre Rechte zu verlieren bzw. keine Ersatzansprüche zu haben. Denn die Verletzung der Mitteilungspflicht führt dazu, dass der Gläubiger mit Schadensersatzansprüchen gegen den Insolvenzverwalter ausgeschlossen ist, wenn der Verwalter den mit Sicherungsrechten belasteten Gegenstand verwertet, ohne dabei das Sicherungsrecht des Gläubigers zu berücksichtigen. Zwar kommt hier noch ein Anspruch nach § 48 InsO in Frage, aber auch dieser scheidet aus, wenn die Gegenleistung zur Masse gezogen und dort nicht mehr unterscheidbar vorhanden ist. Das kann insbesondere dann der sein Fall, wenn die Einzahlung auf ein debitorisches Bankkonto erfolgt.
Anmeldung der Forderungen nur in Höhe des Ausfalls
Da absonderungsberechtigte Gläubiger anders als aussonderungsberechtigte Gläubiger am Insolvenzverfahren teilnehmen, steht ihnen die Möglichkeit offen, ihre Forderung zur Insolvenztabelle anzumelden (§§ 174 ff. InsO). Hier muss jedoch berücksichtigt werden, dass absonderungsberechtigte Gläubiger bereits aufgrund ihrer Teilhabe am Verwertungserlös befriedigt wurden. Sie können daher ihre Forderung nur soweit zur Insolvenztabelle anmelden, wie sie auf ihr Recht zur abgesonderten Befriedigung verzichtet haben oder mit ihrer Forderung trotz der Teilnahme am Verwertungserlös ausgefallen sind (§ 52 InsO).
Fazit: Privilegierung durch Aus- und Absonderungsrechte – entscheidende Weichen bereits bei der Vertragsgestaltung stellen!
Aus- und Absonderungsrechte spielen eine entscheidende Rolle bei der Bestimmung der Gläubigerstellung im Insolvenzverfahren. Die Rechtsposition eines aus- oder absonderungsberechtigten Gläubigers ist erheblich stärker und wirtschaftlich deutlich vorteilhafter im Vergleich zu einem einfachen Insolvenzgläubiger. Während erstere in der Regel Herausgabe des auszusondernden Gegenstandes erlangen bzw. vorrangige Befriedigung erfahren, erhalten Insolvenzgläubiger meist nur eine wesentlich geringere Quote ihrer Forderungen.
Die Praxis zeigt, dass eine frühzeitige Absicherung von höchster Bedeutung ist, um im Insolvenzfall nicht das Nachsehen zu haben. Schon bei Vertragsschluss sollte daher nach Möglichkeit darauf geachtet werden, auf geeignete Sicherheiten zu bestehen, um für den Fall der Insolvenz abgesichert zu sein. Nur so lässt sich gewährleisten, dass die Interessen der Gläubiger durch den Einsatz geeigneter Sicherheiten bestmöglich geschützt werden.