Korruption ist in China weit verbreitet – das Land belegt auf dem Corruption Perception Index 2013 von Transparency International Rang 80 von 177. Laut einer Umfrage der EU-Kammer in China aus dem Jahr 2013 ist es 60 Prozent der in China aktiven europäischen Unternehmen wichtig, Korruption vermehrt zu bekämpfen. Auch auf der Agenda der neuen chinesischen Regierung steht das Thema Korruptionsbekämpfung weit oben.
Ursachen
Korruption kommt in China besonders häufig in öffentlichen Bereichen wie beispielsweise Infrastruktur- und Bauprojekten vor. Aber auch private Unternehmen und Verbraucher sind betroffen. Immer wieder kommt ans Licht, dass Lieferanten Schmiergeldzahlungen verlangen oder Ärzte von ihren Patienten zusätzliche Geschenke (sogenannte „Hongbao″ – „rote Umschläge″) fordern.
Eine Ursache für Korruption in China sind die große Bürokratie und zahlreiche Interpretationsspielräume der Behörden. Die gesetzlichen Regelungen sind oft nicht präzise. Es ist zwar möglich, gegen Verwaltungsakte zu klagen, in der Praxis aber unüblich.
Eine weitere Ursache mag in der traditionellen chinesischen Geschäftskultur liegen. Letztere basiert stark auf persönlichen Beziehungen – den sogenannten „Guanxi″. Im Wirtschaftsleben besteht oft eine feine Linie zwischen der Notwendigkeit von „Guanxi″ auf der einen und Korruption auf der anderen Seite. Die Übergänge sind teilweise fließend.
Gesetzliche Regelungen
Das chinesische Recht enthält zahlreiche Regelungen gegen Korruption, sowohl in strafrechtlichen als auch in verwaltungs- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften. Generell gilt: Bestechung und Bestechlichkeit sind verboten und gesetzlich sanktioniert. Die Strafandrohungen für Bestechung und Bestechlichkeit von Amtsträgern sind schwerer als für Bestechungen im geschäftlichen Verkehr. Amtsträger sind in China nicht nur Beamte, sondern auch sogenannte Mitarbeiter des Staates. Unter den letzteren Begriff fallen zum Beispiel Mitarbeiter in Leitungsfunktionen bei Staatsunternehmen.
Anders als in Deutschland können strafrechtliche Sanktionen nicht nur gegen Personen verhängt werden, sondern auch gegen Unternehmen. Je nach dem, wer die Bestechung begeht, gelten andere Schwellenwerte für ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren. Besticht etwa ein Unternehmen einen Amtsträger, liegt dieser beispielsweise bei 200.000 Renminbi (zur Zeit rund 23.500 Euro), bei Bestechung von Mitarbeitern des Staates durch Einzelpersonen liegt der Schwellenwert bei 10.000 Renminbi (rund 1.175 Euro). Maßgebend für die genannten Schwellenwerte ist der kumulative Gesamtbetrag.
Konkrete gesetzliche Regelungen darüber, wann das strafbare Verhalten einem Unternehmen zuzurechnen ist, fehlen. Nach vorherrschender Meinung der chinesischen Rechtsliteratur sowie der überwiegenden Praxis der chinesischen Gerichte ist die Bestechung dann dem Unternehmen zurechenbar, wenn sie kollektiv durch dieses oder die entsprechende verantwortliche Person (gesetzlicher Vertreter, General Manager, Abteilungsleiter etc.) beschlossen wurde.
Die Regelstrafandrohung für Personen, die Amtsträger bestochen haben, ist Freiheitsstrafe von fünf, in schweren Fällen von zehn Jahren. Ist der Täter ein Unternehmen, drohen Geldstrafen für das Unternehmen sowie Freiheitstrafen von maximal drei Jahren für die direkt verantwortlichen Unternehmensvertreter.
Schwierige Abgrenzung zwischen Bestechung und Geschenken
In der Praxis ist die Abgrenzung zwischen rechtswidriger Bestechung einerseits und rechtskonformen Geschenken andererseits oft schwierig. Nach der chinesischen Rechtsprechung werden als Kriterien unter anderem Zeitpunkt, Ursache und Hintergrund der Gewährung des Vermögensgegenstandes angewandt. In der chinesischen Literatur wird als Bagatellgrenze für unbedenkliche Werbegeschenke 300 Renminbi angegeben (ca. 35 Euro).
Neue Regierung verstärkt Korruptionsbekämpfung
In der Vergangenheit richteten sich behördliche Untersuchungen hauptsächlich gegen Empfänger von Bestechungen, in erster Linie gegen hochrangige Beamte und Politiker. Mit dem Amtsantritt der neuen Regierung wurden nun die Anti-Korruptions-Kampagnen verstärkt und mehrere Korruptionsverfahren gegen hohe Amtsträger eingeleitet.
Die Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens wegen Korruption gegen den britischen Pharmakonzern GlaxoSmithKline leitete ein weiteres Kapitel in der Korruptionsbekämpfung in China ein: Zum ersten Mal stehen nicht die Empfänger von Bestechungen im Zentrum der Untersuchung, sondern die Zahlungsleistenden. Dies zeigt eine Änderung der Stoßrichtung und einen breiteren Ansatz der chinesischen Ermittlungsbehörden.
Als Folge wird die Bedeutung der Compliance mit chinesischen Rechtsvorschriften für in China tätige ausländische Unternehmen und insbesondere deren Tochtergesellschaften erheblich zunehmen. Sie sind gut beraten, geeignete Maßnahmen zur Risikominimierung zu treffen, wie zum Beispiel Codes of Conduct, Compliance Training von Mitarbeitern, regelmäßige Auditierung von Lieferanten und Geschäftspartnern sowie gegebenenfalls die Einrichtung eines Ombudsmann-Systems.