Spätestens zum 31. März 2024* sind die Schlussabrechnungen der Corona-Wirtschaftshilfen einzureichen. Nach der anschließenden Prüfung der Schlussabrechnungen kann es zu Rückforderungen kommen.
Während der Corona (Covid-19)-Pandemie in den Jahren 2020 bis 2022 hatte die damalige Bundesregierung umfangreiche Wirtschaftsförderungen auf den Weg gebracht, um die von der Pandemie und insbesondere den ausgerufenen Lockdowns beeinträchtigten Unternehmen zu unterstützen und Insolvenzen zu verhindern.
Die Corona-Wirtschaftshilfen wurden als Fixkostenzuschüsse des Bundes in verschiedenen Programmen gewährt. Zu den Programmen gehören die außerordentlichen Wirtschaftshilfen, d.h. die Novemberhilfe und die Dezemberhilfe für Umsatzausfälle im November bzw. Dezember 2020, sowie die Überbrückungshilfen I, II, III, III Plus und IV, die Umsatzausfälle in den Monaten Juni 2020 bis Juni 2022 abdecken sollen.
Vorläufige Gewährung durch die Bundesländer
Die Corona-Wirtschaftshilfen wurden allerdings in der Regel nur vorläufig und vorbehaltlich einer endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid gewährt. Die Zuwendungsempfänger** sind daher verpflichtet, Schlussabrechnungen einzureichen, auf deren Grundlage die für die Abwicklung nach Landesrecht zuständigen Bewilligungsbehörden Schlussbescheide erlassen werden. Betroffene Unternehmen müssen die Schlussabrechnungen in Paketen einreichen, die jeweils Förderungen mehrerer Programme umfassen. Zu unterscheiden sind das Paket 1 (Überbrückungshilfen I bis III; November- und Dezemberhilfe) und das Paket 2 (Überbrückungshilfe III Plus und IV). Nicht umfasst sind die Endabrechnungen der Neustarthilfen (die separaten Corona-Hilfen für Soloselbstständige), da diese Einreichungsverfahren bereits seit längerem abgeschlossen sind.
Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnungen lief grundsätzlich am 31. Oktober 2023 aus. Die von den Zuwendungsempfängern für die Korrespondenz mit den Bewilligungsbehörden einzusetzenden sog. Prüfenden Dritten, häufig Steuerberater, konnten jedoch für die Zuwendungsempfänger eine Fristverlängerung bis zum 31. März 2024* beantragen. Unternehmen, die von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, stehen aktuell vor der Herausforderung der Schlussabrechnung. Hierbei sind sie mit der Ungewissheit konfrontiert, in welcher Höhe ihnen die endgültige Förderung zuerkannt wird und ob sie gegebenenfalls Fördermittel zurückzahlen müssen. Hintergrund ist, dass die Corona-Wirtschaftshilfen auf der Grundlage von prognostizierten Umsatzrückgängen und Fixkosten bewilligt wurden, die endgültige Höhe der Förderung aber anhand der tatsächlich realisierten Geschäftsentwicklung ermittelt wird. Hinzu kommen nicht unerhebliche Unklarheiten in den Förderbedingungen der Corona-Wirtschaftshilfen, die zur Rechtsunsicherheit der Schlussabrechnungen beitragen.
Rechtsschutzmöglichkeiten bei Anordnungen zur Rückzahlung
Erlässt die nach Landesrecht zuständige Bewilligungsbehörde aufgrund der endgültigen Festsetzung der Förderhöhe im Schlussbescheid einen Rückforderungsbescheid, können hiergegen Rechtsmittel (Widerspruch oder Klage) eingelegt werden. Dabei sollte sowohl der Schluss- als auch der Rückforderungsbescheid angegriffen werden. Wenn die Behörde die beiden Bescheide nicht miteinander verbindet, sollte der Schlussbescheid zur Wahrung der Rechtsbehelfsfrist isoliert vorab angegriffen werden, damit dessen Inhalt nicht bestandskräftig wird. Grundsätzlich muss hierzu zunächst ein Widerspruchsverfahren durchgeführt werden, bevor anschließend eine Klage vor dem Verwaltungsgericht erhoben werden kann. In einigen Bundesländern ist das Widerspruchsverfahren jedoch weitgehend abgeschafft worden, so dass in diesen Fällen gegen den Bescheid unmittelbar Klage erhoben werden kann.
In den Bundesländern, in denen ein Widerspruchsverfahren durchzuführen ist, muss der Widerspruch innerhalb eines Monats nach der Bekanntgabe des Schluss- und/oder Rückforderungsbescheids erhoben werden. Soweit unmittelbar geklagt werden kann, gilt für die Klageerhebung ebenfalls eine Monatsfrist. Zu beachten ist, dass die Widerspruchs- oder Klagefrist auch durch eine Zustellung der Bescheide an den Steuerberater ausgelöst wird, weil dieser als Prüfender Dritter empfangsbevollmächtigt ist.
Welche Folgen haben ein Widerspruch oder eine Klage?
Im Regelfall führt die Einlegung eines Widerspruchs oder einer Anfechtungsklage gegen einen Rückforderungsbescheid zu einer aufschiebenden Wirkung, so dass während des laufenden Verfahrens zunächst keine Rückzahlung zu leisten ist. Die Erhebung eines Widerspruchs oder einer Klage hat also den zusätzlichen Vorteil, dass durch die aufschiebende Wirkung Zeit gewonnen werden kann, was bei sehr hohen Rückforderungssummen von besonderer Bedeutung sein kann.
Soweit ein Widerspruch oder eine Anfechtungsklage erfolgreich ist, wird die Widerspruchsbehörde oder das Verwaltungsgericht den Schlussbescheid und den Rückforderungsbescheid aufheben. Nach der Zurückweisung eines etwaigen Widerspruchs durch die zuständige Landesbehörde steht der Klageweg zum Verwaltungsgericht offen. Nach der ersten Instanz vor dem Verwaltungsgericht steht der Verwaltungsgerichtsweg in der zweiten Instanz zum Oberverwaltungsgericht (in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen zum Verwaltungsgerichtshof) und ggf. in dritter Instanz zum Bundesverwaltungsgericht offen. Zu berücksichtigen ist, dass im Regelfall die Berufung zum Oberverwaltungsgericht oder die Revision zum Bundesverwaltungsgericht nicht zugelassen wird und gesondert mit einem Zulassungsantrag oder einer Beschwerde erstritten werden muss.
Ein Rechtsmittel gegen einen Schluss- oder Rückforderungsbescheid hätte jedoch dann keine aufschiebende Wirkung, wenn die zuständige Landesbehörde den Rückforderungsbescheid für sofort vollziehbar erklären würde. In diesem Fall käme neben Widerspruch oder Anfechtungsklage auch die Einlegung einstweiligen Rechtschutzes in Betracht. Im gerichtlichen Verfahren könnte hier ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt werden (§ 80 Abs. 5 VwGO). Ein solcher Antrag hat vor allem dann gute Aussichten auf Erfolg, wenn der Rückforderungsbescheid voraussichtlich rechtswidrig ist oder wenn die sofortige Vollziehung des Rückforderungsbescheids aufgrund der konkreten Umstände zu einer besonderen Härte führen würde.
Entscheidung im Schlussbescheid steht im Ermessen der Bewilligungsbehörde
In inhaltlicher Hinsicht ist zu berücksichtigen, dass sowohl die Gewährung der Corona-Wirtschaftshilfen als auch die Entscheidungen in den Schlussbescheiden im Ermessen der Bewilligungsbehörde stehen. Der Bewilligungsbehörde kommt bei den Entscheidungen daher ein gewisser Spielraum zu. Dies bedeutet allerdings nicht, dass die Bewilligungsbehörde über die Gewährung der Förderung und das Recht zum Behalten der Förderung frei entscheiden kann. In einem gerichtlichen Rechtsstreit sind die Entscheidungen der Behörden auf das Vorliegen sog. Ermessensfehler überprüfbar.
Ein Ermessensfehler liegt zum Beispiel vor, wenn die Bewilligungsbehörde auf die Ausübung ihres Ermessens verzichtet (sog. Ermessensnichtgebrauch), ihrer Entscheidung unzutreffende Tatsachen zugrunde legt oder sachfremde Erwägungen anstellt (sog. Ermessensfehlgebrauch). Die Bewilligungsbehörde ist außerdem verpflichtet, den Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung und den Grundsatz der Gleichbehandlung zu beachten. Wenn für sie ermessenslenkende Vorgaben gelten und sie diese zum Bestandteil des Zuwendungsbescheids macht, muss sie die Vorgaben auch anwenden und darf sich hierzu nicht in Widerspruch setzen. Bei den Corona-Wirtschaftshilfen kann dies insbesondere im Hinblick auf die Vollzugshinweise der Fall sein, wenn sie zum Bestandteil der vorläufigen Zuwendungsbescheide gemacht wurden (siehe zu den Vollzugshinweisen im Internet https://www.ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de/DE/Infothek/Vollzugshinweise/vollzugshinweise.html).
Dokumentation der betrieblichen Entwicklung wichtig
Von besonderer Bedeutung für eine Vermeidung von Rückforderungen ist eine sorgfältige und lückenlose Dokumentation der tatsächlichen Umsatzentwicklung in den betreffenden Fördermonaten, um insbesondere darlegen zu können, dass keine Überkompensation eingetreten ist. Neben einem möglichen Delta zwischen prognostizierten Umsatzausfällen und tatsächlichen Umsatzausfällen kommt auch den grundsätzlich fortgeltenden Vorgaben der Zuwendungsbescheide weiterhin Bedeutung zu. Namentlich Verstöße gegen Auflagen können weiterhin zu einer Rückforderung führen. Zu denken ist etwa an Vorgaben, dass die Fördermittel nicht in Steueroasen abfließen dürfen, zeitweise keine Gewinnausschüttungen erfolgen dürfen, oder an die Pflicht der Zuwendungsempfänger, relevante Änderungen, insbesondere solche, die sog. subventionserheblichen Tatsachen betreffen, der Bewilligungsbehörde unverzüglich mitzuteilen.
Betroffene Unternehmen sind vor diesem Hintergrund gut beraten, die Schlussabrechnungen mit Sorgfalt zu erstellen. Wenn die Bewilligungsbehörde im Einzelfall eine Rückforderung festsetzt, sollte der betroffene Zuwendungsempfänger die Rechtmäßigkeit der Rückforderung überprüfen und gegebenenfalls rechtzeitig von seinen Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch machen, um seine Rechte zu wahren.
* Die Frist zur Einreichung der Schlussabrechnung wurde auf den 30. September 2024 verlängert, vgl. Pressemitteilung BMWK.
** Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.