Wenn es eines gibt was man tunlichst vermeiden möchte, dann ist das die Beschäftigung mit schweren Krankheiten und dem eigenen Tod – das gilt wohl in gleichem Maße für „den kleinen Mann″ wie für den Vorstandsvorsitzenden.
Erstaunlicherweise zeigt unsere Erfahrung, dass die Gedanken an den eigenen „worst case″ gerade bei denen, die im Beruf ein hohes Maß an Verantwortung tragen, meist kaum eine Rolle spielen. Das Thema wird nach Möglichkeit aufgeschoben und vermieden. Dabei sollten sich gerade „die Entscheider″ – etwa Führungskräfte in großen und mittelständischen Unternehmen – dem Thema Patientenverfügungen und Vorsorgevollmachten wohl oder übel stellen, besonders aus aktuellem Anlass:
Der Gesetzgeber hat die Patientenverfügung im letzten Jahr erstmals geregelt. Die Neuregelung bietet für viele Anlass zur Freude:
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Die Ärzte dürfen sich freuen, denn durch die gesetzliche Regelung ist nun klargestellt, dass die Patientenverfügung den Patientenwillen direkt wiedergibt. Wer sich daran hält, muss also keine Angst haben, sich strafbar zu machen.
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Die potentiellen Patienten dürfen sich freuen, denn nun ist klar, dass der in der Patientenverfügung geäußerte Wille verbindlich ist. Sofern er eindeutig ist, ist die Patientenverfügung nicht nur Mittel zur Auslegung, sondern wird als der direkte Patientenwille angesehen. Ergo ist die Autonomie gestärkt.
Freuen darf sich aber natürlich auch unsere Zunft:
Schließlich ist die Rechtslage nun klar, Patientenverfügungen sind verbindlich, sie müssen schriftlich sein und der Unterzeichnende volljährig. Eine notarielle Form, oder ein vorheriges medizinisches Gespräch sind nicht erforderlich. Der Gesetzgeber hat sich dabei weitgehend an die bisherige Rechtsprechung gehalten. Wie so oft gibt es aber Probleme, sobald es ans Eingemachte geht:
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Was passiert, wenn die Patientenverfügung zu unbestimmt ist und somit keine klare Regelung für den konkreten Krankheitsfall festlegt?
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Was passiert, wenn der Patient es sich gerade dann anders überlegt, wenn er sich nicht mehr richtig ausdrücken kann?
Diese Probleme konnte auch der Gesetzgeber nicht vollständig lösen. Sie können aber durch rechtliche Beratung vor dem Verfassen der Patientenverfügung verringert werden. Dennoch hat der Gesetzgeber sich durchaus Mühe gegeben, praktische Probleme zu antizipieren und zu regeln.
So ist in § 1901a II BGB nun geregelt, dass im Falle einer nicht auf die konkrete Behandlungssituation zutreffenden Patientenverfügung der Wille anhand anderer Umstände und Äußerungen des Patienten ermittelt werden soll. Die ungenaue Patientenverfügung hat also dennoch Bedeutung – zumindest bei der generellen Auslegung des Patientenwillens.
Der Gesetzgeber hat sich folglich durchaus mit den möglichen Problemen von Patienten und ihren Rechtsberatern auseinandergesetzt. Jetzt muss der „Entscheider″ das Problem nur noch tatsächlich angehen…