Die geplante Novellierung des BauGB will auch das kommunale Vorkaufsrecht stärken, bleibt hinter diesem Ziel aber weit zurück.
Mit dem Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der integrierten Stadtentwicklung vom 30. Juli 2024 plant das Bundeministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen Großes: Die Novellierung des BauGB soll laut Pressemitteilung Potenziale freisetzen, entlastend wirken und den Wirtschaftsstandort Deutschland weiter stärken. Der Entwurf nimmt sich auch eine Erweiterung des kommunalen Vorkaufsrechts auf Share Deals vor.
Dessen Anwendbarkeit auf Share Deals ist fortlaufend Gegenstand von Diskussionen und von großer Bedeutung für die Immobilienwirtschaft. Bisher existieren dazu weder gesetzliche Regelungen noch eine best practice. Zur Verbesserung dieses Zustands trägt aber auch der nun vorliegende Referentenentwurf nichts bei.
Geplante Erweiterung des kommunalen Vorkaufsrechts auf Share Deals
Kommunale Vorkaufsrechte sind grundsätzlich nur bei Asset Deals anwendbar, also Grundstückskaufverträgen. Denn nur dann liegt der „Kauf eines Grundstücks“ vor, wie es § 24 Abs. 1 BauGB – und auch jedes sonstige Vorkaufsrecht – verlangt. Der Kauf führt letztlich zu einem Wechsel des Eigentümers des Grundstücks.
Bei einem Share Deal werden dagegen Anteile an der das Grundstück haltenden Gesellschaft übertragen. Es findet also keine rechtsgeschäftliche Eigentumsübertragung am Grundstück statt. Auf Share Deals sollen kommunale Vorkaufsrechte nur in Umgehungsfällen Anwendung finden, also in solchen Fällen, die wertungsmäßig einem Asset Deal gleichstehen. Die Voraussetzungen wie rechtlichen und wirtschaftlichen Konsequenzen einer Vorkaufsrechtsausübung bei Share Deals sind aber unklar. Es gab verschiedentlich gesetzgeberische Bestrebungen, dies zu ändern – bisher ohne Erfolg.
Auch der Regierungsentwurf ändert daran nichts. Er setzt überraschenderweise nicht bei der Anteilsübertragung an, also beim Share Deal als Pendant zum Verkauf der Immobilie. Vielmehr regelt er – einen Schritt vorher – die Einbringung der Immobilie in die Gesellschaft, also eine vorgelagerte Handlung, die die Voraussetzungen für den Share Deal schafft. Diese Einbringung, die wie ein Asset Deal zu einem Eigentümerwechsel führt, soll nach der Neuregelung dem kommunalen Vorkaufsrecht unterliegen.
Umgesetzt wird dies mit einem neuen § 24 Abs. 2a BauGB-E, der lauten soll:
Dem Kauf von Grundstücken steht die Verpflichtung gleich, ein Grundstück in eine Gesellschaft einzubringen.
§ 28 Abs. 1 BauGB-E wird entsprechend erweitert und soll künftig lauten (H. v. V.):
Der Verkäufer hat der Gemeinde den Inhalt des Kaufvertrags oder der Verpflichtung zur Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft nach § 24 Absatz 2a unverzüglich mitzuteilen; die Mitteilung des Verkäufers wird durch die Mitteilung des Käufers ersetzt. Das Grundbuchamt darf bei Kaufverträgen den Käufer oder bei Einbringung eines Grundstücks in eine Gesellschaft die Gesellschaft als Eigentümer in das Grundbuch nur eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.
Weshalb dieser Weg gewählt wurde, erläutert der Regierungsentwurf nicht näher. In der Sache geht es bei Einbringungen auch gar nicht um Share Deals. Vielmehr heißt es lapidar, der Vorschlag greife die langjährige Diskussion über die Umgehung gemeindlicher Vorkaufsrechte durch Share Deals auf und sei unter Abwägung aller in den vorausgehenden Expertengesprächen hervorgebrachten Argumente entstanden. Die Einbringung von Grundstücken in Gesellschaften führe in einer Vielzahl von Fällen zu einer Nichtanwendbarkeit der kommunalen Vorkaufsrechte in Fällen von städtebaulicher Relevanz. Die Neuregelung solle diese Lücke schließen, soweit dies ohne grundlegende Veränderungen des Gesellschaftsrechts möglich ist (Regierungsentwurf, S. 86). Insofern scheinen die Verfasser des Regierungsentwurfs bereits geahnt zu haben, dass Defizite zurückbleiben werden.
Ansatzpunkt ist wertungsmäßig verfehlt
Es ist zweifelhaft, ob die Betrachtung der Einbringung von Grundstücken in Gesellschaften wertungsmäßig der richtige Ansatzpunkt ist. Denn das Vorkaufsrecht soll Verkaufsvorgänge erfassen. Bei Share Deals wäre das Pendant hierzu die Anteilsübertragung, nicht schon die „Bestückung“ der Gesellschaft mit einer Immobilie. Denn dafür sind zahlreiche Gründe außer der Vorbereitung einer Transaktion denkbar, beispielsweise konzerninterne Umstrukturierungen ohne einen wirtschaftlichen Eigentümerwechsel. Diese Vorgänge sollten dann nicht einer Vorkaufskontrolle unterliegen, weil es sich in der Sache nicht um Vorkaufskonstellationen handelt. Die Neuregelung betrifft ferner keine Bestandsfälle, also Gesellschaften, die bereits Immobilien halten, und blendet damit einen großen Teil der Praxis aus.
Erfasste Fallkonstellationen unklar
Die Neuregelung stellt auf die Einbringung einer Immobilie in eine Gesellschaft ab. Was darunter zu verstehen ist, wird nicht erläutert. Unter einer Einbringung kann man eine Vermögensübertragung an eine Gesellschaft gegen Gewährung von Anteilen an der Gesellschaft verstehen (vgl. Schmitt/Hörtnagl/Schmitt UmwStG § 20 Rn. 186). Es handelt sich also um einen tauchähnlichen Vorgang. Der Wortlaut der Neuregelung würde aber auch die schenkweise Übertragung an eine Gesellschaft erfassen, wie es beispielsweise bei Familienpoolgesellschaften vorkommt. Dies muss wertungsmäßig ausgenommen bleiben, da es an einer für ein Vorkaufsrecht erforderlichen Gegenleistung fehlt. Jedenfalls sollte der für Familienkonstellationen geltende Ausnahmetatbestand des § 26 Nr. 1 BauGB auch auf die Neuregelung ausgeweitet werden.
Keine verlässliche Bestimmung des Gegenwerts
Im Falle eines Asset Deals hat die Gemeinde als Gegenleistung für das Grundstück grundsätzlich den im (Erst-)Kaufvertrag vereinbarten Kaufpreis zu zahlen. Überschreitet dieser den Verkehrswert, kann die Gemeinde den zu zahlenden Betrag nach dem Verkehrswert des Grundstücks im Zeitpunkt des Kaufs bestimmen; dann steht dem Verkäufer aber ein Rücktrittsrecht zu (§ 28 Abs. 3 BauGB).
In der Einbringungskonstellation bereitet die Bestimmung der Gegenleistung Probleme. Denn der Einbringende erhält als Gegenleistung für das Grundstück Anteile an der Gesellschaft. Diese kann die Gemeinde naturgemäß nicht gewähren. Der Gemeinde bleibt somit nur die Leistung des monetären Gegenwerts für das Grundstück, der jedoch ermittelt werden muss. Wie dies geschehen soll, verrät die Neuregelung nicht. Denkbar wäre, hier auf den Verkehrswert des Grundstücks (§ 194 BauGB) zurückzugreifen. Die Novellierung hat aber auf eine entsprechende Anpassung des § 28 Abs. 3 BauGB verzichtet, sodass es an einem gesetzlichen Verweis auf die Maßgeblichkeit des Verkehrswerts fehlt. Zudem müsste dem Einbringenden parallel zur klassischen Vorkaufskonstellation ermöglicht werden, von der Einbringung Abstand zu nehmen, wenn er lediglich den Verkehrswert erhalten soll.
Die Ermittlung der Gegenleistung würde auch zu erheblichen Verzögerungen führen. Denn dafür müsste ein Verkehrswertgutachten eingeholt werden, dessen Erstattung typischerweise mindestens einige Monate in Anspruch nimmt. Erst nach Vorliegen dieses Gutachtens könnte die Gemeinde entscheiden, ob sie von ihrem Vorkaufsrecht Gebrauch macht. Dafür hat die Gemeinde drei Monate Zeit (§ 28 Abs. 2 S. 1 BauGB). Muss in dieser Zeit auch Gewissheit über den Verkehrswert als Gegenleistung herrschen, dürfte die Gemeinde häufig wegen Fristablaufs an der Ausübung des Vorkaufsrechts gehindert sein; dies dürfte gesetzgeberisch jedoch nicht beabsichtigt sein. Soll die Zeit der Ermittlung des Verkehrswerts dagegen auf die Dreimonatsfrist aufgeschlagen werden, wäre eine unzumutbaren Lähmung von Einbringungs- und Gründungsvorgängen die Folge, da der grundbuchliche Vollzug der Einbringung wegen der Grundbuchsperre des neuen § 28 Abs. 1 S. 2 BauGB-E vom Vorliegen eines gemeindlichen Negativzeugnisses abhängt. Dass die Ausübung des Vorkaufsrechts und die Bestimmung des Verkehrswerts häufig gerichtlich angefochten werden dürften, kommt noch erschwerend hinzu. Es wäre im Ergebnis mit einem erheblichen zeitlichen und wirtschaftlichen Mehraufwand für Verwaltung und betroffenen Bürgern und Unternehmen zu rechnen – ein hoher Preis für eine Regelung, dessen Ansatz schon verfehlt ist.
Die Problematik um die Bestimmung der Gegenleistung macht im Übrigen deutlich, dass es sich in dieser Konstellation gar nicht um ein Vorkaufsrecht der Gemeinde handeln kann. Ein solches müsste zur Folge haben, dass ein selbständiger neuer (Kauf-)Vertrag zwischen Verkäufer und Gemeinde zustande käme. Rechtsdogmatisch wäre dies bei Einbringungsfällen kaum möglich. Insofern dürfte es in der Sache eher um ein Ankaufsrecht gehen, ohne dass der Referentenentwurf dies dogmatisch oder auch nur sprachlich deutlich machen würde.
Vorkaufsrecht soll auch in missbräuchlichen Aufteilungsfällen gelten
Eine weitere Ausweitung erfährt das kommunale Vorkaufsrecht hinsichtlich in Wohnungs-/Teileigentum aufgeteilter Grundstücke. Erbbaurechte und Rechte nach dem Wohnungseigentumsgesetz unterliegen nach § 24 Abs. 2 BauGB bereits heute nicht dem kommunalen Vorkaufsrecht. Der Regierungsentwurf schlägt nun folgende erweiterte Fassung des § 24 Abs. 2 BauGB-E vor (H. v. V.):
Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Erbbaurechten und von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz, es sei denn, durch den Kauf werden sämtliche auf einem Grundstück liegende Wohnungseigentumsrechte in einer Person vereinigt.
Zunächst fragt man sich, ob damit überhaupt eine existierende Umgehungspraxis adressiert wird. Zweifel daran meldet der Regierungsentwurf selbst an, wenn es dort heißt (S. 57): „Es wird davon ausgegangen, dass sich die Zahlen der Veräußerung eines in Wohnungseigentum geteilten Gebäudes als Ganzes auf einem Niveau bewegen werden, das für eine Gesetzesfolgekostenabschätzung nicht erheblich ist, denn mit der Teilung in Wohnungseigentum wird in der Regel bezweckt, die Wohnungen einzeln zu verkaufen.“ Dem ist wenig hinzuzufügen.
Sodann geht der Wortlaut der Regelung erneut über die mutmaßlich gemeinten Umgehungsfälle hinaus. Denn er erfasst nicht nur die Fälle, in denen ein Grundstück aufgeteilt und sodann alle Wohnungs-/Teileigentume an einen Dritten veräußert werden. Vielmehr erfasst er auch den Verkauf von einzelnen oder mehreren Wohnungs-/Teileigentumen, wenn der Erwerber schon die übrigen Wohnungs-/Teileigentume hält. Wie eine solche „Bestandsprüfung“ des Erwerbers durch die für das Negativzeugnis zuständige Gemeinde aussehen soll, bleibt offen. Zu befürchten ist erneut eine Lähmung des Verkehrs von Wohnungs-/Teileigentumen, da insoweit auch eine Grundbuchsperre gilt, das Eigentum ohne ein entsprechendes Negativzeugnis also nicht umgeschrieben werden kann.
Noch bleibt Zeit zur Korrektur und zur Konzentration auf sinnvollere Maßnahmen
Derzeit befindet sich der Referentenentwurf in der Verbändeanhörung. Ein Kabinettsbeschluss ist für den 4. September 2024 geplant. Anschließend beginnt das parlamentarische Verfahren. Insofern besteht noch hinreichend Gelegenheit, die aufgezeigten Unzulänglichkeiten zu beheben und grundsätzlich der Frage nachzugehen, ob Share Deals auf diese Weise wirksam reguliert werden können. Die besseren Gründe sprechen dagegen, sodass zu hoffen bleibt, dass die beabsichtigten Neuregelungen wieder gestrichen werden.
Die angesprochene Novelle des BauGB ist Teil eines Maßnahmenbündels der Bundesregierung, um die Planung, die Genehmigung und den Bau von Gebäuden schneller, einfacher und günstiger zu machen. Zeitgleich hat das Bundesministerium für Justiz auch die Einführung des Gebäudetyps-E als weitere Gesetzesänderungen des „Bau-Turbo-Pakts“ (den Bund und Ländern bereits im Herbst 2023 geschlossen haben) angestoßen. Daneben sollen noch einige Anpassungen der TA Lärm dafür sorgen, dass mehr Wohnraum geschaffen werden kann. Selbstverständlich halten wir Sie über die weiteren Entwicklungen informiert.