Das Solarpaket nimmt nur noch die öffentliche Hand beim Ausbau Erneuerbarer Energie zur Duldung der Nutzung ihrer Grundstücke in die Pflicht.
Mit dem Klimaschutzgesetz hat sich Deutschland das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 gesetzt. Um das zu erreichen, soll der Stromsektor bereits bis zum Jahr 2035 möglichst emissionsfrei werden. Dazu muss der Anteil erneuerbarer Energien am Stromverbrauch erheblich gesteigert werden. Das bereits in Teilen seit Juli 2022 geltende EEG 2023 hat dafür erste Grundsteine gelegt, auf denen das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) aufbauen will.
Im Frühjahr 2023 hat das BMWK dafür eine Photovoltaik-Strategie erarbeitet. Diese beinhaltet Maßnahmen, mit denen die Bundesregierung bis zum Jahr 2035 die Treibhausgasneutralität im Stromsektor erreichen und zu diesem Zweck den Ausbau erneuerbarer Energien beschleunigen will. Auf dieser Grundlage hatte das Kabinett am 16. August 2023 den „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung“ beschlossen. Mit diesem sog. Solarpaket I sollen die Ziele der Photovoltaik-Strategie gesetzlich umgesetzt werden.
Beschleunigung der Grundstücksicherung durch Solarpaket I?
Ein praktisches Problem bei der Entwicklung von EEG-Projekten ist stets die langfristige Sicherung der notwendigen Grundstücksflächen. Gerade die externe Kabeltrasse zur Anbindung des Wind- oder Solarparks an den nächsten Einspeisepunkt verläuft oft über viele Grundstücke unterschiedlicher Eigentümer. Hier setzte der Gesetzentwurf mit der Einführung von § 11a und § 11b EEG (Fassung August 2023) an. Unter anderem ist darin vorgesehen, Grundstückseigentümer zur Duldung von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen zu verpflichten. Diese Duldungspflicht soll die Verlegung und den Betrieb von Anschlussleitungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen gegen Entschädigung ermöglichen. So soll der Anschluss von Erneuerbare-Energie-Anlagen an das Netz beschleunigt werden. Die Regelung soll nicht auf PV-Freiflächenanlagen beschränkt sein, sondern für alle Erneuerbare-Energie-Anlagen gelten. Weiterhin soll eine Duldungspflicht für die Überfahrt und Überschwenkung von Grundstücken zur Errichtung und zum Rückbau, allerdings nur von Windenergieanlagen, begründet werden.
Duldungspflichten von Grundstückseigentümern für Leitungen sind dem deutschen Recht nicht fremd. Sie finden sich unter anderem im Zusammenhang mit dem Stromnetz- oder Breitbandausbau (§ 12 NAV; § 134 TKG), wobei die konkreten Ausgestaltungen z. B. im Hinblick auf Entschädigungszahlungen differieren.
Die für Grundstückseigentümer relevanten Regelungen finden sich in den neuen § 11a EEG – Recht zur Verlegung von Leitungen und § 11b EEG – Recht zur Überfahrt während der Errichtung und des Rückbaus. Folgendes wird geregelt:
§ 11a EEG (Fassung August 2023): Recht zur Verlegung von Leitungen
§ 11a EEG (Fassung August 2023) verpflichtet Eigentümer und Nutzungsberechtigte eines Grundstücks zur Duldung von Verlegung, Errichtung, Instandhaltung, Instandsetzung, Schutz und Betrieb von elektrischen Leitungen sowie von Steuer- und Kommunikationsleitungen (Leitungen) und sonstigen Einrichtungen zum Anschluss von Anlagen zur Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Energien an den Verknüpfungspunkt gem. § 8 Abs. 1 bis 3 EEG sowie von Direktleitungen im Sinne von § 3 Nr. 12 EnWG gegen einmalige Zahlung von 5 Prozent des Verkehrswerts der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche. Der Betreiber der Leitung und von ihm beauftragte Dritte dürfen das Grundstück dazu betreten und befahren.
Es wird klargestellt, dass die Leitungen und sonstigen Einrichtungen nicht wesentliche Bestandteile des Grundstücks nach § 94 BGB und damit nicht automatisch auch Eigentum des Grundstückseigentümers werden.
Die Duldungspflicht entfällt unter anderem bei Unzumutbarkeit der Nutzungsbeeinträchtigung. Sie endet 48 Monate nach dauerhafter Einstellung des Betriebs der Leitungen, was der Betreiber dem Grundstückseigentümer und den Nutzungsberechtigten unverzüglich anzuzeigen hat.
Grundstückseigentümer und Nutzungsberechtigte haben alles zu unterlassen, was Bestand und Betrieb der Leitungen oder Einrichtungen gefährdet. Zu diesem Zweck wird ihnen vom Betreiber ein Bestandsplan mit dem Verlauf von Leitungen und Schutzstreifen ausgehändigt. Die Anwendbarkeit von § 11a EEG (Fassung August 2023) wird ausdrücklich auch auf Verkehrswege einschließlich deren Zubehör erstreckt, sodass z. B. auch die Querung von Bahntrassen möglich ist.
§ 11b EEG (Fassung August 2023) Recht zur Überfahrt während der Errichtung und des Rückbaus
Der § 11b EEG (Fassung August 2023) begründet eine Duldungspflicht für Eigentümer und Nutzungsberechtigte von Grundstücken für die Überfahrt und die Überschwenkung eines Grundstücks zur Errichtung und zum Rückbau von Windenergieanlagen sowie die Ertüchtigung des Grundstücks für die Überfahrt durch den Betreiber der Windenergieanlagen und durch von ihm beauftragte Dritte. Auch hier entfällt die Duldungspflicht insbesondere bei Unzumutbarkeit der Nutzungsbeeinträchtigung. Nach der letzten Überfahrt hat der Betreiber den ursprünglichen Zustand unverzüglich auf seine Kosten wiederherzustellen.
An den in der Nutzung eingeschränkten Berechtigten ist im Falle der zu duldenden Überfahrt eine pauschale Entschädigung von EUR 28 pro Monat und in Anspruch genommenem Hektar zu zahlen. Eine Überschwenkung ist unentgeltlich zu dulden. Auch diese Vorschrift ist auf Verkehrswege entsprechend anzuwenden.
Es wird in beiden Regelungen klargestellt, dass sowohl Schadensersatzansprüche des Grundstückseigentümers und der Nutzungsberechtigten als auch öffentlich-rechtliche Genehmigungs- und Erlaubnispflichten unberührt bleiben.
Auch beim zweiten Versuch einer gesetzlichen Duldungspflicht bleiben Fragen offen
Diese Vorschriften werfen für Grundstückseigentümer und Anlagenbetreiber einige Fragen auf, die trotz Änderungen im Vergleich zum ersten Referentenentwurf noch nicht alle beantwortet sind.
Bislang mieten/pachten Anlagenbetreiber die für den Netzanschluss und die Verlegung von Anschlussleitungen notwendigen Flächen von den jeweiligen Grundstückseigentümern oder lassen sich die Nutzung durch sonstige Nutzungsverträge gestatten. Dafür zahlen sie ein – monatliches oder einmaliges – Entgelt. Gleichzeitig erfolgt eine dingliche Sicherung der Nutzungsmöglichkeit mittels beschränkt persönlicher Dienstbarkeit zugunsten des Betreibers. Die Verhandlung der entsprechenden Verträge kann langwierig sein. Darüber hinaus besteht die Gefahr von Rechtsstreitigkeiten, die erhebliche Zeit kosten und so den Ausbau und den Betrieb einer Erneuerbaren-Energie-Anlage erheblich verzögern können.
Aus diesen Gründen gab es bereits zuvor Erwägungen, eine Duldungspflicht von Grundstückseigentümern gesetzlich zu regeln. Der Entwurf eines Gesetzes zur Einführung einer Strompreisbremse und zur Änderung weiterer energierechtlicher Bestimmungen enthielt eine entsprechende Ergänzung im Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG), die allerdings kurzfristig aus dem – vom Kabinett beschlossenen – Gesetzentwurf wieder gestrichen wurde. Der Grund hierfür ist nicht bekannt und ergibt sich auch nicht aus der Gesetzesbegründung. Der Gesetzentwurf des § 11a EEG (Fassung August 2023) entspricht im Wesentlichen dem damaligen Entwurf. Vorschläge zur Optimierung der Regelung, z. B. des Bundesverbands für Windenergie, wurden in der vom Kabinett nun beschlossenen Fassung nur begrenzt umgesetzt. Das Überfahrtsrecht in § 11b EEG (Fassung August 2023) ist hingegen ein neuer Gedanke.
Relevante rechtliche Aspekte der neuen Regelung
Durch die gesetzlichen Duldungspflichten soll ein gesetzliches Schuldverhältnis entstehen. Um eine effektive Durchsetzung zu gewährleisten, ist es nicht ausreichend, nur Grundstückseigentümer zu verpflichten. Deshalb sind auch sonstige Nutzungsberechtigte verpflichtet, damit die Duldungspflicht nicht im Ergebnis leer läuft, weil Rechte Dritter einem Netzausbau entgegen stehen. Duldungspflichtige Nutzungsberechtigte in diesem Sinne sind laut Gesetzesbegründung „alle Personen, die von den Leitungen in ihrem Recht beeinträchtigt werden können“. Neben land- und forstwirtschaftlichen Pächtern der Grundstücke sind auch Inhaber beschränkt persönlicher Dienstbarkeiten und sonstige Nießbrauchberechtigte genannt. Nach dem ursprünglichen Gesetzentwurf von August 2023 sollten sowohl alle schuldrechtlich als auch dinglich Berechtigten, sowohl private Eigentümer als auch die öffentliche Hand, zur Duldung verpflichtet sein.
Gesetzliches Schuldverhältnis statt dinglicher Sicherung
Durch die gesetzliche Duldungspflicht ist eine separate dingliche Sicherung der Rechte der Betreiber nicht mehr erforderlich. Denn das gesetzliche Schuldverhältnis gilt auch gegenüber künftigen Grundstückseigentümern sowie dinglich Nutzungsberechtigten. Da die Leitungen ausdrücklich keine wesentlichen Bestandteile des Grundstücks werden, sondern Scheinbestandteile sind, die nicht ins Eigentum des Grundstückseigentümers übergehen, bedarf es keiner Dienstbarkeit mehr, um die Sonderrechtsfähigkeit der Leitungen zu gewährleisten. Durch den Entfall der dinglichen Sicherung soll der Anschluss der Erneuerbaren-Energie-Anlagen ebenfalls beschleunigt werden, da der Beglaubigungs- und Eintragungsprozess wegfällt.
Wer duldet und wer darf liquidieren?
Der Eigentümer wird für die Duldung der Verlegung von Leitungen auf seinem Grundstück gemäß § 11a EEG (Fassung August 2023) mit einmalig 5 % des Verkehrswerts der in Anspruch genommenen Schutzstreifenfläche entschädigt. Im Falle der Ausübung des Überfahrtrechts nach § 11b EEG (Fassung August 2023) ist ein pauschal festgelegter Betrag pro Monat und in Anspruch genommenem Hektar an den von der Nutzungseinschränkung Betroffenen zu leisten. Schadensersatzansprüche sollen jeweils unberührt bleiben. Begründet wird die Entschädigungsregel damit, dass es sich nur um geringfügige Beeinträchtigungen der Grundstückswerte handelt, insbesondere weil keinerlei dingliche Sicherung erfolgt und nur geringe Flächen der Grundstücke in Anspruch genommen werden sollen. Weil der Gesetzgeber davon ausgeht, dass die Überfahrt im Gegensatz zur Leitungsverlegung nur temporär die reguläre Grundstücksnutzung einschränken kann, aber keine Wertminderung zur Folge hat, soll hier nur der betroffene Nutzungsberechtigte Zahlungsempfänger sein. Da das Überschwenken des Grundstücks schon keine wesentliche Beeinträchtigung darstellen soll, besteht dafür keine Entschädigungspflicht. Schadensersatzansprüche sollen dann in Betracht kommen, wenn fremdes Eigentum beschädigt wird oder wegen des Leitungsbaus bzw. der Überfahrt Flächen landwirtschaftlich nicht mehr genutzt werden können. Damit wären zumindest Ansprüche bei Ernteausfällen o. ä. abgedeckt. Da § 11a Abs. 2 EEG (Fassung August 2023) nur dem Grundstückseigentümer einen Entschädigungsanspruch einräumt, Nutzungsberechtigten aber nicht, gehen diese trotz möglicher Beeinträchtigung leer aus, wenn ihnen dabei kein Vermögensschaden entstanden ist. Ob dies so beabsichtigt war oder es sich bisher nur um ein Redaktionsversehen handelt, ist unklar. Da § 11b Abs. 2 EEG (Fassung August 2023) dem tatsächlich beeinträchtigten Nutzungsberechtigten aber einen Entschädigungsanspruch gewährt, spricht für eine bewusste Differenzierung. § 11a Abs. 2 EEG (Fassung August 2023) soll dann nach der gesetzgeberischen Intention wohl nur den Wertverlust, der nur den Grundstückseigentümer trifft, ausgleichen.
Auch darüber hinaus wird es sicherlich zu Folgefragen kommen: Derzeit sind nur Erneuerbare-Energie-Anlagen bzw. im Rahmen von § 11b EEG (Fassung August 2023) sogar nur Windenergieanlagen (sowie Anlagen zu Herstellung oder Speicherung von Grünem Wasserstoff oder sonstigen Stromspeichern) erfasst. Wird der Anwendungsbereich ausgedehnt auf Umspannwerke, Übergabestationen, Gaskraftwerke, Batteriespeicher usw.? Auch können Unsicherheiten zum Ende der Duldungspflicht entstehen. Wann ist eine Betriebseinstellung anzunehmen? Was passiert während der vierjährigen Nachlaufperiode? Wie sieht es mit dem Rückbau und der Entfernung der Leitungen sowie Wiederherstellung des früheren Zustandes aus? Kann der Eigentümer einer Rückbausicherheit verlangen?
++ Update vom 13. Mai 2024 ++
Begrenzung der Duldungspflicht auf Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand
Nach längerer Verzögerung der 2. und 3. Lesung im Bundestag hat der Bundesrat am 26. April 2024 das kurz zuvor vom Bundestag beschlossene Solarpaket I gebilligt.
Im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf der §§ 11a und 11b EEG – in der Fassung von August 2023 – wurde bei dem am 26. April 2024 verabschiedeten Gesetz zur Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes und weiterer energiewirtschaftsrechtlicher Vorschriften zur Steigerung des Ausbaus photovoltaischer Energieerzeugung die Pflicht von Grundstückseigentümern, die Nutzung ihrer Grundstücke zur Verlegung von Leitungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen sowie die Überfahrt und die Überschwenkung des Grundstücks im Zusammenhang mit Windenergieanlagen zu dulden, in deutlich eingeschränktem Umfang beschlossen.
Die Duldungspflicht gilt nunmehr nur noch für Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand. Privatpersonen sind von den neuen Regelungen gerade nicht betroffen. Dies ist die relevanteste und weitreichendste Änderung im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf der §§ 11a und 11b EEG (neu).
Der ursprüngliche Entwurf wurde außerdem wie folgt geändert:
- Für Leitungen zum Anschluss von Anlagen mit einer installierten Leistung von insgesamt höchstens 30 Kilowatt wurde die Duldungspflicht ausgeschlossen.
- Neu hinzugekommen ist die entsprechende Anwendbarkeit der Regelungen des § 11a EEG (neu in der Fassung April 2024) auch auf Leitungen zum Anschluss von Anlagen zur Herstellung oder Speicherung von Grünem Wasserstoff oder sonstigen Stromspeichern in § 11a Abs. 6 S. 2 EEG (neu in der Fassung April 2024).
- Zudem erstreckt § 11b Abs. 1 S. 4 EEG (neu in der Fassung April 2024) die Duldungspflicht im Zusammenhang mit der Errichtung und dem Rückbau von Windenergieanlagen auch auf die Ertüchtigung des Grundstücks für die Überfahrt und Überschwenkung. Die Wiederherstellungspflicht des Betreibers nach der letzten Überfahrt wurde im Vergleich zum ursprünglichen Entwurf dahingehend gelockert, dass nicht der ursprüngliche, sondern ein im Wesentlichen gleichartiger Zustand herzustellen ist. Dass dies auf Kosten des Betreibers zu geschehen hat, ergibt sich nicht mehr ausdrücklich aus dem beschlossenen Wortlaut, da dieser Satzteil ersatzlos gestrichen wurde.
- Ferner wurden öffentliche Straßen vom Anwendungsbereich des § 11b EEG (neu in der Fassung April 2024) in Absatz 4 Satz 2 ausgeschlossen. Begründet wurde dies damit, dass Großraum- und Schwertransporte von Windenergieanlagen durch die Straßenverkehrsbehörde und wie bisher in einem Verwaltungsverfahren, ggf. unter Beteiligung der Straßenbaubehörde, geregelt werden sollen.
Überschaubare Erleichterung für Betreiber Erneuerbarer-Energie-Anlagen
Private Grundstückseigentümer sind also auch künftig nicht dazu verpflichtet, die Verlegung von Leitungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen auf ihrem Grundstück zu dulden. Es bedarf weiterhin entsprechender Verträge zwischen den Betreibern und den privaten Grundstückseigentümern. Private Grundstückseigentümer dürfte diese Einschränkung freuen, wohingegen die erhoffte Erleichterung für die Betreiber der Erneuerbaren-Energie-Anlagen, die Grundstückssicherung der Kabeltrasse schnell vorzunehmen, ausbleibt.
Leitungen werden üblicherweise ohnehin – soweit möglich – auf öffentlich gewidmeten Wegegrundstücken verlegt. Allerdings werden die Planungen für Erneuerbare-Energie-Anlagen zumeist in engerer Abstimmung mit der Gemeinde erfolgen, weshalb diese in der Regel kooperationsbereit sein dürfte und eine Duldungspflicht die Grundstückssicherung nicht wesentlich vereinfachen dürfte. Für Leitungen, die unmittelbar der Versorgung von Letztverbrauchern dienen, sind die Gemeinden außerdem bereits nach § 46 EnWG dazu verpflichtet, ihre öffentlichen Verkehrswege zur Verfügung zu stellen, wobei auch hier noch der Abschluss eines Nutzungsvertrags erforderlich ist.
Eine unmittelbare Duldungspflicht ergibt sich daraus noch nicht. Zudem gilt § 46 EnWG nicht für die Verlegung solcher Leitungen, die lediglich Zugang zu einem vorhandenen Netz schaffen sollen, um Strom einzuspeisen. § 11a EEG (neu in der Fassung April 2024) betrifft hingegen nur die Leitungen zum Anschluss an den Verknüpfungspunkt oder Direktleitungen im Sinne des § 3 Nr. 12 EnWG und tritt daher neben die Regelung des § 46 EnWG. Es ist daher denkbar, dass auch weiterhin für von § 11a EEG (neu in der Fassung April 2024) nicht erfasste Leitungen Verträge mit der öffentlichen Hand geschlossen werden müssen.
Da kaum Fälle denkbar sind, in denen die gesamte Leitungstrasse ausschließlich über Grundstücke der öffentlichen Hand verläuft, werden auch künftig mitunter langwierige Verhandlungen mit Privatpersonen notwendig. Da private Grundstückseigentümer nun wissen, dass die gesetzliche Duldungspflicht ausdrücklich nur für die öffentliche Hand gilt, dürfte deren Verhandlungsposition deutlich gestärkt sein.
Betreibern ist es also auch künftig nicht möglich, ohne eine Vielzahl von Verträgen zur Grundstücksnutzung für die Kabelverlegung ihre Erneuerbare-Energie-Anlagen-Projekte zu realisieren.
Darüber hinaus konnten auch die bereits im Zusammenhang mit dem ursprünglichen Entwurf aufgeworfenen möglichen Folgefragen durch die Anpassungen im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens nicht beantwortet werden. Denn mit Ausnahme der Einschränkung der Duldungspflichten auf Grundstücke im Eigentum der öffentlichen Hand handelt es sich ansonsten überwiegend um redaktionelle Änderungen ohne große inhaltliche Auswirkungen.
Beschleunigende Ausnahme für die Energiewende?
Da der Bundesrat dem Gesetzesentwurf zugestimmt hat, ohne den Vermittlungsausschuss anzurufen, wird das Gesetz nach Ausfertigung und Verkündung (vorbehaltlich einzelner EU-rechtlich erforderlicher Genehmigungen) in Kürze in Kraft treten.
Dass die nunmehr auf die öffentliche Hand beschränkte Duldungspflicht den Ausbau erneuerbarer Energien wesentlich vereinfachen oder beschleunigen wird, erscheint zweifelhaft. Es bleibt, die tatsächlichen Entwicklungen und Umsetzung der neuen Regelungen in der Praxis zu beobachten und abzuwarten, ob bzw. wie der Gesetzgeber künftig weiter auf diese Thematik reagieren wird. Dass hier doch noch einmal nachjustiert wird, scheint insbesondere wegen der Bedeutung des Ausbaus Erneuerbarer Energien und den ursprünglichen Bestrebungen, auch private Grundstückseigentümer zur Duldung zu verpflichten, zumindest nicht ausgeschlossen.