29. August 2024
Chancen durch Transformation

Transfergesellschaft: Instrument zur Restrukturierung

Transfergesellschaften sind für Arbeitgeber ein bewährtes Instrument für einen rechtssicheren und schnellen Personalabbau. 

Transfergesellschaften spielen im Rahmen arbeitsrechtlicher Restrukturierungen vor allem bei größeren Personalabbaumaßnahmen eine bedeutende Rolle. Sie sind ein bewährtes Instrument für Arbeitgeber, rechtssicher und schnell Personal abzubauen, indem die von betriebsbedingten Kündigungen betroffenen Arbeitnehmer ihr bisheriges Arbeitsverhältnis einvernehmlich beenden und für einen befristeten Zeitraum in eine Transfergesellschaft wechseln. Die Zeit in der Transfergesellschaft sollen die Arbeitnehmer für eine Qualifizierung und die Vermittlung aus Arbeit in Arbeit nutzen. Für die Arbeitnehmer stellt der Wechsel insofern eine Alternative zur ansonsten drohenden Arbeitslosigkeit dar.

Wechsel in die Transfergesellschaft 

Die vom Personalabbau betroffenen Arbeitnehmer wechseln zeitlich befristet in eine sog. betriebsorganisatorisch eigenständige Einheit („die Transfergesellschaft“). Der Wechsel in die Transfergesellschaft geschieht vielfach durch einen dreiseitigen Vertrag zwischen Arbeitnehmer, bisherigem Arbeitgeber und der Transfergesellschaft. Dazu einigen sich die Arbeitnehmer mit dem bisherigen Arbeitgeber – meist unter Abkürzung der Kündigungsfristen – auf die Beendigung des bisherigen Arbeitsverhältnisses und begründen gleichzeitig ein (häufig auf maximal zwölf Monate) befristetes neues Arbeitsverhältnis mit der Transfergesellschaft.

Transfergesellschaften müssen über eine Trägerzulassung nach § 178 SGB III verfügen, damit die Maßnahmen durch die Agentur für Arbeit gefördert werden können. Sie können von Arbeitgebern, die Restrukturierungen vornehmen, auch für den Einzelfall gegründet werden. In der Regel bedienen sich Arbeitgeber aber bereits existierender, regional oder auch überregional agierender Anbieter von Transfergesellschaften, die über die erforderliche Infrastruktur und Expertise zur Qualifizierung und Vermittlung von Arbeitnehmern am Arbeitsmarkt verfügen.

Rechtssicherer und schneller Personalabbau durch die Transfergesellschaft

Ein wesentlicher Vorteil der Implementierung einer Transfergesellschaft ist für Arbeitgeber die damit einhergehende rechtssichere Gestaltung. Die wechselnden Arbeitnehmer beenden ihr Arbeitsverhältnis mit dem bisherigen Arbeitgeber mittels dreiseitigem Vertrag, so dass im Hinblick auf die rechtssichere Beendigung des Arbeitsverhältnisses grundsätzlich kein Prozessrisiko gegeben ist. Die Transfergesellschaft bietet sich daher auch gerade in den Fällen an, in denen sich die Sozialauswahl schwierig gestaltet und in denen daher ein hohes Prozessrisiko besteht. 

Darüber hinaus ermöglicht die Transfergesellschaft Arbeitgebern auch einen schnellen Personalabbau. So bringen in der Praxis die Arbeitnehmer in aller Regel die individuelle Kündigungsfrist mit ein, d.h. die Arbeitnehmer wechseln frühestmöglich in die Transfergesellschaft, so dass die (fiktiven) Gehälter innerhalb der Kündigungsfrist zur Finanzierung der Transfergesellschaft genutzt werden können. 

Welche Leistungen erhalten Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft?

Doch auch für die Arbeitnehmer hat die Einrichtung einer Transfergesellschaft in der Regel große Vorteile. Die Transfergesellschaft unterstützt die von der Restrukturierung betroffenen Arbeitnehmer bei ihrer Suche nach einer neuen Beschäftigung. So können sich die Arbeitnehmer aus einem bestehenden Beschäftigungsverhältnis mit der Transfergesellschaft heraus bei potenziellen neuen Arbeitgebern bewerben, der Bezug von Arbeitslosengeld ist für die Verweildauer in der Transfergesellschaft aufgeschoben und der Arbeitnehmer hat einen ununterbrochenen Verlauf von Entgeltpunkten in der Rentenversicherung. Obwohl es sich um ein „normales“ Arbeitsverhältnis handelt, gehen die Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft keiner (klassischen) Tätigkeit nach. Die Zeit in der Transfergesellschaft dient vielmehr ihrer Qualifizierung und Vermittlung. Dafür stellt der bisherige Arbeitgeber ein Qualifizierungsbudget zur Verfügung, das je nach individuellem Weiterbildungs- und Qualifizierungsbedarf durch die Transfergesellschaft eingesetzt werden kann. Zusätzlich kann die Bundesagentur für Arbeit die Maßnahmen zur Qualifizierung mit einem Beitrag von bis zu 50 % der Kosten unterstützen. Die konkreten Maßnahmen hängen von der bereits vorhandenen Qualifikation des Arbeitnehmers, dessen persönlichen Zielen und auch von der jeweiligen Transfergesellschaft ab. Sie können über ein bloßes Bewerbungstraining bis hin zu echter Weiter- oder Umqualifizierung reichen.

Dabei erhalten die Arbeitnehmer für die Verweildauer in der Transfergesellschaft (maximal aber für 12 Monate) sog. Transferkurzarbeitergeld. Dieses beträgt, je nachdem, ob unterhaltspflichtige Kinder vorhanden sind, 60 Prozent bzw. 67 Prozent des pauschalierten monatlichen Nettoentgelts. Das Transferkurzarbeitergeld trägt die Agentur für Arbeit. Arbeitgeber bieten darüber hinaus häufig eine Aufstockung des Transferkurzarbeitergeldes auf in der Regel 80 % bis 85 % an, um den Wechsel in die Transfergesellschaft möglichst attraktiv zu gestalten. 

Finanzierung der Transfergesellschaft

Die finanzielle Ausstattung der Transfergesellschaft erfolgt grundsätzlich gemeinsam durch den bisherigen Arbeitgeber und die Agentur für Arbeit. Meist wird der „Löwenanteil“ der Finanzierung von der Agentur für Arbeit durch Gewährung des Transferkurzarbeitergeldes (§ 111 SGB III) getragen. Die Voraussetzungen für die Gewährung von Transferkurzarbeitergeld sind vielseitig. Erforderlich ist insbesondere die Teilnahme des Arbeitnehmers an einer Profiling-Maßnahme zur Feststellung der Vermittlungsaussichten, die vor dem Wechsel in die Transfergesellschaft durchgeführt werden muss. Zudem müssen sich die Betriebsparteien unbedingt schon im Vorfeld der Entscheidung, insbesondere bei den Sozialplanverhandlungen, über die Inanspruchnahme von Transferkurzarbeitergeld von der Agentur für Arbeit beraten lassen haben. 

Die Leistung von Transferkurzarbeitergeld erfolgt dann für längstens zwölf Monate, weshalb auch die Arbeitsverträge mit der Transfergesellschaft meist auf maximal zwölf Monate befristet sind.

Ergänzt werden die Mittel in der Transfergesellschaft durch die Bereitstellung eines Qualifizierungsbudgets durch den Arbeitgeber, welches in der Regel in Höhe von 50 Prozent der Kosten durch die Agentur für Arbeit bezuschusst wird. Die Finanzierung der Transfergesellschaft erfolgt zudem zu einem wesentlichen Teil auch durch das Einbringen der individuellen Kündigungsfristen der Arbeitnehmer, die in die Transfergesellschaft wechseln. Nach einer groben Faustformel lassen sich mit einem Monat Kündigungsfrist etwa zwei Monate Verweildauer in der Transfergesellschaft finanzieren, weshalb die Verweildauer in der Praxis oft die doppelte individuelle Kündigungsfrist beträgt.

Den Leistungen der öffentlichen Hand und den Einsparungen durch das Einbringen der Kündigungsfristen stehen aber dem Arbeitgeber anfallenden Kosten der Transfergesellschaft gegenüber. Neben dem bereits genannten Qualifizierungsbudget und der etwaigen Aufstockung des Transferkurzarbeitergelds fallen teilweise Sozialversicherungsbeiträge (sowohl Arbeitgeber- als auch Arbeitnehmeranteil), Feiertags- und Urlaubsvergütung (auch wenn aus rechtlicher Sicht in der Transfergesellschaft wohl gar kein Urlaub gewährt werden muss; dies ist jedoch sehr praxisüblich) und nicht zuletzt Verwaltungskosten der Transfergesellschaft an. Die konkrete Höhe der Kosten hängt maßgeblich davon ab, wie lange der Arbeitnehmer in der Transfergesellschaft verweilt.

Praxistipps zur Transfergesellschaft

  • Arbeitgeber, die im Rahmen beabsichtigter Restrukturierungen einen Personalabbau durch Einsetzung einer Transfergesellschaft in Betracht ziehen, sollten die Kosten der Transfergesellschaft in Vorbereitung der Verhandlungen über einen Sozialplan unbedingt genau aufschlüsseln, um im Rahmen der Verhandlungen mit dem Betriebsrat die Übersicht über das Budget zu behalten.
  • In diesem Zusammenhang sollten sie sich vorab zu den Voraussetzungen einer Förderfähigkeit der Transfergesellschaft durch Transferkurzarbeitergeld informieren.
  • Unbedingt im Blick behalten sollten Arbeitgeber zudem, dass sich die Betriebsparteien bereits im Vorfeld, insbesondere im Rahmen der Sozialplanverhandlungen, von der Agentur für Arbeit beraten lassen haben müssen. Diese Reihenfolge ist bei den in der Regel unter großem Druck und in Zeitnot erfolgenden Sozialplanverhandlungen zwingend zu beachten.
Tags: Arbeitsrecht Chancen durch Transformation Transfergesellschaft