19. Oktober 2022
MiCA Utility Security Token NFT
MiCA-Verordnung

Der MiCA-Entwurf zu Utility-Tokens, Security-Tokens und NFTs

Utility-Tokens werden grds. von der MiCA-VO erfasst, während Security-Tokens und NFTs von ihrem Anwendungsbereich regelmäßig ausgenommen sein sollen.

Der finale MiCA-Entwurf definiert Utility-Tokens als Unterkategorie des Kryptowerts (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCA-Entwurf). Soweit sie überhaupt reguliert werden, finden sich in dem für andere Kryptowerte als wertreferenzierte Tokens oder E-Geld-Tokens geltenden Teil II aber nur wenige zusätzliche Regelungen für Utility-Tokens. 

Tokens, die unter den Wertpapierbegriff der MiFID-II-Richtlinie fallen (oft als Security-Tokens bezeichnet) sollen hingegen nicht von der MiCA erfasst werden, da diese als Finanzinstrumente bereits umfassend reguliert sind. Im finalen MiCA-Entwurf schafft der Verordnungsgeber außerdem mehr Klarheit hinsichtlich der lange offenen Frage, ob und inwieweit Non-Fungible Tokens (NFTs) durch die MiCA erfasst und reguliert werden.

Utility-Tokens als Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung des Emittenten

Ein Utility-Token ist ein Kryptowert, der ausschließlich dazu bestimmt ist, Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung des Emittenten* zu verschaffen (Art. 3 Abs. 1 Nr. 5 MiCA-Entwurf). Die Beschränkungen des Titels II des MiCA-Entwurfs gelten nicht für öffentliche Angebote, in denen ein Utility-Token den Kauf einer bereits bestehenden und zur Nutzung vorgesehenen Ware oder Dienstleistung darstellt (Erwägungsgründe 14a und 14b).

Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum können nach dem MiCA-Entwurf nicht als Utility-Tokens eingestuft werden. Solche Kryptowährungen sind nicht dazu bestimmt, Zugang zu einer Ware oder Dienstleistung des Emittenten zu verschaffen. Transaktionsgebühren (im Falle von Ethereum als „Gas Fees“ bezeichnet), die die Nutzung des jeweiligen Blockchain-Netzwerks für eine Transaktion mit einem Token ermöglichen, könnten zwar – strenggenommen und von außen betrachtet – als Zugang zum Dienst „Validierung einer Transaktion“, bereitgestellt von einem Validator als Dienstleister, angesehen werden. Dies ist jedoch neben den Anlagezwecken ein untergeordneter Zweck, und im Übrigen dürften die oben genannten Ausnahmen gelten. 

MiCA stellt Anforderungen an Whitepaper

Soweit ein Utility-Token von der MiCA erfasst und reguliert wird, gilt, dass die Dauer des öffentlichen Angebots einen Zeitraum von zwölf Monaten ab Veröffentlichung des Kryptowertes nicht überschreiten darf (Art. 4 Abs. 3 MiCA-Entwurf). Das Kryptowert-Whitepaper muss den klaren und unmissverständlichen Hinweis enthalten, dass die Utility-Tokens nicht gegen die versprochenen Waren oder Dienstleistungen eingetauscht werden können, insbesondere bei Scheitern oder Einstellung des Projekts (Art. 5 Abs. 5d MiCA-Entwurf). 

Anhang I regelt die für sonstige Kryptowerte hinausgehenden Anforderungen an den Mindestinhalt eines Whitepapers für Utility-Tokens. Im Whitepaper müssen die wesentlichen Merkmale der Waren oder Dienstleistungen angegeben sein (Anhang I B 4). Im Falle des Angebots oder der Zulassung von Utility-Tokens auf einer Handelsplattform muss das Whitepaper Informationen über die Qualität und Quantität der Produkte, Waren oder Dienstleistungen enthalten und Informationen darüber, wie die Utility-Tokens gegen die Produkte, Waren oder Dienstleistungen eingelöst werden können (Anhang I D 5, 6).

Wertpapiere sind von der MiCA nicht reguliert

Vom Anwendungsbereich der Verordnung ausgenommen sind Finanzinstrumente i.S.v. Art. 4 Abs. 1 Nr. 15 der Richtlinie 2014/65/EU (MiFiD II) und andere Produkte wie Geldeinlagen, Fonds und Altersvorsorgeprodukte (Art. 2 Abs. 2 MiCA-Entwurf). Dazu gehören insbesondere Tokens, die als Wertpapiere zu qualifizieren sind, wie etwa die von der BaFin als Security-Tokens bezeichneten Tokens. 

In diesem Ausschluss kommt der Zwiespalt der Regelung zum Ausdruck: Da Finanzinstrumente im vorgenannten Sinne EU-weit bereits umfassend reguliert sind, besteht kein Bedarf an einer weiteren, zusätzlichen Regulierung. Ob dies, insbesondere im Hinblick auf die technischen Besonderheiten, angemessen ist, bleibt abzuwarten.

Völlig wirre Regulierung von NFTs 

Im Allgemeinen – und nicht nur im Zusammenhang mit den vom MiCA-Entwurf erfassten Kryptowerten – werden Tokens bereits in fungible und nicht fungible (Non-Fungible Tokens oder NFTs) unterteilt. Fungible Tokens sind untereinander austauschbar. Beispiele für fungible Tokens sind Bitcoin oder Ether, da ein Bitcoin stets einem anderen Bitcoin in seinem Wert entspricht. NFTs hingegen sollen einzigartig sein. Ein NFT kann daher ein Recht repräsentieren, das einzigartig und nicht fungibel sein soll, etwa ein Recht an einem Kunst- oder Sammlerstück oder einem virtuellen Gut. 

Die MiCA schließt Kryptowerte, die einzigartig und nicht austauschbar sind, aus ihrem Anwendungsbereich aus (Art. 2 Abs. 1 Nr. 2a MiCA-Entwurf). Als derart nicht fungible Kryptowerte konkretisiert der MiCA-Entwurf digitale Kunst und Sammlerstücke, deren Wert auf die einzigartigen Merkmale des Kryptowerts und seines Nutzens zurückzuführen ist, und solche Kryptowerte, die Dienstleistungen oder physische Vermögenswerte repräsentieren, die einzigartig und nicht fungibel sind, wie Produktgarantien oder Immobilien. Zwar kann ein solcher NFT wie andere Kryptowerte auf Märkten gehandelt und spekulativ gehalten werden. Aufgrund der fehlenden Austauschbarkeit kann dessen Wert allerdings nicht relativ durch Vergleich mit dem Markt oder einem gleichwertigen Vermögenswert ermittelt werden. Der Verordnungsgeber sieht daher das Ausmaß des finanziellen Nutzens solcher nicht fungiblen Kryptowerte als derart beschränkt an, dass zugleich die Risiken für die Nutzer und das System nicht die Regulierung der MiCA rechtfertigen. 

Ist ein nicht fungibler Wert oder Kryptowert in einzelne Kryptowerte unterteilbar (sog. fraktionalisierte Kryptowerte), findet die MiCA auf diese wiederum Anwendung. Schließlich bilden diese eine Gruppe „identischer“ Kryptowerte. Zudem stellt der Verordnungsgeber klar, dass NFTs, die sich lediglich in Bezug auf die Token-ID unterscheiden, deswegen allein noch nicht als nicht fungible Kryptowerte gelten. Damit entspricht die MiCA der bisherigen Verwaltungspraxis der BaFin, die für eine hinreichende Standardisierung von Tokens eine gattungsmäßige Ausgestaltung von Tokens mit identischen Rechten für notwendig erachtete. Dies ist sicherlich konsequent, um eine Umgehung der Regelung zu vermeiden. Allerdings sind auch die von der MiCA adressierten Risiken bei einer sehr begrenzten Anzahl von untereinander austauschbaren NFTs in nahezu identischer Weise beschränkt wie bei einem einzigartigen NFT. Nach der bisherigen Regelung fallen derartige Tokens dennoch als fungible Kryptowerte in den Anwendungsbereich der MiCA. 

Bei der Ermittlung, ob ein Kryptowert tatsächlich nicht fungibel ist, scheint die MiCA einen strengen Ansatz vorzugeben. Auf Bestreben der Kommission wurde etwa in ErwG 6 aufgenommen, dass die Ausgabe von Kryptowerten als nicht fungible Tokens in einer großen Serie oder Sammlung als Indikator für ihre Fungibilität angesehen werden soll. Zudem soll die MiCA auch auf solche Kryptowerte Anwendung finden, die einzigartig und nicht vertretbar zu sein scheinen, deren faktische Merkmale oder Verwendungszwecke sie jedoch vertretbar oder nicht eindeutig erscheinen lassen. 

Jeder NFT, der also nicht i.S.d. Vorgaben einzigartig ist, wird mithin als Kryptowert durch die MiCA reguliert sein.

Die Vorgaben der MiCA zu NFTs sind leider wenig gelungen. Es bleibt zu hoffen, dass die Behörden zeitnah praxistaugliche Interpretationshilfen veröffentlichen.

Etablierung rechtlicher Prüfungen von Tokens und Smart Contracts empfehlenswert

Welche Pflichten für die Marktteilnehmer gelten, hängt weitgehend von der Art der Tokens ab. Ein genauer Blick auf den Verwendungszweck, die Umstände der Emission und die den Tokens zugrunde liegenden Smart Contracts ist besonders wichtig.

Unternehmen, die geschäftlich mit Tokens in Berührung kommen, wie etwa Handelsplätze, müssen wissen, mit welcher Art von Tokens sie es zu tun haben. Neben den bereits weit verbreiteten technischen Prüfungen von Smart Contracts werden sich in Zukunft auch rechtliche Prüfungen von Tokens etablieren.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: NFT Security Token Ultility Token Verordnung Whitepaper