Die „Digitalisierung“ der Personengesellschaften (GbR, oHG, KG) ist weit vorangeschritten: Gründung, Anteilsübertragung und Beschlussfassung können bereits elektronisch erfolgen.
Im Vergleich mit anderen Rechtsformen sind Personengesellschaften bereits heute weitgehend „digitalisiert“. Grund dafür ist der sich durch das Personengesellschaftsrecht ziehende Grundsatz der Formfreiheit, während eine notarielle Beurkundung von Gesellschaftsdokumenten nicht erforderlich ist.
Grundsatz im Personengesellschaftsrecht: Formfreiheit
Im Personengesellschaftsrecht gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Der Grundtypus der Personengesellschaft, die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR, ab 2024 auch als eingetragene GbR), kann formlos, ja sogar mündlich gegründet werden. Ein schriftlicher Gesellschaftsvertrag ist nicht erforderlich. Dasselbe gilt für die oHG und KG und ab 2024 auch für die Partnerschaftsgesellschaft (§ 3 PartGG, wird durch das MoPeG aufgehoben).
Auch die Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister (die eine notarielle Beglaubigung erfordert) ist nicht konstitutiv, sondern nur deklaratorisch (Ausnahme: § 105 Abs. 2 HGB). Die Gesellschaft entsteht also bereits mit der Gründung, nicht erst mit der Eintragung (Vorsicht: persönliche Haftung der Kommanditisten* vor Eintragung). Damit ist – theoretisch – für die Gründung einer GbR, oHG oder KG kein einziges schriftliches Dokument erforderlich.
In der Regel Schriftform vereinbart
Soweit die Theorie. Denn in der Praxis kommt es fast nie vor, dass ein Gesellschaftsvertrag nur mündlich vereinbart wird und die Gesellschafter nicht einmal Bemühungen unternehmen, das mündlich Vereinbarte zu verschriftlichen. Die meisten Gesellschaftsverträge werden bereits bei Gründung schriftlich geschlossen (was auch sinnvoll ist) und sehen für ihre Abänderung das Erfordernis der Schriftform vor (idealerweise sogar als „doppelte“ Schriftformklausel).
Ersetzung der Schriftform durch elektronische Signaturen
Damit wird die Frage praktisch relevant, ob diese Schriftform auch durch eine elektronische Signatur ersetzt werden kann. Hierbei ist zu differenzieren:
- Durch eine „qualifizierte elektronische Signatur“ kann die durch den Gesellschaftsvertrag geforderte Schriftform stets ersetzt werden (§ 126a Abs. 1 BGB).
- Grds. kann jedoch sogar eine „einfache elektronische Signatur“, etwa der eingetippte Name am Ende einer E-Mail, ausreichen, weil die Schriftform im Personengesellschaftsrecht nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, sondern nur (freiwillig) vereinbart wird. Dann gilt § 127 Abs. 2 Satz 1 BGB, wonach die „telekommunikative Übermittlung“ genügt, „soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist“. Faktisch wäre die Schriftform dann zur Textform geworden, was als Argument dafür herangezogen wird, dass dies der Bedeutung der Änderung eines Gesellschaftsvertrages wenig gerecht werde und daher jedenfalls dann „ein anderer Wille“ anzunehmen sei. Letztlich kommt es jedoch darauf an, was die Parteien wirklich wollten, ob sie die Textform in der Vergangenheit haben gelten lassen etc. Hiermit ist manche Rechtsunsicherheit verbunden.
Die qualifizierte elektronische Signatur (qeS)
Wirklich rechtssicher ersetzt die Schriftform damit nur die qualifizierte elektronische Signatur.
Ein Großteil der am Rechtsverkehr teilnehmenden Gesellschafter von Personengesellschaften (immerhin > 1 Mio. Gesellschaften und damit > 2 Mio. Gesellschafter!) haben eine solche qualifizierte elektronische Signatur noch nie benutzt. Zugegebenermaßen ist es einfacher, die Änderung eines Gesellschaftsvertrages auszudrucken und zu unterschreiben, als eine Signaturkarte bei einem der „elektronischen Vertrauensdienste“ der Bundesnetzagentur zu bestellen, einzurichten und dann ein Dokument damit elektronisch zu signieren. Es ist aber nur eine Frage der Gewöhnung. Denn einmal bestellt ist die Signaturkarte einsatzbereit – und sogar portabler als ein Drucker.
Ist ein Gesellschafter auf Reisen oder soll in größerem Umfang gesellschaftsrechtliche Unterlagen signieren, kann es sich lohnen, auf die qualifizierte elektronische Signatur umzusteigen. Das geht sogar ohne Signaturkarte und Kartenlesegerät (die der Gesellschafter vorab bestellen müsste und nicht vergessen dürfte). Einzelne „Vertrauensdienste“ bieten eine Identifikation des elektronisch Unterzeichnenden via Webcam und Personalausweis an. Die Unterschrift leistet die so identifizierte Person dann via SMS-TAN.
Praktische Anwendungsbeispiele für die elektronische Signatur im Personengesellschaftsrecht
Eine Unterzeichnung mittels qualifizierter elektronischer Signatur (qeS) kommt im Personengesellschaftsrecht immer dann in Frage, wenn es um Rechtsgeschäfte geht, die entweder formlos vorgenommen werden können oder lediglich der Schriftform bedürfen. Im Folgenden wird dargestellt, was dies für die alltäglichen Dokumente bei Personengesellschaften bedeutet.
Gründung der Gesellschaft mit schriftlichem Gesellschaftsvertrag, Anmeldung in notariell beglaubigter Form
Soll eine GbR, oHG oder KG mit schriftlichem Gesellschaftsvertrag gegründet werden, kann dieser Vorgang ausnahmslos per qeS erfolgen. Anschließend ist die Gesellschaft zum Handelsregister anzumelden, was insbesondere für die Haftungsbeschränkung von Kommanditisten von Relevanz ist. Für die Anmeldung zum Handelsregister ist die Mitwirkung eines Notars erforderlich (notarielle Beglaubigung). Dafür wird aber wiederum kein Papier benötigt. Die geschäftsführenden Gesellschafter können die Handelsregisteranmeldung per qeS signieren; der Notar beglaubigt dann seinerseits die abgegebene qeS (§ 129 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BGB, neugefasst zum 1. August 2022 durch das DiRUG) und übermittelt die Anmeldung elektronisch an das Handelsregister.
Übertragung von Beteiligungen an Personengesellschaften
Die Übertragung der Beteiligung an einer Personengesellschaft (deren Wirksamkeit von der Zustimmung sämtlicher Mitgesellschafter abhängen kann) ist grds. formlos möglich (bei Schenkung § 518 BGB beachten). Damit ist die Erklärung mittels qeS ausreichend.
Soll bei der GmbH & Co. KG jedoch ein GmbH-Geschäftsanteil mitübertragen werden, ist die gesamte Übertragung notariell beurkundungsbedürftig, was nicht durch eine elektronische Signierung oder elektronische notarielle Beurkundung ersetzt werden kann (vgl. aber für den Fall der Neugründung § 2 Abs. 3 GmbHG n.F.).
Gesellschafterbeschlüsse: Grundsätzlich formfrei möglich
Ähnlich ist die Situation bei Gesellschafterbeschlüssen. Bei Einverständnis sämtlicher Gesellschafter können solche formfrei gefasst werden. Sieht der Gesellschaftsvertrag ein Verfahren der schriftlichen Stimmabgabe vor, so können Stimmen auch mittels qeS signiert werden.
Fazit: Weitgehende Nutzbarkeit elektronischer Signaturen im Personengesellschaftsrecht
Bei Personengesellschaften besteht grds. ein hohes Potenzial für die Nutzbarkeit elektronischer Signaturen. Alle gesellschaftsrelevanten Dokumente können mittels qeS wirksam unterzeichnet werden.
Um Unterschriftenrunden zu vereinfachen, sollten die geschäftsführenden Gesellschafter aufseiten der Gesellschaft die elektronischen Kanäle zur Verfügung stellen, um auch qualifiziert elektronisch signierte Dokumente entgegennehmen zu können. Dies jedenfalls als Option (neben der klassischen Unterschrift), denn damit wird die Teilhabe der Gesellschafter am Leben der Gesellschaft weiter vereinfacht.
Nur an einer Stelle ist auch die Personengesellschaft noch nicht vollständig „digital“: Die Einreichung der (elektronisch signierten und notariell beglaubigten) Handelsregister-Anmeldung ist noch immer durch einen Notar vorzunehmen.
Gesellschaftsrechtlich relevante Dokumente, die nur am Bildschirm unterschrieben wurden, sollte sich der Personengesellschafter übrigens gut abspeichern. Denn im Handelsregister wird er den geltenden Gesellschaftsvertrag nicht finden.
In unserem CMS-Blog informieren wir Sie fortlaufend mit aktuellen Beiträgen über elektronische Signaturen und die Nutzung von Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.