26. April 2022
Elektronische Signaturen bei gesellschaftsrechtlich relevanten Dokumenten
Elektronische Signaturen und Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht

Elektronische Signaturen bei gesellschaftsrechtlich relevanten Dokumenten

Angesichts der voranschreitenden Digitalisierung stellen sich immer mehr Unternehmen die Frage, ob gesellschaftsrechtlich relevante Dokumente anstatt handschriftlich auch elektronisch signiert werden können.

Ein papierloser Unterzeichnungsablauf entspricht dem Bestreben, eine nachhaltige Unternehmenskultur zu betreiben. Die rechtlichen Möglichkeiten hängen von dem jeweiligen Dokument sowie der Art der elektronischen Signatur ab.

Formen elektronischer Signaturen: einfach, fortgeschritten und qualifiziert 

Europaweite Rechtsgrundlage elektronischer Signaturen ist seit 2016 die „Verordnung über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt“ („electronic Identification, Authentication and Trust Services“, eIDAS-VO). Hiernach sind drei Formen der elektronischen Signatur zu unterscheiden: die „einfache elektronische Signatur“ (SES für „Simple Electronic Signature“), die „fortgeschrittene elektronische Signatur“ (AES für „Advanced Electronic Signature“) und die „qualifizierte elektronische Signatur“ (QES für „Qualified Electronic Signature“). 

Unter einer „einfachen elektronischen Signatur“ versteht man elektronische Daten, die der Unterzeichner* zum Unterzeichnen verwendet und an andere elektronische Daten angehängt hat oder die mit diesen anderen elektronischen Daten verknüpft werden. Eine kopierte oder auch eingescannte Unterschrift, die am Ende eines Schreibens oder einer E-Mail eingefügt wird, sowie das simple Eintippen des Namens am Ende eines Textes, stellen solch eine einfache elektronische Signatur dar. Auch die Unterschrift auf einem Unterschriftenpad oder sonstigen Signing Tools fällt hierunter. 

Anders als die einfache ist die „fortgeschrittene elektronische Signatur“ eindeutig mit dem Unterzeichner verknüpft und ermöglicht seine Identifizierung. Zur Identifizierung des Nutzers einer fortgeschrittenen elektronischen Signatur bieten verschiedene Anbieter Programme an, die meistens den Personalausweis oder Reisepass vorab prüfen. Ferner wird die fortgeschrittene elektronische Signatur mit dem unterzeichneten Dokument so verbunden, dass eine nachträgliche Veränderung der Daten erkannt werden kann. 

Eine weitere Steigerung in Bezug auf die Sicherheit bildet die „qualifizierte elektronische Signatur“. Sie wird von einer qualifizierten elektronischen Signaturerstellungseinheit erstellt und beruht auf einem qualifizierten Zertifikat. Sowohl die Signatur als auch das zugehörige Zertifikat können nur von einem qualifizierten Vertrauensdienstleister ausgestellt werden. Die qualifizierten Vertrauensdienstleister werden in nationalen Vertrauenslisten (in Deutschland über die Bundesnetzagentur) geführt und sind europaweit anerkannt. 

Eine qualifizierte elektronische Signatur ist also nur durch Anwendung einer geeigneten Signatursoftware möglich. Vorab ist eine (einmalige) Identifizierung bei einem qualifizierten Vertrauensdienstleister nötig, wobei diese auch per Video-Identifizierung erfolgen kann. Bei jedem Signaturvorgang findet sodann eine Überprüfung des Nutzers – per PIN-Eingabe auf dem Kartenlesegerät oder per SMS-TAN bei Cloud-basierten Lösungen – statt. Durch einen elektronischen Zeitstempel wird der exakte Zeitpunkt der Erstellung des qualifizierten Zertifikats bestätigt. 

Nur die qualifizierte elektronische Signatur kann die Schriftform ersetzen

Hinsichtlich der Formerfordernisse unterscheidet das deutsche Recht zwischen (1) der Textform, die i.d.R. keine Unterschrift erfordert, (2) der Schriftform, die grds. ein physisches Dokument mit handschriftlicher Unterschrift voraussetzt, (3) der notariellen Beglaubigung einer Unterschrift unter einem Dokument und (4) der notariellen Beurkundung eines Dokuments. 

Die notarielle Beglaubigung und die notarielle Beurkundung können nicht durch eine elektronische Signatur ersetzt werden. Die Schriftform kann jedoch durch eine qualifizierte elektronische Signatur ersetzt werden, sofern das Gesetz keine Ausnahmen vorsieht. Wichtig ist, dass weder die fortgeschrittene noch die einfache elektronische Signatur die Schriftform ersetzen kann, sondern nur die qualifizierte elektronische Signatur. Die einfache oder fortgeschrittene elektronische Signatur kann nur dort eingesetzt werden, wo weder eine Beglaubigung oder gar Beurkundung erforderlich ist noch das Gesetz die Schriftform erfordert.  

Elektronische Signaturen bei gesellschaftsrechtlichen Dokumenten möglich

Die Frage, ob ein gesellschaftsrechtliches Dokument mittels elektronischer Signatur unterzeichnet und damit eine handschriftliche Unterzeichnung ersetzt werden kann und ob damit die etwaigen diesbezüglichen Voraussetzungen erfüllt werden können, insbesondere die erforderlichen Signaturformen, hängt von der Art des Dokuments und den daran gestellten Formanforderungen ab. 

Anhand der im Geschäftsalltag einer GmbH häufig vorkommenden Dokumente soll beispielhaft folgender Überblick gegeben werden: 

Die Protokolle und Beschlüsse der Geschäftsführer einer GmbH unterliegen i.d.R. keinen Formvorschriften, sodass selbst eine einfache elektronische Signatur als Best Practice möglich ist. 

Zu beachten ist jedoch, dass bestimmte Gesellschafterbeschlüsse nach dem Gesetz der Beurkundung bedürfen, wie bspw. Satzungsänderungen oder Beschlüsse nach dem Umwandlungsgesetz. In diesen Fällen kann nach der bisherigen Rechtslage keine elektronische Signatur verwendet werden. 

Bei Vollmachten hängt die Möglichkeit einer qualifizierten elektronischen Signatur vom Einzelfall ab, d.h. vom Verwendungszweck und von der Parteivereinbarung. Generell kann eine Vollmacht mit einer qualifizierten elektronischen Signatur unterzeichnet werden, da sie keinen besonderen Formvorschriften unterliegt. Dies gilt jedoch insbesondere dann nicht, wenn die Vollmacht zum Handelsregister eingereicht werden soll, da sie dann notariell beglaubigt werden muss. Eine elektronische Signatur ist auch dann nicht möglich, wenn das Gesetz eine notarielle Beglaubigung erfordert, wie z.B. bei der Vollmacht zur Unterzeichnung des Gesellschaftsvertrages oder zu späteren Änderungen des Gesellschaftsvertrages. 

Praxistipp: Vereinfachte Arbeitsprozesse unter Beachtung der Formvorschriften durch elektronische Signaturen 

Elektronische Signaturen können nach deutschem Recht oft eingesetzt werden. Dies gilt vor allem für die qualifizierte elektronische Signatur. Vor jeder Nutzung sollte allerdings genau geprüft werden, ob das zu unterzeichnende Dokument besonderen Formvorschriften unterliegt und damit eine Unterzeichnung durch eine elektronische Signatur ausgeschlossen ist.

Trotz der notwendigen Vorsicht vereinfacht die Nutzung elektronischer Signaturen Arbeitsprozesse und kann zu Zeitersparnissen führen, insbesondere im internationalen Kontext oder beim Zusammenwirken verschiedener Personen an unterschiedlichen Orten. 

In unserem CMS-Blog informieren wir Sie in Kürze mit weiteren Beiträgen über elektronische Signaturen und die Nutzung von Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht.

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Lediglich der leichteren Lesbarkeit halber wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Tags: einfach Elektronische Signaturen und Online-Verfahren im Gesellschaftsrecht fortgeschritten qualifiziert