Der EU Action Plan IP als Impulsgeber für innovative Blockchain-basierte Anwendungen im IP-Eco-System.
Im Rahmen des Action Plan IP rücken zunehmend neue Technologien zum Zwecke des Schutzes des Geistigen Eigentums in den Fokus der Förderung durch die Europäische Union. Die EU-Kommission sieht in Technologien wie der Blockchain-Technologie eine einzigartige Gelegenheit, das Konzept zum Schutz von immateriellen Vermögenswerten in der EU moderner zu gestalten („Die technologische Revolution„).
So heißt es im Action Plan IP:
„Neben den vorgenannten Reformen wird die Kommission gemeinsam mit Interessenträgern und Stellen, die sich mit geistigem Eigentum befassen, den Einsatz neuer Technologien wie KI und Blockchain untersuchen, um die Wirksamkeit unserer Systeme für geistiges Eigentum weiter zu verbessern.″
COM/2020/760 final Punkt 2.
Als konkrete Anwendungsfälle der Blockchain, neben der Förderung der Technologie als solches, stehen hierbei die Verwaltung von klassischen IP-Rechten (I.), die erhöhte Transparenz hinsichtlich der Rechteinhaberschaft gerade auch im Hinblick auf Urheberrechte (II.) sowie die Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie (III.) in Rede. Es lohnt sich daher, auf diese drei Gesichtspunkte einen näheren Blick zu werfen.
Blockchain basierte Registrierung von IP-Rechten
Als Anwendungsbeispiel für den Einsatz der Blockchain-Technologie wird zunächst die Beschleunigung bei der Suche nach Registerrechten sowie die Beschleunigung des Eintragungsverfahrens genannt. Das EUIPO arbeitet diesbezüglich gerade an einer Transformation der Registerdaten. Konkret sollen die Daten von TMView und DesignView basierend auf einem Hyperledger Protokoll der Linux Foundation abgespeichert werden, um die zuverlässige und sichere Bereitstellung von Schutzrechtsinformationen in Echtzeit zu ermöglichen. Diese durch das EUIPO vorangetriebene Blockchain-Initiative könnte in Kombination mit dem Einsatz von KI zu optimierten Marken- und – möglicherweise wirtschaftlich rentablen – Designrecherchen führen. Malta hat sich erst jüngst als erster Mitgliedsstaat an dem neu geschaffenen Blockchain-Register beteiligt. Weitere Länder werden folgen.
Das EUIPO demonstriert im Schlagschatten des Action Plan IP der Kommission und auf Basis des dem Amt eigenen Strategieplans 2025 einmal mehr, dass es stets für innovative Ansätze offen ist und das Potenzial der Blockchain-Technologie – über den bereits vom Amt getesteten Einsatz zur Bekämpfung von Produktpiraterie hinaus – im Bereich des Geistigen Eigentums zu nutzen gedenkt.
Blockchain für mehr Transparenz, bessere Datenverwaltung der Rechte, bessere Ermittlung der Rechteinhaber und gleichmäßigere Verteilung der Lizenzgebühren
Neben der technischen Grundlage für ein IP-Register sieht die Kommission einen weiteren Mehrwert von Blockchain auf dem Gebiet der Verwaltung von Urheberrechten. Die Verwendung hochwertiger Metadaten und neuer Technologien wie Blockchain kann nach Ansicht der Kommission dazu beitragen,
„mehr Transparenz und eine bessere Datenverwaltung der Rechte zu erreichen, insbesondere im Bereich des Urheberrechts und hinsichtlich einer besseren Ermittlung der Rechteinhaber.″
COM/2020/760 final Punkt 4.
Blockchain-Technologie soll mithin dahingehend untersucht werden, ob diese die Wirksamkeit der bestehenden Schutzsysteme für das Geistige Eigentum weiter verbessern kann. Wohl zutreffend traut die Kommission neuen Technologien wie der Blockchain zu, den Schutz des Geistigen Eigentums zu fördern, die Transparenz über die Rechteinhaberschaft zu erhöhen und eine gleichmäßigere Verteilung der Lizenzgebühren zu ermöglichen. Ein mögliches Anwendungsbeispiel ist dabei das Blockchain-basierte (Micro-)Licensing von IP-Rechten.
In der Privatwirtschaft erfreut sich zudem die Sicherung von IP-Rechten sowie von für sich genommen nicht schutzfähigen Konzepten mithilfe von Blockchain-Anwendungen durchaus wachsender Beliebtheit, wenngleich diese häufig lediglich dem (fälschungssicheren) Nachweis des Vorliegens des Konzeptes zu einem bestimmten Zeitpunkt und Ort bei einer Person dienen. Anbieter solcher Anwendungen arbeiten mit namhaften internationalen Unternehmen, Kanzleien und Wirtschaftsprüfungsunternehmen zusammen. Ob dies eines Tages zu einem Registerangebot auf EU-Ebene führt, wie bereits heute in den USA oder Brasilien in Bezug auf Urheberrechte – wenn auch bis dato nicht basierend auf einer Blockchain – der Fall, bleibt abzuwarten. Ein Interesse für die Schaffung von beweiserleichternden Datenbanken in der Privatwirtschaft besteht jedenfalls.
Wirksamere Bekämpfung von Marken- und Produktpiraterie durch den Einsatz der Blockchain-Technologie
Schließlich sollen nach der Vorstellung der Kommission Marken- und Produktpiraterie unter Einbindung sämtlicher relevanter Akteure, wie Rechteinhaber, Vermittler und Strafverfolgungsbehörden, mithilfe des Einsatzes der Blockchain-Technologie wirksamer bekämpft werden.
Hierzu heißt es im Action Plan IP:
„Zu diesem Zweck wird sie [die Kommission] ein EU-Instrumentarium zur Bekämpfung von Nachahmung einrichten, das sich unter anderem auf mitgeteilte Verfahren und Grundsätze stützt, die im Zusammenhang mit verschiedenen Initiativen unter Federführung der Industrie entwickelt wurden. Das Instrumentarium wird Aufgaben und Zuständigkeiten klären und Wege für eine Zusammenarbeit aufzeigen. Ein grundlegendes Element ist der Austausch einschlägiger Daten über Produkte und Händler im Einklang mit dem EU-Datenschutzrecht, wofür gegebenenfalls weitere Leitlinien erforderlich sind. Das Instrumentarium wird auch den Einsatz neuer Technologien wie Bilderkennung, künstliche Intelligenz und Blockchain fördern.″
COM/2020/760 final Punkt 5.
Konkret wird dabei auf das Anti-Counterfeiting Blockathon Forum des EUIPO Bezug genommen, mit dem eine gemeinsame Blockchain-Infrastruktur aufgebaut werden soll, in der alle Beteiligten (Vermittler, Rechteinhaber und Strafverfolgungsbehörden) Daten miteinander verbinden und austauschen können, um die Lieferketten vor der Infiltration mit nachgeahmten Waren zu schützen. Ein dort entwickeltes Konzept der Bekämpfung der Produktpiraterie mithilfe von Blockchain-Anwendungen basiert etwa darauf, dass Unternehmen virtuelle Zwillinge von ihren Produkten in einer Blockchain verankern, die stets mit dem physischen Äquivalent übertragen werden, um so die Verifizierung des Originals zu ermöglichen.
Im Rahmen der Vorstellung des neuen IP-Registers hat das EUIPO auch bekannt gegeben, dass es bald eine dezentrale Blockchain-Authentifizierungsplattform einführen wird, die dabei helfen soll, die Produktpiraterie zu bekämpfen. Obwohl dieses Instrument bereits seit 2018 entwickelt wird, passt deren jetzige Umsetzung in den Action Plan IP. Folglich hat das EUIPO (als Teil des Strategieplans 2025) ein spezielles Projekt zum Aufbau einer dezentralen Blockchain-Authentifizierungsplattform initiiert. Diese soll die Nachverfolgung von Produkten ermöglichen und mit Risikoanalysesystemen der Vollzugsbehörden und weiteren EUIPO-Tools und -Einrichtungen, wie etwa der Beobachtungsstelle, verbunden werden.
Vielversprechende Ansätze und erste Umsetzung
Auch wenn sich die zuvor skizzierten Blockchain-Anwendungen noch in den Kinderschuhen befinden, stellt das intendierte Blockchain-basierte Marken- und Designregister einen ersten vielversprechenden Schritt für eine konkrete Nutzung der Blockchain-Technologie im Bereich der IP-Rechte dar. Insbesondere weitgehend automatisierte Lizenzierungen auch von klassischen IP-Rechten, wie etwa Marken, Designs oder Patenten können sich hier künftig etablieren. Auch im Hinblick auf den andauernden Kampf gegen die Produktpiraterie lassen sich im Action Plan IP vielversprechende Anwendungen finden, die auf der Blockchain-Technologie beruhen. Hervorzuheben ist in diesem Zusammenhang insbesondere nicht zuletzt die dezentralisierte Plattform für Blockchain-Authentifizierung des EUIPO.
Es bleibt abzuwarten, welche Konzepte sich in der Praxis durchsetzen werden. Für den mit der Verwaltung sowie dem Schutz von IP-Rechten Betrauten lohnt es sich in jedem Fall, die Entwicklungen genau zu beobachten oder – besser noch – selbst an der Konzipierung und Umsetzung mitzuwirken.
Mit dem EU Action Plan IP möchte die EU die Rechte des Geistigen Eigentums auch in Zukunft gesichert wissen. In unserer Blogreihe gehen wir auf die einzelnen Inhalte ein. Einen ersten Überblick über die Thematik verschaffen wir in unserem Beitrag „Der EU Action Plan IP„.