Die Schaffung einer einheitlichen Glücksspielaufsichtsbehörde sowie Verfahrensänderungen für Anbieter von Sportwetten treffen u.a. auch Glücksspielanbietervereinigungen.
Mit dem stufenweisen Inkrafttreten des föderalen Gesetzes Nr. 493-FZ vom 30. Dezember 2020 sind drastische Änderungen der staatlichen Regulierung der Organisation und Durchführung von Glücksspielen und Sportwetten verbunden. Als wichtigste Neuerungen bringt das föderale Gesetz Nr. 493-FZ die Schaffung einer einheitlichen Glücksspielaufsichtsbehörde sowie Verfahrensänderungen bei der Berechnung zweckgebundener Abgaben für Anbieter von Sportwetten mit sich.
Die Änderungen sind umfangreich und treffen nicht nur Buchmacher und Toto-Wettanbieter (unabhängig davon, ob sie offline oder online tätig sind), sondern auch die sich selbst verwaltenden Glücksspielanbietervereinigungen, denen nun jeweils die Auflösung bevorsteht.
Die meisten Bestimmungen des föderalen Gesetzes Nr. 493-FZ traten zusammen mit den entsprechenden Novellierungen des Glücksspielgesetzes von 2006 am 27. September 2021 in Kraft. Einige Änderungen bei der Berechnung von zweckgebundenen Abgaben gelten allerdings bereits seit dem 1. Januar 2021.
Einziehung von zweckgebundenen Abgaben durch eine einheitliche Glücksspielaufsichtsbehörde
Seit dem 27. September 2021 zieht die einheitliche Glücksspielaufsichtsbehörde (Aufsichtsbehörde), ein staatliches Unternehmen, zweckgebundene Abgaben zugunsten von gesamtrussischen Sportverbänden und Profi-Sportligen ein.
Nach den geltenden Vorschriften müssen Glücksspielveranstalter, die ihr Glücksspiel über Buchmacher anbieten, in mehreren Fällen zweckgebundene Abgaben auf Sportwetten entrichten: nämlich dann, wenn sie entweder die Logos oder den Namen eines Sportwettbewerbs (für den der jeweilige Glücksspielanbieter Wetten annimmt) verwenden oder wenn sie über die Durchführung solcher Sportveranstaltungen informieren.
Nach den neuen Vorschriften müssen nunmehr alle Glücksspielveranstalter zweckgebundene Abgaben leisten, wenn sie Sportwetten über Buchmacher vermitteln.
Die Aufsichtsbehörde fungiert als Überwachungsstelle für zweckgebundene Abgaben aus Sportwetten und ist zwischen Sportverbände und Jugendsportligen sowie die Glücksspielanbieter geschaltet. Es wird erwartet, dass diese Änderungen die private Finanzierung des russischen Sports verbessern sowie die Kontrolle über das Glücksspielgeschäft im Allgemeinen stärken werden.
Die Aufsichtsbehörde wird nahezu sämtliche Daten über die Geschäftstätigkeit von Buchmachern und Toto-Wettanbietern erheben. So erhält die Aufsichtsbehörde Zugang zu Informationen über die in einer Glücksspieleinrichtung durchgeführten Bargeldtransaktionen, die Art der Abrechnung mit Spielern und Einzelheiten zu den von der Glücksspieleinrichtung angenommenen Wetten (wie etwa Datum, Zeitpunkt der Abgabe, Bedingungen und Höhe der Wettgewinne). Darüber hinaus erhält die Aufsichtsbehörde die zweckgebundenen Abgaben von dem einheitlichen Zentrum für die Abrechnung von Wettüberweisungen von Buchmachern und Toto-Wettanbietern (Abrechnungszentrale), einem Kreditinstitut außerhalb des Bankensektors. Gleichzeitig können Glücksspielveranstalter über Buchmacher oder Toto-Wettanbieter keine Aktivitäten mehr durchführen, wenn sie sich nicht dem speziell eingerichteten Informationssystem der Aufsichtsbehörde anschließen.
Sobald alle Bestimmungen des föderalen Gesetzes Nr. 493-FZ in Kraft getreten sind, werden die sich selbst verwaltenden Glücksspielanbietervereinigungen in Russland, die derzeit auch für einen Entschädigungsfonds zuständig sind, aufgelöst. Anschließend übernimmt die Aufsichtsbehörde neben der Erhebung von zweckgebundenen Abgaben auch die Aufgaben zur Bildung eines Entschädigungsfonds.
Sportwetten in Russland: Neue Regelungen für die Berechnung und Abführung von zweckgebundenen Abgaben auf Sportwetten
Seit dem 1. Januar 2021 werden zweckgebundene Abgaben nicht mehr aus der Differenz zwischen dem Spieleinsatz (gleich ob interaktiv oder nicht) und den ausgezahlten Gewinnen oder Einnahmen der Spieler, sondern aus den gesamten über Buchmacher eingenommenen Erlösen der Glücksspielveranstalter gezahlt. Seit dem 27. September 2021 beträgt die zweckgebundene Abgabe für Glücksspielveranstalter, die über Buchmacher tätig werden, nicht mehr 5 %, sondern 1,5 %.
In technischer Hinsicht werden alle Transaktionen und Zahlungen an Anbieter von Sportwetten in Russland über die Abrechnungszentrale abgewickelt. Das föderale Gesetz Nr. 493-FZ sieht vor, dass die Abrechnungszentrale zweckgebundene Abgaben von allen Wetten auf Sportveranstaltungen einbehält, wobei diese mindestens RUB 30 Mio. (EUR 335.762) pro Quartal betragen müssen. Zuvor lag der Mindestbetrag für vergleichbare Gebühren für Sportwettenanbieter bei RUB 15 Mio. (EUR 167.881).
Zur Durchführung von Abrechnungen eröffnet jeder über Buchmacher oder Toto-Wettanbieter tätige Glücksspielveranstalter ein Konto bei der Abrechnungszentrale und schließt mit ihr einen Vertrag über die Umsetzung der Funktionen einer einheitlichen Wettabrechnungsstelle ab. Zuvor wurden solche Konten nicht für jeden einzelnen Glücksspielveranstalter, sondern auf der Ebene von sich selbst verwaltenden Glücksspielanbietervereinigungen eröffnet, in denen die Glücksspielveranstalter Mitglied sein mussten.
In Übereinstimmung mit den neuen Regelungen werden seit dem 27. September 2021 alle in elektronischer Form (z.B. unter Verwendung einer EC- oder Kreditkarte oder eines anderen elektronischen Zahlungsmittels) von einem Spieler an einen Glücksspielanbieter überwiesenen Geldmittel auf dem Konto des Abrechnungszentrums gutgeschrieben. Ohne ein solches Konto werden die Veranstalter ihre Geschäfte nicht mehr durchführen können.
Bis zum 27. September 2021 konnten die Glücksspielveranstalter die zweckgebundenen Abgaben eigenständig berechnen und an die gesamtrussischen Sportverbände überweisen. Sich selbst verwaltende Glücksspielanbietervereinigungen haben bis dahin die Erfüllung der Verpflichtung zur Zahlung von zweckgebundenen Abgaben überwacht. Ebenso haben sie über die an das Sportministerium und das Finanzministerium der Russischen Föderation geleisteten zweckgebundenen Abgaben Bericht geführt.
Nächste Schritte bei der Glücksspielgesetzgebung in Russland
Die Änderungen des Glücksspielgesetzes von 2006 sind noch nicht vollständig umgesetzt. Bisher hat das russische Finanzministerium mehr als zehn Rechtsakte ausgearbeitet, die die alten Regelungen abschaffen und zum Teil auch die bestehenden Rechtsakte näher erläutern, wodurch insgesamt die Umsetzung der beschlossenen Änderungen ermöglicht wird.
So wurde beispielsweise ein Entwurf für ein Dekret zur Abschaffung des Regierungsdekrets Nr. 1219 vom 14. August 2020 erarbeitet. Dieses Dekret legte die Regeln zur Bestimmung der Berechnungsgrundlage für zweckgebundene Abgaben auf Glücksspiel fest. Unter Berücksichtigung der Änderungen des Glücksspielgesetzes von 2006 wurde das Dekret Nr. 1219 jedoch am 27. September 2021 aufgehoben.
Weitere Rechtsakte sollen u.a. nachfolgende Punkte klären:
- die Regelungen betreffend die Lizenzierung von Tätigkeiten zur Organisation und Durchführung von Glücksspielen über Buchmacher oder Toto-Wettanbieter,
- zusätzliche Anforderungen für Glücksspielveranstalter und
- die Regelungen für Buchmacher und Toto-Wettanbieter zur Einreichung von Buchhaltungsdaten an die föderale Steuerbehörde.
Gleichzeitig geht die legislative Arbeit in diesem Bereich weiter. Beispielsweise berät das russische Parlament, die Staatsduma, derzeit über einen Gesetzentwurf zur Beseitigung von Schlupflöchern in der Glücksspielgesetzgebung und zur Verhinderung von Glücksspielangeboten durch Buchmacher und Toto-Wettanbieter unter dem Deckmantel von Lotterien.
Sportwetten in Russland: Vollumfängliche Reform des Glücksspielbereichs
Insgesamt stellen die Änderungen nicht nur eine punktuelle Anpassung der Glücksspielaufsicht über Sportwetten, sondern eine vollumfängliche Reform in diesem Bereich dar. Die Änderungen werden die Tätigkeiten von Buchmachern und Toto-Wettanbietern für die Aufsichtsbehörde transparent machen und ein gut ausgearbeitetes Überwachungssystem zur Identifizierung illegaler Aktivitäten bei der Veranstaltung von Glücksspielen (z.B. illegale Wettangebote und Online-Casinos) schaffen.
Gleichzeitig zeigt der gewählte Mechanismus zur Unterstützung von Sportverbänden auf Kosten von Glücksspielveranstaltern, dass die Entwicklung des Profi- und Jugendsportsektors weiterhin eine wichtige Rolle in der staatlichen Politik spielt.
Die langfristige Wirkung der Änderungen bleibt abzuwarten. Die Schaffung eines starren Rahmens (d.h. stärkere Regulierungen und höherer finanzieller Druck) in dem bereits von der Pandemie schwer getroffenen russischen Glücksspielsektor könnte sich für die Marktteilnehmer als untragbar erweisen. Es könnte ein Verlustgeschäft für alle Seiten werden: Glücksspielveranstalter werden sich nicht an die neuen regulatorischen Gegebenheiten anpassen können und ihre Aktivitäten einstellen, und russische Sportverbände verlieren eine zusätzliche Finanzierungsquelle.