17. April 2024
Grenzüberschreitende Umwandlung Drittstaat
Grenzüberschreitende Umwandlungen

Grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaaten

Mit dem UmRUG wurde die Chance verpasst, das deutsche Umwandlungsrecht für Umwandlungsvorgänge mit Drittstaaten (außerhalb EU/EWR) zu öffnen.

Am 1. März 2023 ist das UmRUG (Gesetz zur Umsetzung der EU-Umwandlungsrichtlinie) in Kraft getreten, in dessen Rahmen die rechtlichen Grundlagen für den Formwechsel und die Spaltung geschaffen und für grenzüberschreitende Umwandlungsvorgänge auf ein neues Fundament gestellt wurden. Im Zuge der Gesetzesänderung wurde jedoch der Anwendungsbereich des Umwandlungsgesetzes nicht auf in Drittstaaten ansässige Gesellschaften, also auf Gesellschaften, die ihren Sitz außerhalb der EU oder des EWR (zum Beispiel die Schweiz) haben, ausgeweitet. Das ist aus Sicht des deutschen Gesetzgebers verständlich. Denn schließlich enthält die EU-Umwandlungsrichtlinie nur Vorgaben, welche die Mitgliedstaaten unmittelbar betreffen. Für die Anwendungspraxis wäre es allerdings wünschenswert gewesen, den räumlichen Anwendungsbereich – zumindest unter bestimmten Voraussetzungen – auszudehnen, wie es bereits andere Mitgliedstaaten getan haben. 

Es sind somit weiterhin lediglich solche Kapitalgesellschaften, die nach dem Recht eines EU- oder EWR-Staates gegründet worden sind und ihren satzungsmäßigen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem EU- oder EWR-Staat haben, verschmelzungsfähig (§ 306 UmwG, § 122b UmwG a.F.). Da die Regelungen zur grenzüberschreitenden Verschmelzung auf die Spaltung und den Formwechsel übertragen werden, erlaubt das deutsche Recht daher auch nach Inkrafttreten des UmRUG keine Umwandlungsvorgänge (Verschmelzung, Spaltung, Formwechsel) mit Gesellschaften aus einem Drittstaat (Nicht-EU- oder EWR-Staat). Dies ist insbesondere auch deswegen erstaunlich als der deutsche Gesetzgeber für das Umwandlungssteuerrecht entschieden hat, dass Drittstaatenumwandlungen steuerneutral möglich sind – eine Regelung, die ohne entsprechende Flankierung durch eine Änderung des UmwG keinen Anwendungsbereich hat.

In der Praxis sind damit Umwandlungsvorgänge mit Drittstaaten sehr schwierig – aber nicht unmöglich.

Umweg über andere EU- oder EWR-Staaten

Die EU-Umwandlungsrichtlinie ermöglicht grenzüberschreitende Umwandlungen grundsätzlich nur innerhalb der EU und des EWR. Die Mitgliedstaaten der EU und des EWR sind jedoch nicht verpflichtet, sich auf das Regelungskonzept der EU-Umwandlungsrichtlinie zu beschränken (im Sinne einer Vollharmonisierung). Vielmehr können sie auch darüberhinausgehende Regelungen erlassen und den sachlichen oder räumlichen Anwendungsbereich ausdehnen (für die Spaltung zur Aufnahme hat der deutsche Gesetzgeber beispielsweise eine solchen Weg im Hinblick auf den sachlichen Anwendungsbereich gewählt). 

Einige EU-Mitgliedstaaten wie Tschechien oder Ungarn sind dem deutschen Weg gefolgt und lassen keine Umwandlungen mit Kapitalgesellschaften aus Drittstaaten zu. 

In anderen EU-Jurisdiktionen wie Italien, Spanien, Österreich oder Luxemburg sind grenzüberschreitende Umwandlungen mit Drittstaaten unter bestimmten Voraussetzungen zulässig. So fordert das italienische Recht beispielsweise eine mit der Rechtslage nach der EU-Umwandlungsrichtlinie vergleichbare Gesetzeslage des Drittstaates für grenzüberschreitende Umwandlungen. In Österreich ist die Vergleichbarkeit der Rechtsform der beteiligten Drittstaatengesellschaft mit einer EU- oder EWR-Kapitalgesellschaft Voraussetzung. Auch wenn es dafür keine Verankerung im Gesetz gibt, haben österreichische Firmenbuchgerichte bereits in der Vergangenheit Verschmelzungen mit Schweizer Gesellschaften zugelassen. 

Aus deutscher Sicht besteht damit – wie bereits vor Inkrafttreten des UmRUG – grundsätzlich die Möglichkeit, durch eine vorgeschaltete Umwandlungsmaßnahme die Drittstaatengesellschaft in einen EU- oder EWR-Staat, dessen Recht Drittstaatenumwandlungen zulässt, zu überführen. Anschließend kann dann eine Umwandlungsmaßnahme unter Beteiligung einer deutschen Kapitalgesellschaft durchgeführt werden (Beispiel 1). Oder es wird umgekehrt eine deutsche Gesellschaft zunächst in einen EU-/EWR-Staat überführt, um dann eine weitere Umwandlungsmaßnahmen unter Beteiligung eines Drittstaates vorzunehmen (Beispiel 2).

Beispiel 1: Verschmelzung einer Schweizer Gesellschaft mit einer österreichischen Gesellschaft, die anschließend mit einer deutschen Gesellschaft verschmolzen wird.

Beispiel 2: Verschmelzung einer deutschen Gesellschaft nach der EU-Umwandlungsrichtlinie in eine italienische Gesellschaft, die anschließend in die Schweiz formgewechselt wird.

Sonderfall grenzüberschreitender Formwechsel mit Drittstaatsbeteiligung

Umstritten und nicht rechtssicher geklärt ist in Bezug auf grenzüberschreitende Umwandlungen die Frage, ob sogenannte Hereinumwandlungen, das heißt Verschmelzungen, Formwechsel oder Spaltungen aus einem anderen EU-/EWR-Staat nach Deutschland, möglich sind, wenn ein vorgelagerter Formwechsel aus einem Drittstaat in den Wegzugs-EU-/EWR-Staat erfolgt ist.

Beispiel: Formwechsel einer Schweizer Gesellschaft in eine österreichische Gesellschaft, die anschließend mit einer deutschen Gesellschaft verschmolzen wird.

Der an der Umwandlungsmaßnahme beteiligte Rechtsträger muss gemäß § 306 Abs. 1 Nr. 1 a) UmwG nach dem Recht eines EU/EWR-Staates „gegründet″ worden sein. Gesellschaftsrechtlich wird der Formwechsel grundsätzlich wie eine Neugründung der Gesellschaft im Zuzugsstaat behandelt und es müssen in der Regel die Gründungsvorschriften des Zuzugsstaates eingehalten werden, sodass einiges dafür spricht, den grenzüberschreitenden Formwechsel aus einem Drittstaat in einen EU- oder EWR-Mitgliedstaat als „Gründung″ im Sinne der Vorschrift anzusehen. Die ursprünglich in einem Drittstaat gegründete Gesellschaft wäre dann durch den Formwechsel in dem EU-/EWR-Staat neu gegründet worden und könnte beteiligter Rechtsträger an einer Umwandlungsmaßnahme sein. Andererseits lässt der Formwechsel die rechtliche Identität der umwandelnden Gesellschaft unberührt, sodass zweifelhaft ist, ob der Formwechsel tatsächlich eine Neugründung im Sinne des Umwandlungsrechts ist.

Bis zu einer Klärung dieser Frage und um Risiken auszuschließen, sollte deshalb aus deutscher Sicht der rechtssichere Weg über eine vorgeschaltete Verschmelzung (statt eines Formwechsels) gewählt werden, soweit eine Abstimmung mit dem zuständigen Handelsregister dazu nicht möglich ist.

Sonstige Möglichkeiten – Umwandlungen mit US-Bezug

Vielfach diskutiert werden Ansätze, aufgrund völkerrechtlicher Verträge grenzüberschreitende Umwandlungen in Deutschland zuzulassen. Insbesondere der Freundschaftsvertrag mit den USA vom 29. Oktober 1954 wurde bereits in der Vergangenheit zum Anlass genommen, die rechtliche Zulässigkeit von Umwandlungsmaßnahmen zwischen deutschen und amerikanischen Gesellschaften zu thematisieren. In diesem Kontext stellen sich jedoch verschiedene rechtliche Hindernisse. Der deutsche Gesetzgeber hat in § 306 UmwG eine eindeutige Entscheidung darüber getroffen, welche Gesellschaften für grenzüberschreitende Umwandlungen nach deutschem Recht in Frage kommen (Gesellschaften aus EU-/EWR-Staaten). Ausnahmen von diesem Grundsatz, insbesondere zugunsten völkerrechtlicher Abkommen, wurden nicht vorgesehen. Es bestehen zudem keine vergleichbaren Standards bezüglich der Umwandlungsverfahren – abgesehen davon, dass das Recht der einzelnen US-Bundesstaaten sich diesbezüglich unterscheidet. 

Auf der anderen Seite bietet der erwähnte Freundschaftsvertrag Spielraum für Auslegung, der in der Literatur vielfach zu einer Bejahung grenzüberschreitender Umwandlungen zwischen den USA und Deutschland führt. Auch diese Betrachtung blendet jedoch nicht aus, dass erhebliche praktische Umsetzungsschwierigkeiten aufgrund der völlig unterschiedlichen nationalen Rechtsgrundlagen bestehen.

Es sollte aufgrund der bestehenden Rechtsunsicherheit bei Umwandlungsvorgängen mit US-Bezug der Weg über eine Drittstaatenumwandlung mit einem EU- oder EWR-Staat gewählt werden, der Drittstaatenumwandlungen zulässt. Die rechtlichen Konsequenzen einer solchen Umwandlungsmaßnahmen sollten zudem sorgfältig geprüft werden (beispielsweise die Auswirkungen auf den Gläubigerschutz oder Arbeitnehmerrechte).

Praxisbeispiel: In der Praxis verprobt wurde beispielsweise bereits die grenzüberschreitende Umwandlung einer Holdinggesellschaft in der Rechtsform einer LLC (Delaware, USA) nach Spanien. Delaware ist bekannt für sein besonders liberales Unternehmens- und Gesellschaftsrecht. Allerdings müssen im Einzelfall sowohl die Geeignetheit der US-amerikanischen Gesellschaft für eine Umwandlung als auch die Voraussetzungen des Umwandlungsrechts des Zuzugsstaates umfassend geprüft und berücksichtigt werden.

Bewertung

Drittstaatenumwandlungen sind auch nach dem UmRUG in Bezug auf deutsche Gesellschaften möglich – wenn auch über Umwege. Sie erfordern eine sorgfältige, auf den Einzelfall zugeschnittene Vorbereitung und Umsetzung in enger Abstimmung mit den deutschen Registergerichten. Trotz vieler Unwägbarkeiten und ungeklärter Rechtsfragen lässt sich über maßgeschneiderte Lösungen in vielen Fällen ein gangbarer Weg finden.

Es bleibt abzuwarten, ob der deutsche Gesetzgeber auf die deutlich wahrnehmbare Kritik an der fehlenden Öffnung des UmwG für Drittstaatenumwandlungen reagiert. Im Rahmen des UmRUG wurde diese Chance jedenfalls nicht genutzt.

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Tags: Drittstaat Grenzüberschreitende Umwandlungen