Wir gehen der Frage nach, wie die Geschäftsleitung eines Joint Venture organisiert werden sollte, um dessen Erfolg sicherzustellen.
Joint Ventures (JV) befinden sich seit einiger Zeit im Aufwind. Sie werden genutzt, um gezielt unternehmerische Ressourcen (wie etwa Geld, Personal, IP-Rechte und Know-how) unterschiedlicher Business-Partner* zusammenzubringen. Synergien werden erzielt, Risiken geteilt.
Der Erfolg der gemeinsamen wirtschaftlichen Unternehmung wird jedoch nicht nur durch die Höhe bzw. den Wert der Ressourcen bestimmt. Er hängt auch maßgeblich von der Geschäftsleitung des JV ab. Hierzu haben sich am Markt einige Instrumente etabliert, die wir nachfolgend am Beispiel einer GmbH kurz darstellen werden.
JV-Partner haben Nominierungs- und Benennungsrechte für Geschäftsführerposten
In einem Equity-JV müssen die JV-Partner sich auf eine gemeinsame Geschäftsleitung einigen. Typischerweise sehen der Gesellschaftsvertrag und/oder die flankierende Gesellschaftervereinbarung (JV-Vereinbarung) vor, dass einzelnen JV-Partnern Nominierungs-/Benennungsrechte für einzelne Geschäftsführerposten zustehen. Diese Benennungsrechte sind häufig abhängig von der Höhe der Beteiligung an dem JV. Übernimmt jeder JV-Partner 50 % des Stammkapitals, werden beide regelmäßig einen Geschäftsführer stellen. Hält ein JV-Partner eine Mehrheit am Kapital, so wird sich dies auch in der Besetzung der Geschäftsführung widerspiegeln.
Bei ungleichen Beteiligungsverhältnissen mag der Minderheitsgesellschafter ggf. sogar kein Recht haben, einen Geschäftsführer zu benennen. In diesem Fall sollte der Minderheitsgesellschafter darauf achten, sich im Gesellschaftsvertrag bzw. in der JV-Vereinbarung bestimmte Informations- und Mitbestimmungsrechte auszubedingen, die über die gesetzlichen Informations- und Mitbestimmungsrechte von Minderheitsgesellschaftern (nach § 51a GmbHG) hinausgehen.
Geschäftsverteilung erfolgt regelmäßig nach den Kernkompetenzen der JV-Partner
Die Verteilung der Kompetenzen unter den Geschäftsführern wird regelmäßig nicht im Gesellschaftsvertrag oder in der JV-Vereinbarung, sondern in einem gesonderten Geschäftsverteilungsplan geregelt. Die Ressortverteilung folgt regelmäßig in Übereinstimmung mit den besonderen Kernkompetenzen der JV-Partner. Bspw. könnte ein JV-Partner stets den CFO und der andere JV-Partner stets den CTO stellen.
Dies mag sich etwa dann anbieten, wenn ein JV-Partner vor allem finanzielle Ressourcen bereitstellt oder aufgrund seiner Beteiligungshöhe das JV in seiner Gruppe konsolidieren muss und der andere JV-Partner vor allem das Know-how in das JV einbringt. Zu beachten ist allerdings, dass die Ressortaufteilung die Geschäftsführer nicht von ihrer Gesamtverantwortung entbindet.
Entsendung oder Bestellung der Geschäftsführer durch JV-Partner oder Gesellschafterversammlung
Der Gesellschaftsvertrag kann regeln, dass die Geschäftsführer unmittelbar durch die JV-Partner in die Geschäftsführung entsandt werden. Eines Gesellschafterbeschlusses bedarf es dann nicht mehr.
Deutlich häufiger sehen die entsprechenden Regelungen jedoch vor, dass den JV-Partnern nur ein Vorschlagsrecht zusteht und die Geschäftsführer noch von der Gesellschafterversammlung bestellt werden müssen. Jeder JV-Partner ist in diesem Fall grds. verpflichtet, für die Bestellung der jeweils benannten Personen zu stimmen. Jedoch kann er seine Zustimmung verweigern, wenn triftige Gründe vorliegen, die gegen eine oder mehrere benannte Personen sprechen.
Zudem wird häufig geregelt, dass die vorgeschlagenen Personen bestimmte Mindestqualifikationen vorweisen müssen, damit sichergestellt ist, dass sie ihren zukünftigen Pflichten als Geschäftsführer des JV tatsächlich nachkommen können.
Zustimmungserfordernisse für besondere Geschäftsführungsmaßnahmen regeln
Getreu dem Motto „Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser“ sieht der Gesellschaftsvertrag – und typischerweise noch ausführlicher die JV-Vereinbarung oder eine Geschäftsordnung für die Geschäftsführung – für bestimmte Geschäftsführungsmaßnahmen Zustimmungserfordernisse vor. Abhängig davon, wie stark sich die JV-Partner in die tägliche Arbeit des JV einbringen bzw. diese kontrollieren wollen, wird der Katalog an Zustimmungserfordernissen kürzer oder länger ausfallen.
Typische Katalogtatbestände betreffen die folgenden Geschäftsführungsmaßnahmen: Änderungen in der Geschäftstätigkeit, Abweichungen von einem zu Beginn des JV vereinbarten Business-Plans, Investitionen und Desinvestitionen ab einer bestimmten Höhe, die Aufnahme von Krediten, den Abschluss von Arbeitsverträgen ab einer gewissen Gehaltshöhe sowie den Abschluss von Dauerschuldverhältnissen mit einem gewissen Volumen usw.
Die Aufnahme einer Geschäftsführungsmaßnahme in den Katalog der zustimmungspflichtigen Geschäfte bedeutet, dass die Geschäftsführung des JV über die Maßnahme nicht mehr allein entscheiden kann, sondern der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedarf. Ggf. kann die Zustimmungskompetenz einem Gesellschafterausschuss und/oder einem Beirat übertragen werden. Der Beirat kann dabei nicht nur aus Vertretern der JV-Partner, sondern auch aus externen Dritten, z.B. Industrieexperten, bestehen. Hierdurch wird externe und unabhängige Expertise in das JV eingebracht. Die Zustimmungskompetenz kann auch zwischen Beirat und Gesellschafterversammlung aufgeteilt werden. Der Fantasie der JV-Partner sind insoweit keine Grenzen gesetzt – praktikabel sollten die Regelungen aber schon sein.
Auch Stimmbindungsvereinbarungen können getroffen werden
Darüber hinaus können weitergehende Stimmbindungsvereinbarungen zwischen den JV-Partnern getroffen werden. Insbesondere können die Ausschüttungspolitik des JV sowie dessen Liefer- und Leistungsbeziehungen näher geregelt werden. Durch solche Stimmbindungsvereinbarungen sollen die Ziele des JV, auf die sich die JV-Partner zu Beginn in der JV-Vereinbarung geeinigt haben, erreicht werden.
Hat das JV die Rechtsform einer GmbH oder einer Personenhandelsgesellschaft (meist eine GmbH & Co. KG), sind Stimmbindungsvereinbarungen bis zur Grenze von Stimmverboten (§ 47 Abs. 4 GmbHG) sowie eines sitten- und treuwidrigen Verhaltens ohne Weiteres zulässig. Engere Grenzen bestehen dagegen z.B. bei einem JV in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG). Die Entscheidungskompetenz des Vorstandes in Fragen der Geschäftspolitik kann nicht durch Stimmbindungsvereinbarungen eingeschränkt werden (vgl. §§ 76, 119 AktG).
Des Weiteren dürfen Stimmbindungsvereinbarungen nicht zu Gunsten der Gesellschaft, ihrer Leitungsorgane oder eines von ihr abhängigen Dritten abgeschlossen werden. Dies folgt für die AG aus § 136 Abs. 2 S. 1 AktG, der analog auch für die GmbH gilt.
Die Durchsetzung von Stimmbindungsvereinbarungen kann in der Praxis problematisch sein. Da Stimmbindungsvereinbarungen regelmäßig nur in der JV-Vereinbarung festgelegt werden, hindert dies den JV-Partner in der Gesellschafterversammlung nicht daran, sein Stimmrecht mitunter auch entgegen seiner schuldrechtlichen Verpflichtung auszuüben. Es stellt sich dann die Frage, ob er sich auf den abweichenden Gesellschafterbeschluss berufen darf.
Einstimmigkeit und Vetorechte bei Meinungsverschiedenheiten beachten
Im Idealfall sind sich die JV-Partner bei wichtigen Entscheidungen stets einig. Hierauf sollte man hoffen, aber nicht vertrauen. Die JV-Partner sollten sich daher bereits vor Abschluss des JV Gedanken dazu machen, was im Fall von Meinungsverschiedenheiten gelten soll.
In paritätischen JV ist Einstimmigkeit bei Abstimmungen die Regel. Sind sich die JV-Partner über einen Beschlussgegenstand uneinig, wird der betreffende Beschluss nicht gefasst, es bleibt beim Status quo. Damit dies nicht zu grundsätzlicher Lähmung des JV führt, sollten die JV-Partner in der JV-Vereinbarung Regelungen vorsehen, wie eine solche Pattsituation gelöst werden kann (siehe hierzu im Einzelnen den ebenfalls in dieser Blogreihe noch erscheinenden Blogbeitrag Pattsituationen und deren Auflösung).
Bei nicht paritätischer Beteiligung der JV-Partner gilt dagegen Folgendes: Der Mehrheitsgesellschafter wird darauf Wert legen, dass er sich bei Entscheidungen gegenüber dem Minderheitsgesellschafter durchsetzen kann. Der Minderheitsgesellschafter wird demgegenüber darauf achten, dass nicht sämtliche Entscheidungen gegen seine Stimme getroffen werden können. Diese unterschiedlichen Interessen gilt es in Ausgleich zu bringen. Typischerweise wird der Gesellschaftsvertrag bzw. die JV-Vereinbarung daher unterschiedliche Mehrheitserfordernisse für unterschiedliche Arten von Entscheidungen vorsehen. Einstimmigkeit wird üblicherweise nur bei wesentlichen Entscheidungen, wie etwa bei Änderungen der gesellschaftsrechtlichen Struktur oder des Gesellschaftsvertrages, Ausgabe neuer Anteile oder Aufnahme neuer Gesellschafter, gelten. Im Einzelfall können insbesondere auch Vetorechte oder alternativ Ausstiegsrechte bei Überstimmung durch andere Gesellschafter vorgesehen werden. Oberstes Ziel der JV-Partner bei dem Aushandeln möglicher Kompromisslösungen sollte dabei stets sein, dass das JV handlungsfähig bleibt.
Joint Venture: Gemeinsam auf zu neuen Ufern
Jedes JV benötigt klare Regelungen zur Benennung der Geschäftsleitung und ihrer Kontrolle. Außerdem bedarf es solider Lösungen im Konfliktfall. Sind diese Voraussetzungen gegeben, können die JV-Partner sich auf eine kooperative und vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Führung des JV verlassen und hierdurch das JV zum Erfolg führen.
Dem dem Auftakt zu unserer Serie „Joint Ventures“ folgt hier der Beitrag zur Geschäftsleitung.
*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.