5. Mai 2025
GmbH mit gebundenem Vermögen
Koalitionsvertrag 2025 Corporate / M&A

Gesellschaft mit gebundenem Vermögen – Versuch 2.0

Die Einführung der „Gesellschaft mit gebundenem Vermögen“ wird erneut im Koalitionsvertrag genannt. Es bleibt abzuwarten, ob dieses Vorhaben umgesetzt wird.

Bereits seit vielen Jahren setzt sich die Stiftung Verantwortungseigentum für die Schaffung einer Rechtsform zur Umsetzung des Konzepts des treuhänderischen Unternehmertums ein. Zentrales Anliegen ist es, insbesondere für Familienunternehmen eine Rechtsform zu schaffen, die die langfristige Eigenständigkeit und Unternehmensverantwortung von der Eigentümerfamilie* abkoppelt und treuhänderischen Gesellschaftern zuweist, die aktiv im Unternehmen tätig sind, ohne jedoch am Unternehmensgewinn und -wert zu partizipieren. Steuerliche Privilegierungen und Diskriminierungen soll es dabei nach der Zielsetzung des Koalitionsvertrages nicht geben. 

Bereits 2020 wurde ein Gesetzesentwurf zur Umsetzung des Konzepts des treuhänderischen Unternehmertums als Sonderform einer GmbH, die „GmbH in Verantwortungseigentum“, vorgestellt. Dieser Entwurf wurde 2021 zur „GmbH mit gebundenem Vermögen“ fortentwickelt.

Auch im Koalitionsvertrag der Ampelparteien war die Einführung einer Rechtsgrundlage für Unternehmen mit gebundenem Vermögen vorgesehen. Nach vielfältiger Kritik am bestehenden Konzept wurde im September 2024 ein umfassender akademischer Entwurf für ein Gesetz zur Einführung einer Gesellschaft mit gebundenem Vermögen vorgelegt. Dieser Entwurf kehrt sich von der Umsetzung als Sonderform der GmbH ab und sieht als zentrale Änderung die Schaffung einer eigenen Rechtsform vor. Damit sollen nach der Absicht der Initiatoren insbesondere im Hinblick auf die Organsations- und Finanzverfassung passgenauere Regelungen ermöglicht werden. 

Der Koalitionsvertrag der CDU, CSU und SPD lässt offen, ob und inwieweit an dem akademischen Entwurf zur Umsetzung der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen festgehalten werden soll. Es ist jedoch festzustellen, dass die Regierungsparteien die Implementierung einer neuen, eigenständigen Rechtsform vorsehen. Diese soll sich durch eine unabänderliche Vermögensbindung und die Teilhabe nach mitgliedschaftlicher Logik ohne steuerliche Privilegierungen oder Diskriminierungen kennzeichnen. Diese wertungsoffene Beschreibung steht zumindest nicht im Konflikt zum akademischen Entwurf der Initiatoren und lässt eine Umsetzung des Konzepts vermuten. 

Konzept des treuhänderischen Unternehmertums und Bezüge zur Unternehmensnachfolge

Bei der Nachfolge in Familienunternehmen sind der Erhalt und die Fortführung des Unternehmens unter Beachtung der etablierten Wertvorstellungen und der Unternehmensphilosophie von besonderer Bedeutung. Ein strukturelles Problem ist jedoch immer häufiger die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Auch in Familienunternehmen stammt die operativ tätige Unternehmensnachfolgerin oder der Unternehmensnachfolger häufig nicht mehr aus dem Kreis der Familie. Relevant werden also Lösungen, die diese Ziele auch bei einer familienexternen Nachfolge erfüllen. Derzeit eignet sich in diesen Konstellationen häufig die Implementierung einer Stiftungsstruktur. Im Vordergrund steht dabei das Interesse des Unternehmensübergebers, seine dargestellten Ziele für die Unternehmensfortführung unabhängig von einer familieninternen Nachfolge zu perpetuieren.

Ziel der Initiatoren der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen ist es eine weitere Rechtsform und somit eine Gestaltungsalternative zu Stiftungsstrukturen und weiteren bestehenden Rechtsformen, wie der GmbH, zu schaffen.

Mit der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen sollen Nachfolgeprozesse im Rahmen einer sogenannten „Fähigkeiten- und Wertefamilie“ erleichtert werden. Ferner soll das nachhaltige und verantwortungsbewusste Wirtschaften gestärkt werden, indem auch gemeinwohlorientierte und gemeinnützige Projekten gefördert werden. 

Akademische Entwurf: Eckpunkte der Gesellschaft mit gebundenem Vermögen

Kernstück des Konzepts zur neuen Rechtsform soll nach dem Koalitionsvertrag die unabänderliche Vermögensbindung (asset lock) bleiben. Umgesetzt wurde die Vermögensbindung nach dem im letzten Jahr vorgelegten akademischen Entwurf durch ein strenges Gewinnausschüttungsverbot. Danach sollten die Gesellschafter, wie auch die Fremdgeschäftsführer, für ihr Engagement eine marktgerechte Vergütung erhalten. Sie sollten jedoch weder am Unternehmensgewinn noch am Wertzuwachs des Unternehmens teilnehmen können. Eine Ausschüttung der Gewinne war nach dem Entwurf nicht zulässig. Im Fall der Veräußerung der Beteiligung sollte der treuhänderische Gesellschafter allenfalls seine nominale Einlage zurückerhalten. Um Missbrauch vorzubeugen, sollte die Einhaltung der Vermögensbindung durch eine Zwangsmitgliedschaft in Aufsichtsverbänden gesichert werden. Diese Verbände sollten nach dem Entwurf die Kompetenz erhalten, anlassbezogene Prüfungen vorzunehmen.

Abgesehen von insbesondere den vorgenannten Einschränkungen sollte den Gesellschaftern von einer Neuausrichtung bis hin zur Liquidation die volle Entscheidungsfreiheit verbleiben.

Es war vorgesehen, dass die Haftungsverfassung der Kommanditistenhaftung der Kommanditgesellschaft ähneln sollte. Eine persönliche Haftung wäre danach auf eine im Handelsregister eingetragene Haftsumme (mind. EUR 5.000) beschränkt. Weiterhin sollten die Gesellschaftsanteile weder übertragbar noch vererblich sein. Der Gesellschafterkreis sollte so auf Personen begrenzt bleiben, die mit dem Unternehmen aktiv verbunden sind.

Bereits nach dem akademischen Entwurf war vorgesehen, dass die Gesellschaft mit gebundenem Vermögen keine Steuererleichterungen erfahren soll, anders als beispielsweise die gemeinnützige GmbH oder gemeinnützige Stiftung.

Es bleibt nun abzuwarten, ob der im vergangenen Jahr veröffentlichte akademische Entwurf für die Umsetzung von der neuen Bundesregierung weiterhin herangezogen wird. Noch spannender wird die zeitliche Komponente zu beobachten sein. Angesichts der gesamtgesellschaftlichen sowie wirtschaftlichen Lage bleibt offen, ob die Umsetzung eines sozialen und gemeinnützigen Unternehmertums im Vordergrund der Regierungsarbeit stehen wird.

Bestehende Umsetzungsmöglichkeiten durch Stiftungsstrukturen

Darüber hinaus verbleibt die Frage, ob tatsächlich Bedarf zur Einführung einer neuen Rechtsform besteht. Die Gestaltungspraxis zeigt, dass bereits mit den vorhandenen Gestaltungsmitteln Strukturen geschaffen werden können, die den Zwecken des treuhänderischen Unternehmertums entsprechen. 

Im Vordergrund stehen hierfür Stiftungen in Kombination mit den Gestaltungsoptionen der GmbH. Mit der Wahl einer Stiftungsstrukur können insbesondere der dauerhafte Erhalt der Unternehmensbeteiligung und die Perpetuierung wesentlicher Unternehmensgrundsätze umgesetzt werden. Dies gilt zugleich für eine Unternehmensleitung innerhalb einer „Fähigkeiten- und Wertefamilie“, bei der die Entscheidungsträger durch die Bestimmung von Qualifikationskriterien auserwählt werden. Auch soziale und altruistische Zwecke können mit der Wahl einer Stiftungsstruktur bereits Berücksichtigung finden. Bei der Wahl einer GmbH kann der Gesellschaftsvertrag gleichfalls so ausgestaltet werden, dass eine Vermögensbindung entsteht. Diese Vermögensbindung wird zwar nicht unumkehrbar sein, allerdings kann durch die Ausgestaltung insbesondere der Stimmrechtsverhältnisse eine weitgehend dauerhafte und zumeist ausreichende Bindung erzielt werden. 

Bis zur Einführung einer neuen Rechtsform wird voraussichtlich noch einige Zeit vergehen. In einer Fortsetzung unsers Beitrags werden wir daher Einblicke in die verschiedenen Gestaltungsmöglichkeiten mit den bestehenden Rechtsformen geben. 

Wir informieren Sie in unserer Blog-Serie zum Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD fortlaufend mit aktuellen Beiträgen zu diesem Thema. Sie können diese Blog-Serie über den RSS-Feed abonnieren und werden von uns über neue Beiträge informiert. 

*Gemeint sind Personen jeder Geschlechtsidentität. Um der leichteren Lesbarkeit willen wird im Beitrag die grammatikalisch männliche Form verwendet.

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